Berlin. Zu einem Jubiläum lädt man sich gern hochrangige Gäste ein. Am Mittwoch war es der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der die Bedeutung des 1. FC Union auf der feierlichen Mitgliederversammlung zum 50. Klubgeburtstag für die Stadt Berlin herausstellte. Am Sonntag (17 Uhr) folgt der sportliche Akt der Feierlichkeiten gegen Borussia Dortmund, den sechsmaligen Deutschen Meister, den Pokalfinalisten der vergangenen Saison.
Den Hauch von Bundesliga, der durch die Alte Försterei weht, wird auch Sören Brandy wahrnehmen, egal, ob er nun auf dem Feld steht, nur auf der Bank oder Tribüne sitzt. Bundesliga. Es ist der Begriff, bei dem die Augen von Profis zu leuchten beginnen. Natürlich auch die des Union-Stürmers.
„Fußball ist Volkssport Nummer eins in Deutschland. Fast jeder Junge träumt davon, Fußballprofi zu werden und in der Bundesliga zu spielen. Damit wächst man in unserer Gesellschaft auf. Und die Bundesliga ist das höchste, was man erreichen kann und damit auch ein Traum für fast jeden“, sagt Brandy.
Erneute Saison der verpassten Möglichkeiten
Selbstverständlich ist die Eliteliga des deutschen Fußballs auch sein Traum. Deshalb ist er 2013 von Zwangsabsteiger MSV Duisburg nach Köpenick gewechselt. „Natürlich bin ich nach Berlin gekommen mit dem kleinen Ziel im Hinterkopf, auch mal in der Bundesliga zu spielen. Aber das hängt auch von vielen Faktoren ab. Um das zu wissen, dafür bin ich lange genug dabei“, erklärt Brandy.
Und er fügt hinzu: „Man kann den Aufstieg nicht planen, es sei denn, man nimmt wie RB Leipzig viel Geld in die Hand. Dann spielt man sicher kurz über lang in der Bundesliga. Aber ich wusste, dass Union ein ambitionierter Verein ist und im oberen Drittel der Zweiten Liga mitspielen will.“
Die Realität hatte jedoch anderes vorgesehen. In den vergangenen beiden Jahren hatte Union – und damit auch Brandy – nichts mit dem Aufstieg zu tun. Und auch 2016 wird als eine Saison der verpassten Chance für Brandy in die Historie eingehen. „Es ist in der Hinrunde nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben, wir hatten ja höhere Ziele ausgerufen“, erzählt Brandy.
Der Lausbub ist längst schon 30
Platz eins bis sechs sollte es werden. Nun dümpelt Union auf Rang 13 herum. „Aber auch das ist Fußball. Es gehört dazu, dass man mal Dinge nicht erreicht. Insofern kann ich es realistisch einschätzen, dass es dieses Jahr auch schwierig wird mit dem Aufstieg“, lacht der Blondschopf mit dem Schalk im Nacken. So kennt man ihn auch auf dem Platz, als listigen Lausbuben.
Doch es liegt in der Natur der Sache, dass auch Lausbuben älter werden. So wie Brandy, der die 30 vergangenen Mai überschritten hat. In einer Zeit, da in der immer rasanter werdenden Profibranche 30 inzwischen das neue 40 ist und ältere Spieler schneller ausgedient haben als noch vor zehn oder 15 Jahren.
„Es gibt einen Vorteil, dass ich 30 Jahre alt bin: Ich habe schon einiges mitgemacht. Die Situation ist nicht komplett neu für mich“, sagt Brandy und spielt dabei auf die erste Saisonhälfte an. 16 Einsätze stehen bei ihm zu Buche. Doch zuletzt war er nur dabei statt mittendrin. „Wichtig ist, dass man nicht aufsteckt, auch wenn es manchmal schwer fällt. Es ist auch richtig, dass ich ein paar Trainingseinheiten, ein paar Tage hatte, in denen es nicht so lief und die Situation ein wenig an mir genagt hat, aber die Phase ist sehr kurz“, erzählt Brandy.
„Ich fühle mich nicht ungerecht behandelt“
Gemeint sind die beiden Niederlagen im September gegen Fürth (1:2) und in Frankfurt (2:3). Und natürlich das desaströse 0:2 gegen Paderborn, „wo wir als Mannschaft komplett versagt haben, ich vornweg. Danach ist es legitim, dass der Trainer Veränderungen vornimmt.“
Zum Beispiel Steven Skrzybski (23) neben Bobby Wood (23) spielen zu lassen. Jüngere Spieler, „die es aber auch sehr ordentlich gemacht haben. Ich bin nicht jemand, der sich dann ungerecht behandelt fühlt, aber natürlich wünsche ich mir in der Rückrunde mehr Einsatzzeit. Ich habe trotzdem versucht, meinen Teil in der schwierigen Situation beizutragen. Ich gebe Bobby und Stevie immer Tipps und versuche, durch Trainingsleistungen wieder in die Mannschaft zu kommen“, sagt Brandy.
Nein, so ganz will er seinen Traum von der Bundesliga noch nicht aufgeben. Das machte er mit seinen Leistungen im Trainingslager in Spanien deutlich. Doch die Erkenntnis, es womöglich doch nicht zu schaffen, drängt sich auch bei ihm immer mehr ins Bewusstsein.
Sein Vertrag bei Union läuft bis Sommer 2017
„Dass ich noch einmal selber in die Bundesliga wechsele, ist nicht ausgeschlossen, aber schon relativ unwahrscheinlich. Wenn ich den Schritt noch mal packen will, dann wohl mit einem Verein, mit dem ich aufsteigen werde. Natürlich ist das noch im Hinterkopf, aber es ist kein Thema, mit dem ich mich jeden Tag beschäftige.“
Sein Vertrag bei Union läuft noch bis Juni 2017, der Stürmer ist dann 32 Jahre alt. „Ich fühle mich in der Zweiten Liga schon recht wohl. Und Union ist in der Zweiten Liga einer der attraktivsten Vereine. Da muss schon was Gutes kommen. Doch was in eineinhalb Jahren im Fußball ist, kann man nie sagen“, sagt Brandy.
Es würde zur Geschichte passen, wenn er selbst das Dortmund-Spiel am Sonntag verpassen würde, wegen des Magen-Darm-Infekts, der ihn zuletzt kürzer treten ließ. So wird die Bundesliga für Brandy wohl die Unerreichbare bleiben.