Zweite Liga

Wie Unions Polter den Aufstiegstraum befeuert

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Michael Färber
Sebastian Polter und die Freude nach seinem Treffer gegen Bochum

Sebastian Polter und die Freude nach seinem Treffer gegen Bochum

Foto: Britta Pedersen / dpa

Kellers Werk und Polters Beitrag: Unions Sieg gegen Bochum vergrößert den Glauben des Zweitligisten an den Sprung in die Bundesliga.

Berlin.  Fußball als Religion? Das ist ohne Zweifel zu hoch gegriffen, auch wenn es so beim 1. FC Union gern in Liedern besungen wird. Der Glaube jedoch, da darf man sich einig sein, spielt im Fußball alles andere als eine unwichtige Rolle.

Dieser Glaube, sagt Sebastian Polter, „muss sich bei allen noch weiter ausprägen – in der Mannschaft, im Verein und bei den Fans“. Daran, dass dem Berliner Fußball-Zweitligisten mit dem Aufstieg etwas Großes gelingen kann im Mai. Es ist der Stürmer, der diesen Glauben nach dem 2:1 gegen Bochum zum Rückrundenstart befeuert.

Zwar hatten die Bochumer Verteidiger Felix Bastians und Patrick Fabian den 1,91-Meter-Mann vor allem in der ersten Halbzeit am Freitag gut im Griff, was angesichts der „Ringereinlagen“ wörtlich zu verstehen ist. Doch es ist dieses Unermüdliche, dieses Immer-wieder-neu-anrennen, das nicht nur dem Gegner, sondern auch den eigenen Mitspielern zeigt: Wir sind nicht klein zu kriegen – egal, was ihr versucht.

Den Willen in England entwickelt

„Das ist der Wille, den er vielleicht in England entwickelt hat. Unsere Verteidiger wissen, wie schwer es ist, gegen ihn zu spielen“, sagt Polters Sturmpartner Steven Skrzybski. Dem Vernehmen nach haben die Trainingsblessuren bei den Köpenicker Abwehrspielern in den vergangenen Wochen zugenommen.

Dass sein Premierentreffer erst durch die Ausrutscher der Bochumer Bastians und Torwart Manuel Riemann möglich wurde, ficht die Signalwirkung nicht an, die von Polter ausgeht. „Durch ihn ging definitiv ein Ruck durch die Mannschaft. Er hat eine unglaubliche Präsenz auf dem Platz“, bestätigt Mittelfeldspieler Michael Parensen.

Trainer Jens Keller spricht von einer enormen „Verdrängung“, die der Angreifer auf dem Platz habe. Selbst in ärgster Bedrängnis angespielt, macht Polter immer noch einige Meter in Richtung gegnerischen Strafraum gut. Hat er dann den Ball, ist die Zielstrebigkeit deutlich spürbar. Das Tor zum 1:1, so Coach Keller, „wollte er unbedingt machen“.

Fünf Partien gedreht, neun Punkte geholt

Polter wird dadurch zum verlängerten Arm des Trainers auf dem Spielfeld, wenn es um die Einstellung geht – gerade in schwierigen Situationen. Polter lebt im Spiel vor, was der Trainer zum Beispiel in der Pause gegen Bochum versucht, bei den Seinen freizusetzen. „Ich habe den Spielern in der Pause gesagt: ‚Wir sind die Mannschaft, die nach Rückständen am meisten Punkte geholt hat.‘ Ich weiß, welchen Willen und Power die Mannschaft hat“, sagte der Trainer.

Kellers Werk und Polters Beitrag als Schlüssel für den erfolgreichen Start ins Jahr 2017. In Saisonzahlen lässt sich dies wie folgt zusammen fassen: Fünf Partien drehten die Köpenicker in dieser Spielzeit bereits, die Ausbeute liegt bei neun Punkten. Allein dies zeigt, in welch gefestigtes Gefüge Polter zurückgekehrt ist.

„Gerade in Heimspielen ist ein Rückstand nicht mehr immer gleich eine Niederlage“, unterstrich Abwehrchef Toni Leistner, welche mentale Entwicklung Union in dieser Saison genommen hat. Und „im Fußball wird viel von der Mentalität entschieden“, weiß Parensen. „Man kann auch mit weniger Mitteln viel erreichen“, wenn alle dabei mitmachen. Und eben daran glauben.

Union bleibt nach Heidenheims Niederlage Vierter

Ein Phänomen, von dem bislang auch der 1. FC Heidenheim gezehrt hat. Der Höhenflug erhielt nun mit 1:2 (0:0) in Aue einen Dämpfer, außerdem mühte sich Spitzenreiter Eintracht Braunschweig zu einem 1:1 (0:1) in Würzburg – und schon bleibt Union Vierter, einen Punkt hinter Relegationsplatz drei.

Es klingt schon fast wie eine Herausforderung, wenn Polter nach diesem Kraftakt mit entwaffnender Ehrlichkeit zugibt: „Wenn das Spiel gegen Bochum noch zehn Minuten länger gegangen wäre, hätte ich Krämpfe bekommen. Ich muss mich an die Zweite Liga erst wieder gewöhnen.“ In der Hinrunde, noch bei den Queens Park Rangers, hatte er wochenlang nur Teileinsätze.

„In zwei, drei Wochen werden wir Polter bei hundert Prozent sehen“, ist sich Leistner sicher. Worte, denen man ohne Zweifel glauben mag.