Nach dem Bekanntwerden der Stasi-Vergangenheit von Unions Vereinspräsident Dirk Zingler hat der Club mit seiner Glaubwürdigkeit zu kämpfen. Zingler will nicht gewusst haben, dass seine Dienst-Einheit der Stasi-Behörde unterstellt war.

Das Interesse am Thema ist ungebrochen. Die Diskussion im Fanforum des 1. FC Union über die Armeevergangenheit von Vereinspräsident Dirk Zingler hat nur wenige Tage nach Bekanntwerden die 70.000er-Marke erreicht. Das zeigt, wie intensiv und kontrovers sich die Basis des Zweitligisten mit der Problematik auseinandersetzt. Die Mehrheit tendiert offensichtlich dazu, dem Klubchef keine Stasi-Tätigkeit im herkömmlich negativen Sinne anzulasten. Die Verdienste um den Verein werden höher bewertet als der Dienst in einer Einheit, die dem DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterstellt war. Das spricht für einen unaufgeregten Umgang mit den Fakten.

Die zusätzliche Problematik, der sich Union, allen voran Zingler, stellen muss, ist ähnlich brisant. Es geht um Glaubwürdigkeit. Wie authentisch ist ein Mann, der erklärt, vor seinem Dienstantritt nicht gewusst zu haben, „dass das Wachregiment dem MfS untersteht“, dessen Unterschrift jedoch weit vor seinem Antritt auf MfS-Dokumenten verewigt ist? Wie glaubwürdig ist jemand, der seit seiner Wahl zum Union-Präsidenten 2004 die Werte des Klubs so offensiv wie kein anderer vertritt und gegen den Erzrivalen BFC Dynamo wettert, dem einstigen Spielzeug von Stasi-Chef Erich Mielke – zugleich aber seinen Dienst unter dem Dach der Mielke-Behörde absolviert hat? Warum hat Zingler seine Zeit im Wachregiment in den sieben Jahren seines Tuns bei Union nicht längst öffentlich gemacht? „Die Menschen werden sich ein Urteil bilden, einige fundiert, einige emotional. Das muss ich aushalten, und das halte ich auch aus“, ließ Zingler nun wissen. Dennoch hätte ihm mehr Transparenz einiges erspart.

Und auch dem 1. FC Union. Denn das Bild, das Präsidium und Aufsichtsrat abgegeben haben, war alles andere als das einer geschlossenen Einheit. Erst teilte Aufsichtsratschef Antonio Hurtado per Pressemitteilung mit, dass er von Zinglers Armeevergangenheit gewusst habe („Der Aufsichtsrat war vor seiner Berufung zum Präsidenten über diesen Sachverhalt informiert“), später ließ er sich zitieren, er höre davon zum ersten Mal. Ein vernünftiges Krisenmanagement sieht jedenfalls anders aus. Wobei noch zu klären gilt, ob Zingler, der im Übrigen seinen Urlaub in Portugal nicht unterbrochen hat, und Co. die vergangenen Tage überhaupt als Krise betrachten.

Das Ausmaß der Geschehnisse wird sich erst dann einschätzen lassen, wenn sich die ehrgeizigen Ziele wie die neue Haupttribüne oder ein neues Nachwuchsleistungszentrum nicht realisieren lassen, weil Geldgeber in der „Akte Zingler“ mehr sehen als nur einen harmlosen Armeedienst. Und damit sind nicht der Autovermieter Starcar oder der Autohändler Dürkop gemeint, die der Klub gestern als neue Eiserne Sponsoren präsentierte.