Zweite Liga

Keller bringt Union das Vertrauen zurück

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Michael Färber
Union-Trainer Jens Keller sieht seine Mannschaft für die Saison gerüstet

Union-Trainer Jens Keller sieht seine Mannschaft für die Saison gerüstet

Foto: Jörg Carstensen / picture alliance / dpa

Warum Jens Keller der richtige Trainer für Union ist und die Mannschaft auf einen erfolgreichen Auftakt in Bochum hoffen kann.

Berlin.  Die Schuhe machen den Unterschied. Während die Spieler des 1. FC Union – wie es bei Fußballprofis heutzutage üblich ist – in knalligem orange, gemischtem grüngelb oder links blau und rechts rot auflaufen, hält es Jens Keller klassisch. Das Schuhwerk des Trainers des Zweitligisten ist schwarz, verziert nur mit den drei markanten weißen Streifen des Sportartikelherstellers aus Herzogenaurach.

Das Auftreten des 45-Jährigen ist jedoch alles andere als retro. Keller – das wurde in den sechs Vorbereitungswochen auf die Saison deutlich, die für Union am Sonnabend beim VfL Bochum (13 Uhr, Sky) beginnt – ist ein Trainer, wie ihn die Köpenicker in den vergangenen beiden Jahren in seiner Gesamtheit nicht in ihren Reihen gehabt haben.

Vertrauen, Kompetenz, Emotionalität – ein Element aus diesem Dreiklang eines erfolgreichen Trainerdaseins ist zuletzt an der Alten Försterei immer zu kurz gekommen. Norbert Düwel hatte es trotz fachlicher Kompetenz nie geschafft, dass ihm die Spieler wirklich vertrauten. Seinem Nachfolger Sascha Lewandowski gelang es bei aller taktischer Intelligenz kaum, die Mannschaft emotional mitzunehmen. Erst André Hofschneider, der sich nun in Köln erst zum Fußballlehrer schulen lässt, wusste dieses immer stärker angestaute Wissen auch in Leistung freizusetzen.

Die Spieler vertrauen dem Trainer

Kellers Art und Weise hat bislang dazu geführt, dass die Spieler ihm und seiner Spielidee vertrauen. Selten hat man bei Union in den vergangenen zwei Saisons angeschlagene Spieler derart ungeduldig an sich arbeiten sehen, um bloß schnell ins Mannschaftstraining zurückkehren zu können. Weil Keller sich als Teil des Ganzen sieht. Nennen wir es als Teil der Familie. Alle, und das meint nicht nur das kickende Personal, „sind mit Leidenschaft dabei. Hier macht keiner einfach nur seinen Job“, sagte Keller. Den Spielern bot er gleich am ersten Tag das Du an, um zu dokumentieren: Ich bin einer von euch.

Gleichzeitig lässt er aber auch immer wieder durchblicken, dass er derjenige ist, der das Sagen hat. „Ich bin der, der vorne weggehen muss und vorleben, was ich haben möchte. Ich kann ja nicht Dinge von der Mannschaft verlangen, die ich selbst nicht bringe.“

Keller wirkt ungekünstelt, ja geerdet, trotz seiner erfolgreichen Jahre in der Bundesliga mit Schalke 04, trotz der Auftritte in der Champions League. Kennt er sich inzwischen mit der Zweiten Liga genau so gut aus? „Es wäre vermessen das zu sagen, dafür habe ich zu wenig Spiele verfolgt. Aber ich denke, ich habe einen guten Überblick“, verdeutlichte Keller. Gut genug, um die Bedingungen bei Union teilweise sogar besser als bei Schalke zu bewerten. „Hier sind die Trainingsplätze zusammenhängend und abgeschirmt. Und bei Schalke ist die Umkleide im sechsten Stock“, erklärte Keller.

Zusammenarbeit mit Co-Trainer Pedersen funktioniert

Erstaunt es ihn, dass Union nicht genannt wird, wenn es um Aufstiegskandidaten geht? „Wir haben nie gesagt, dass wir aufsteigen müssen“, stellte Keller klar: „Das ist auch ganz gut, dass wir nicht genannt werden, so können wir in Ruhe arbeiten.“ Genau das hat er zusammen mit seinem Co-Trainer Henrik Pedersen auch getan. Das Erstaunliche daran ist: Keller und Pedersen funktionieren so, als hätten sie schon jahrelang bei anderen Vereinen zusammengearbeitet. Tatsächlich haben sich beide erst im Januar im Urlaub in der Türkei kennengelernt. Union ist ihre erste gemeinsame Station.

Dieses Vertrauen, dass Keller seinem dänischen Assistenten entgegenbringt, wenn der teils energisch die nächste Spielform erklärt, schenkt er auch der Mannschaft. Und sollte sie wie bei der Saisongeneralprobe gegen den FC Utrecht (3:0) mal nicht die von ihm gewünschte aktive Rolle einnehmen, findet Keller immer die passenden Worte, um das Team aufzurütteln.

Insofern darf Union hoffen, nach zwei desaströsen Saisonstarts nun endlich besser aus den Startlöchern zu kommen. „Wir sind neu hierher gekommen und haben viele Dinge verändert. Deshalb interessiert mich nicht, was in der Vergangenheit liegt. Und ich habe auch nicht das Gefühl, dass das die Mannschaft irgendwie belastet“, sagte Keller. Die 90 Minuten in Bochum werden zeigen, ob er richtig liegt.