Fußball

Wie der 1. FC Union über Schnee und Eis schlittert

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Martin Kleinemas

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Sie spielen auf vereistem Platz - der 1. FC Union hat mit harten Bedingungen während des Trainings zu kämpfen. Uwe Neuhaus will seine Profis mit dieser Methode aber nicht etwa abhärten.

Ein wenig unsicher kamen sie die Treppe von den Umkleiden heruntergestiegen, die Spieler des 1. FC Union. Schon von oben konnten sie sehen: Da, wo normalerweise der Trainingsplatz in sattem grün auf sie wartet, lag eine rund 50 Zentimeter hohe Schneedecke vor ihnen. Nur ein kleiner Gang bis in die Mitte hatten die Verantwortlichen freigeschaufelt, ansonsten: Tiefschnee.

So sollte sie also beginnen, die wichtige Rückrunde in der Zweiten Fußball-Bundesliga mit der Mission Klassenerhalt? Doch spätestens, als der erste rote Ball auf das Feld geschossen wurde und beim Aufkommen komplett im Schnee verschwand, gab es kein Halten mehr: Die Spieler stürmten das Feld, und kurz darauf erinnerte das Geschehen auf dem Platz eher an das Treiben auf einem Pausenhof als an trainierende Profis.

Und der Trainer, Uwe Neuhaus, gab sein Bestes, die gute Laune hochzuhalten. So herrschte er als Witz Verteidiger Daniel Göhlert an, er solle beim Warmlaufen doch bitte nicht immer die gleiche Spur nutzen – irgendwie müsse der Platz ja geräumt werden.

Unions Gegner meiden den Schnee

Es war ein spaßiger Rückrunenauftakt, was Neuhaus durchaus freute. „Bei diesen Bedingungen darf der Spaß nicht zu kurz kommen“, sagte er. 40 Minuten ließ er seine Schützlinge dann auf dem Kleinfeld gegeneinander antreten. „Das sollte den Puls schon ab und an nach oben treiben, das ist im Tiefschnee sehr belastend“, sagte er, und fügte an, dass man bei diesen Bedingungen eine gute Mischung aus Spaß und Belastung finden müsse.

Allein: Immer deutlicher wird, dass die Köpenicker mit ihrem Beharren auf einem Training zu Hause einen Sonderweg gehen. Und zwar einen gefährlichen. Denn die Einheiten auf Schnee sind zwar gut für den Mannschaftsgeist. Alle Inhalte aber, die auf präzise Ballbehandlung abzielen, können nicht vernünftig trainiert werden. Die Zuschauer wurden mit spektakulären Aktionen belohnt, die Spieler aber mussten die Bälle meistens lupfen, vor Freistößen oder Eckbällen buddelten sie sich den Weg zum Ball erst frei. An ein modernes Kurzpassspiel war nicht zu denken.

Ein Fehlstart droht, würde die Mannschaft mit einem Defizit an spielerischen Fähigkeiten aus der Winterpause kommen. Denn Union wird auf Teams treffen, die den Schnee aus dem Weg gegangen sind. Alemannia Aachen, erster Heimgegner der Rückrunde, zieht es für eine Woche ins spanische Oliva Nova, wo im Übrigen auch Mitkonkurrent um den Klassenerhalt Fortuna Düsseldorf logiert. Eine Woche später geht es nach Fürth – die Spvgg fährt ab dem 3. Januar nach Belek in die Türkei und trifft dort in Testspielen auf den VfL Bochum und den VfB Stuttgart. Von Unions ersten Gegnern überwintert nur der SC Paderborn in heimischen Gefilden, denn auch Hertha BSC, Derbygegner am 5. Februar, fliegt in die Sonne: nach Portimao in Portugal. Union wird es mit gut vorbereiteten Gegnern zu tun bekommen und kann nur hoffen, dass sich Geschichte nicht wiederholt: Schon vergangenes Jahr blieb der Klub für die Vorbereitung daheim, es folgte eine desaströse Rückrunde, in der die Köpenicker noch um den Klassenerhalt zittern mussten.

Neuhaus umgeht geräumten Platz

Die Speiler ließen zumindest keinen Zweifel daran, dass sie den Weg des Vereins mitgehen wollen. Dominic Peitz etwa entdeckte ganz neue Fähigkeiten auf Schnee, der Defensivspezialist überzeugte als Angreifer mit vier Toren und mehreren ansehnlichen Seit- und Fallrückziehern. „Den haben wir wohl lange auf der falschen Position eingesetzt“, scherzte Michael Parensen, der anders als Torsten Mattuschka, Santi Kolk, Christian Stuff und Marcel Höttecke wieder voll mittrainieren durfte. Das noch leicht angeschlagene Quartett trainierte gemeinsam im Fitnesscenter, während Jerome Polenz, der die Freigabe erhalten hat, sich krank gemeldet hatte.

Nach rund 75 Minuten war der Platz halbwegs platt getreten – aber noch längst nicht so gut präpariert wie der zweite Trainingsplatz. Den hatte der Trainer einfach ignoriert. „Ich bin froh, dass es wieder draufgeschneit hat“, sagte er dann sogar, und erklärte: „Letztes Jahr haben wir auch einen Platz geräumt und darauf trainiert, hinterher war er voller Löcher und zugefroren.“ So blieb seinen Spielern nur das Spiel im und mit dem Tiefschnee.