Berlin. „Wir haben einen Aufstiegsfavoriten auf Distanz gehalten.“ Die Worte, die Simon Terodde wählte, mögen der Tatsache geschuldet sein, dass es der 1. FC Union gewesen ist, der den Stürmer von 2011 bis 2014 zum Zweitligaprofi reifen ließ.
Denn gegen den VfB Stuttgart, für den der 28-Jährige seit Saisonbeginn auf Torejagd geht, bekam der Berliner Fußball-Zweitligist 60 Minuten lang zu spüren, warum er eben noch keine Spitzenmannschaft ist, kein Favorit auf einen Aufstiegsplatz.
Es war mitnichten so, dass die Stuttgarter beim 1:1 wirklich brillierten, auch nicht in jener Stunde, in der sie die Partie klar beherrschten. Doch in allen wirklich entscheidenden Punkten war der Bundesliga-Absteiger besser.
Zu viele Ballverkuste und verlorene Zweikämpfe
Union vermochte es kaum, die Stuttgarter aus der Ruhe zu bringen. Gelang der Mannschaft von Trainer Jens Keller dann doch einmal so etwas wie ein Angriff, behielten die Schwaben ihre defensive Ordnung bei. Es schien, als hätten die VfB-Profis jenen Grundsatz verinnerlicht, dass die Defensive Meisterschaften gewinnt.
Die Folge war ein Union-Aufbauspiel, das extrem bemüht wirkte, auch weil es durch einen anderen Umstand nicht in Schwung kam. „Wir sind nicht richtig in die Zweikämpfe gekommen und haben die Bälle zu schnell wieder verloren“, verdeutlichte Mittelfeldspieler Dennis Daube.
Nahezu jedes Duell, dass ein ballführender Unioner bestritt, endete mit einem Ballverlust. Ob Kapitän Felix Kroos oder Damir Kreilach – keinem gelang es, in einer Eins-gegen-Eins-Situation mal Räume zu schaffen, die Union dann nutzen konnte. Den Stuttgartern gelang dies häufig.
Mit 21 Punkten weiter in Schlagdistanz zu den Spitzenplätzen
Desweiteren fehlte in vielen Situationen die Leichtigkeit im Zusammenspiel. „Uns hat die Handlungsschnelligkeit gefehlt. Und wir haben viele Pässe ohne Bedrängnis ins Aus gespielt“, analysierte Daube weiter.
Will man einen Aufstiegskandidaten, wie es die Stuttgarter sind, unter Druck setzen, muss der Ball jedoch schnell und vor allem sicher durch die eigenen Reihen laufen. Ein Element, das dem VfB am Sonntagnachmittag ebenfalls besser gelang. „Die Stuttgarter stehen schon zu Recht da oben“, musste Daube eingestehen.
Defizite, die belegen, was den Köpenickern noch fehlt, um beispielsweise mit den Stuttgartern gleichziehen zu können. Was nichts daran ändert, dass Union bislang eine gute Hinserie spielt; trotz des Abrutschens auf den siebten Platz ist man mit 21 Punkten weiter in Schlagdistanz zu den Spitzenplätzen.
Der Weg ist dennoch der richtige
Und die letzte halbe Stunde gegen den VfB hat gezeigt, dass der Weg, den Union unter Trainer Keller eingeschlagen hat, der richtige ist. Denn als der Favorit nach seinem Geschenk zum Ausgleichstor für Union völlig den Faden verlor, ließen die Hausherren den Gegner nicht mehr aus ihrer Umklammerung. Dies hatte es in dieser Form in den vergangenen Jahren nicht gegeben.
„Es ist schon erstaunlich, wie so ein Spiel dann doch noch kippen kann“, sagte Daube. Das Keller-Team wusste bis zum Schlusspfiff, seine Konter mit Tempo auszuspielen, auch wenn ihm der krönende Abschluss – sprich: der Siegtreffer – versagt blieb.
„Es ist unmöglich, Union 90 Minuten lang auszuschalten“, sagte Terodde. Auch Stuttgarts Torjäger sieht in seinem ehemaligen Arbeitgeber einen baldigen Bundesligisten: „Ich glaube schon, dass sie in den vergangenen Jahren den Grundstein dafür gelegt haben.“ Mehr allerdings noch nicht.