Berlin. Seit einem Jahr spielt Felix Kroos (25) für den 1. FC Union, seit Sommer hat der Bruder von Weltmeister Toni Kroos (27) den Zweitligisten auf Rang fünf geführt, mit Schlagdistanz zur Aufstiegsregion. Die Morgenpost sprach vor dem Rückrundenstart gegen Bochum (Freitag, 18.30 Uhr, Alte Försterei) mit dem Union-Kapitän über Aufstiegsträume, Passübungen und Sebastian Polters Rückkehr.
Herr Kroos, wie sehen Ihre Planungen für den 21. Mai aus?
Felix Kroos: Da werde ich hoffentlich in Fürth sein. Und der Wunsch ist vorhanden, dort ein Spiel zu haben, in dem es um etwas Bedeutendes geht.
Und wieder ein Union-Profi, der den Begriff Aufstieg vermeidet…
Wenn ich von einem bedeutenden Spiel rede, dann kann es ja eigentlich nur darum gehen. Sicher ist das unser Ziel, aber im Fußball sollte man nie zu weit nach vorn schauen. Wenn wir vorher nicht die Arbeit leisten, bringt uns das Gerede darüber, was in vier Monaten ist, auch nichts.
Müsste Union in der derzeitigen Situation nicht viel offensiver mit dem Thema umgehen? Klappern gehört zum Geschäft…
Ich weiß, dass viele sich das wünschen. Aber wenn wir die ersten Spiele nicht gut gestalten, brauchen wir uns über den Rest keine Gedanken zu machen.
Nichtsdestotrotz ist Union so dicht dran am Aufstieg wie noch nie. Was hat in der Hinrunde den Ausschlag für die gute Ausgangsposition gegeben?
Wir sind geschlossen als Team aufgetreten und haben einen guten Zusammenhalt in der Truppe, auch außerhalb des Platzes. Wir verfolgen einen klaren Plan, jeder ist für den anderen da. Das ist die Basis für den Erfolg. Es haben sich auch einige Spieler hervorgetan, die mit guten Leistungen vorangegangen sind, Tore gemacht oder auch verhindert haben. Wir wissen aber auch, dass noch nicht alles optimal war, dass diese große Konstanz noch fehlt.
Kroos sieht noch Steigerungspotenzial
Bei den Spielern, die sich hervorgetan haben, fällt einem sofort Felix Kroos ein, als Gestalter auf dem Platz, als Kopf der Mannschaft und deren Kapitän. Erleben Sie gerade Ihre beste Saison?
Das weiß ich nicht. Ich denke jedoch, dass bei mir auch noch viel Luft nach oben ist. Ich muss noch zulegen, präsenter werden, damit ich der Mannschaft noch mehr helfen kann.
Die Mühen, die der kleine Felix vor 15, 20 Jahren auf den Trainingsplätzen in Greifswald und Rostock auf sich genommen hat, dürften sich ausgezahlt haben.
Ja, natürlich (lacht). Es war immer mein Ziel, Fußballprofi zu werden, das habe ich geschafft. Ich habe in der Bundesliga gespielt (65 Einsätze für Bremen, d. Red.), spiele jetzt bei einem bedeutenden Verein. Ich vermeide den Begriff Zufriedenheit, bin aber froh, dass ich meinen Traum verwirklichen konnte.
Wie schwer war es damals in jenen Tagen, sich zu motivieren, wenn ihr Vater und damaliger Trainer zum Beispiel an einem verregneten Novembertag zu Ihnen und Ihrem Bruder Toni gesagt hat: Auf geht’s zum Platz, wir machen Passübungen?
In der Zeit gab es kaum Momente, in denen ich gesagt habe, ich will nicht. Der Spaß am Fußball stand immer im Vordergrund. Natürlich ist es mittlerweile, gerade auch in der Vorbereitung, mehr Arbeit, mehr der Beruf statt Spaß. Aber während der Saison, vor allem vor den Spielen, da hast du wieder Spaß an dem, was du machst.
Was außer Spaß am Fußball hat Sie noch angetrieben? Immerhin bestand so auch die Möglichkeit, mit der Familie zusammen zu sein…
Die Erfolge in der Jugend haben einen ja auch bestätigt, dass man das gar nicht so schlecht macht. Erfolg macht immer Spaß, davon will man immer mehr haben. Und wenn man merkt, dass man auf einem ganz guten Weg ist, um seinen Traum zu verwirklichen, ist der Antrieb fast schon von allein da.
Mit Polter schon in Jugend-Nationalteams gespielt
Und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Sie haben fast alle Nachwuchs-Nationalmannschaften durchlaufen. Gab es damals vielleicht einen Moment, in dem sie als junger Spieler ob des Erfolges abzuheben drohten?
Es ging schon immer alles sehr schnell. Ich habe immer einen Jahrgang höher gespielt, noch mit 17 meine ersten Profispiele gemacht. Es ist als junger Spieler nicht immer leicht, damit umzugehen. Aber ich konnte das auch immer irgendwie realistisch einschätzen, auch wenn es in der Jugend kaum Spiele gab, die wir verloren haben. Das war anders, als ich in den Männerbereich gekommen bin und wir mit Hansa Rostock nicht allzu viele Spiele gewonnen haben. Da musste auch ich erst einmal lernen, mit Niederlagen umzugehen. Aber auch das macht einen nur besser.
Wer hat bei der Selbsteinschätzung oder beim Umgang mit Niederlagen geholfen?
In erster Linie ich mir selbst. Weil man gewisse Erfahrungen einfach machen muss. Man macht ja nicht auf Anhieb alles richtig, doch so lange man aus den Fehlern lernt… Sicher hat auch die Familie, die mich jahrelang und intensiv begleitet hat, viel dazu beigetragen.
Apropos Jugend-Nationalteams: Sie haben in der U18 bereits mit einem gewissen Sebastian Polter zusammengespielt…
Ich bin jetzt auch schon acht Jahre im Profibereich, insofern freut man sich über jeden Spieler, den man wiedersieht. Sebastian hat sich auch im Vergleich zu damals enorm weiterentwickelt. Ich hoffe, dass er uns genauso helfen kann, wie er es schon in seiner ersten Phase bei Union getan hat.
„Für den Erfolg sind alle verantwortlich“
Inwiefern kann er denn der fehlende Mosaikstein sein auf dem Weg zum Aufstieg?
Je mehr Tore er macht, desto mehr Chancen haben wir, erfolgreich zu sein. Deshalb hoffen wir, dass er auch diesmal sofort wieder einschlägt. Aber die Last des Toreschießens liegt nicht nur auf seinen Schultern. Er wird nicht der Mann sein, der Schuld ist, wenn es nicht klappt, aber genauso wenig wird er derjenige sein, der es allein schafft.
Vorlagengeber Kroos, Torschütze Polter – das klingt nach einem neuen Traumduo…
Es gibt viele andere, die das auch noch können. Ein oder zwei Spieler, die das allein auf dem Platz richten – das gibt es nicht mehr. Für den Erfolg sind alle verantwortlich.