Berlin. Akribisch. Detailversessen. Im Tunnel. Es gibt viele Möglichkeiten, die Art zu beschreiben, mit der Sascha Lewandowski seiner Arbeit nachgeht. Vielleicht verdeutlicht eine Szene am besten, wie sehr sich der Cheftrainer des 1. FC Union in seinen Job kniet.
Als Mitte Januar Mannschaft und Funktionsteam des Berliner Fußball-Zweitligisten gerade ihre Plätze im Flugzeug eingenommen hatten, das sie ins Trainingslager an Spaniens Mittelmeerküste bringen sollte, war Lewandowski längst abgetaucht. Nahezu auf dem gesamten Flug studierte er auf einem Laptop Spielszene um Spielszene, reihte Notiz an Notiz. Bloß keine Sekunde vergeuden, wo er doch endlich ausreichend Zeit hatte, seine Spieler und die Spielweise der Mannschaft weiterzuentwickeln.
Vier Wochen später zeichnet der 44-Jährige ein Bild von seinem Team, das darauf hoffen lässt, dass der erfolgreiche Start in die Rückrunde mit den Siegen in Düsseldorf (3:0) und gegen Sandhausen (1:0) nach der siebenwöchigen Winterpause am Freitag in Kaiserslautern (18.30 Uhr, Sky) Fortsetzung findet. Die vergangenen Wochen seien „gut und effektiv“ gewesen, das Team sei „gut gerüstet. Von der Grundordnung sind wir nun viel flexibler, die Mannschaft wirkt auch stressresistenter“, erzählt Lewandowski.
Jetzt ist es wirklich Lewandowskis Mannschaft
Erstmals hat er auf den Union-Jahrgang 2015/16 so intensiv einwirken können, wie er es sich gewünscht hat. Auch wenn der nach fünf Spieltagen im September als Nachfolger Norbert Düwels inthronisierte Dortmunder schon im Herbst von „meiner Mannschaft“ sprach, so ist sie es erst jetzt wirklich: durch besseres Umschalten zwischen den Systemen während des Spiels. Und durch die drei personellen Veränderungen in der Winterpause.
Mit Emanuel Pogatetz kam ein gestandener Innenverteidiger, dessen Führungsstärke die Abwehr sicherer machen soll. Dass der Österreicher wegen Bronchitis zuletzt pausieren musste und auf dem Betzenberg wohl nicht von Beginn an auflaufen wird, will da nicht ins Bild passen. Anders sieht es bei Felix Kroos aus, dessen Wadenprobleme wohl bis Freitag abgeklungen sein sollten. Durch ihn dürfte das defensive Mittelfeld mehr Stabilität erhalten. Und allein mit der Anwesenheit des dänischen Zugangs Jakob Busk haben sich „die Leistungen aller Torhüter verbessert“, sagte Lewandowski.
Es warten 15 Spiele, die auch entscheidenden Anteil haben werden, wenn die Bewertung Lewandowskis im Sommer ansteht. Den ersten Schritt für eine positive Note – die eigenen Ansprüche herunterzuschrauben, sich einzustellen auf die Zweite Liga und auf die Qualität seines kickenden Personals – hat Lewandowski offenbar getan. „Das ist ja meine Aufgabe. Und wenn ich es nicht hinbekomme, dann ist es auch meine Schuld. Ich kann es nicht auf einen anderen schieben“, so der Coach.
Schulte sieht Union mit Lewandowski gut aufgestellt
Auch Helmut Schulte, Unions neuer Leiter der Lizenzspielerabteilung, stellte klar: „Die wichtigste Personalie, was den sportlichen Erfolg betrifft, ist der Trainer. Er hat den größten Einfluss. Und ich glaube, dass Union da gut aufgestellt ist.“
Letztlich gibt es nur ein Kriterium, auf dem die Benotung im Profifußball basiert. Folglich sind Siege unerlässlich, soll Lewandowskis bislang ausgezeichneter Ruf in der Trainergilde, gespeist durch die zwei West-Meisterschaften mit Bochums A-Junioren und durch die Erfolge in Bundesliga und Champions League mit Leverkusen, nicht erste Kratzer bekommen.
„Ich weiß, dass ich jetzt gerade meinen Ruf nicht gewaltig aufpoliere“, erklärte der Union-Coach: „Für mich ist entscheidend, wie es mit der Mannschaft weitergeht und was das für den Klub bedeutet. Da stehen persönliche Geschichten komplett zurück. Das ist ja auch das, was wir gern mal von Spielern fordern, dass sie ihr Ego zurückstellen für die Sache. Insofern ist mir das zwar nicht komplett egal, sondern nicht mal zweit-, eher drittrangig.“
Der Coach warnt seine Spieler
So nimmt er mehr denn je seine Spieler in die Pflicht: „Wer sich zu sicher ist, wird ein Problem haben. Und wer immer dran bleibt, wird belohnt.“ Wohl wissend, dass ein steigendes Punktekonto auch sein Renommee innerhalb des Klubs verbessert.
Im so gern als familiär bezeichneten Vereinsumfeld der Köpenicker gibt es einige Mitarbeiter, die nach den zuletzt eher diktatorisch geprägten Jahren unter Uwe Neuhaus und dem kommunikativen Intermezzo unter Norbert Düwel mit Lewandowskis beruflicher Introvertiertheit so ihre Schwierigkeiten haben.
„Ich würde mich total freuen für die Mannschaft, wenn wir weiter an Qualität, Wertigkeit und Klasse gewinnen“, fiebert Lewandowski dem Start in Kaiserslautern entgegen: „Darauf ist mein ganzes Denken und Handeln ausgerichtet.“ Tunnel hin oder her.