Das 1:0 gegen Fortuna Düsseldorf, drei Punkte im Kampf um den Klassenerhalt – Dinge, die in den Hintergrund rücken, ja unwichtig werden, wenn es um das wahre Leben abseits des Rummels mit Namen Profifußball geht. Es war ein Name, der beim 1. FC Union am Freitagabend immer wieder genannt wurde. „Wir widmen diesen Sieg Günni. Hoffentlich bist du bald wieder bei uns“, sagte Trainer Uwe Neuhaus. Günter „Günni“ Langer war praktisch jeden Tag auf dem Gelände an der Alten Försterei anzutreffen. Seit den Sommermonaten sucht man allerdings vergeblich nach dem 57-Jährigen. Günni kämpft derzeit seinen schwersten Kampf seines Lebens: den Kampf gegen den Krebs.
„Wir wünschen dir von Herzen alles Gute und hoffen, dass du den Kampf gewinnst.“ Die Worte von Kapitän Torsten Mattuschka belegen, dass Günni mehr ist als nur ein – wie es im offiziellen Sprachgebrauch heißt – technischer Mitarbeiter. Günni ist Mann für alles, wenn man so will die gute Seele des Vereins. Wann immer Not am Mann ist, eine helfende Hand benötigt wird – Günni ist zur Stelle.
Der Pflege des Gartens vor der Geschäftsstelle nahm sich der langjährige Union-Fan an, auch als Grillmeister für die Mannschaft ist er sich keineswegs zu schade. Günni hilft bei Umzugsarbeiten für Spieler und ist auch bei Schnee und Eis für seinen Verein zur Stelle. Legendär sind die Bilder aus der Saison 2005/06, als er allein im Stadion an der Alten Försterei stand und mit einem Spaten das Eis vom Rasen hackte.
Günni ist das beste Beispiel dafür, warum man in Köpenick immer von einer Union-Familie spricht. Immer freundlich, hat er für jeden ein offenes Ohr. Für Besucher, für die Spieler. Und natürlich für seinen Verein. Als Union zum kollektiven Stadionumbau rief, war es für Günni eine Selbstverständlichkeit mitzuhelfen. Auch hier war er nahezu jeden Tag dabei – ohne dafür etwas einzufordern. Seit dem Ende der Bauarbeiten ist der gelernte Klempner nun Angestellter des Vereins auf Ein-Euro-Basis. Und eigentlich nicht mehr wegzudenken.
Sein ganzer Stolz ist der umgebaute Barkas. Früher Feuerwehrwagen, nun – wenn man so will – das Union-Mobil schlechthin. Natürlich in Rot-Weiß gehalten und mit Union-Fahnen geschmückt, wenn es durch die Stadt geht. Und zu besonderen Anlässen lässt er schon mal die Vereinshymne von Nina Hagen durch die angebauten Lautsprecher dröhnen. Seinen größten Auftritt hatte er ohne Zweifel im Mai des vergangenen Jahres, nachdem die Mannschaft von Trainer Neuhaus die Rückkehr in die Zweite Liga perfekt gemacht hatte. Als es darum ging, wer den Fan-Tross anführen sollte, der vom Jahn-Sportpark aus in die noch nicht vollends renovierte Alte Försterei zog, fiel die Entscheidung nicht schwer. Günni und sein Barkas fuhren vor der Karawane weg, die sich von Höhenschönhausen nach Köpenick aufmachte. Dabei hielt sich Günni – wie bei allem, was er für dem 1. FC Union tut – stets im Hintergrund.
Die große Bühne, die öffentliche Würdigung seines Tun und Handelns, ist Günter Langers Sache nicht. Nur einmal konnte er sich nicht dagegen wehren. Es war im Jahr 2008, als Günni mit der höchsten Auszeichnung geehrt wurde, die man vom 1. FC Union bekommen kann: dem Goldenen Ritter. Welchen Stellenwert Günter Langer im Kreis der Mannschaft genießt, verdeutlichte Torsten Mattuschka. „Wenn wir irgendetwas für dich tun können, dich besuchen sollen, sag Bescheid, wir sind da“, sagte der Kapitän. Vielleicht war es die Sorge um Günni, die die Mannschaft jenes kleine Stückchen mehr angetrieben hatte, um die Düsseldorfer niederzuringen. Dass der Sieg, der Fußball im Allgemeinen, nicht mehr ist als die schönste Nebensache der Welt, wurde jedoch am Freitagabend wieder einmal deutlicher denn je.