Dominic Peitz hatte da etwas klarzustellen, und zwar mit Nachdruck. Da stand er also in der Mixedzone im Stadion an der Alten Försterei, in der Spieler und Journalisten die Möglichkeit zum Austausch haben, und sollte erklären, warum sein 1. FC Union so schwierig ins Spiel gefunden hatte. Da fiel es dem 1,96 Meter großen Abräumer dann nicht leicht, einigermaßen ruhig zu bleiben. "Schön, dass jetzt wieder alles schlecht geredet wird", sagte er also schließlich, und schob dann schon fast aufreizend deutlich nach: "Heute haben wir einfach einmal dreckig gewonnen, und das haben wir uns auch verdient."
Was nicht zu entkräften war, hatte seine Mannschaft doch tatsächlich einmal den Spieß der vergangenen Monate umgedreht, als man häufig gut gespielt aber verloren hatte. Am Freitag reichte es durch ein Tor von Kapitän Torsten Mattuschka zu einem 1:0 (0:0) gegen Fortuna Düsseldorf, ein Sieg, der die Köpenicker vor 14 309 Zuschauern einen weiteren großen Schritt weg von den Abstiegsrängen der Zweiten Fußball-Bundesliga brachte. Und so hatte auch Peitz dann schnell wieder ein Lächeln auf den Lippen, als er einräumte: "Verdient, obwohl Fortuna heute die bessere Spielanlage hatte."
Tatsächlich hätte Union in der ersten Hälfte durch John Jairo Mosquera (9.), dessen Schuss nach einem tollen Angriff über die rechte Seite von Düsseldorfs Torwart Michael Melka pariert wurde, oder Ahmed Madouni, der per Kopf nur den Pfosten traf (34.), in Führung gehen können. Doch insgesamt kam die Offensive der Eisernen einfach nicht in Fahrt, und in der Defensive zeigten sich ungeahnte Schwächen. Vor allem die rechte Seite mit Christian Stuff und Christoph Menz war in der ersten Hälfte dauerhaft überfordert, Menz wurde gleich ein halbes Dutzend Mal einfach überlaufen. Nur die neue Nummer Eins Marcel Höttecke (7./43./44.) bewahrte Union vor dem Rückstand.
Glücklich über das 0:0 zur Pause
"Wir hatten in der ersten Halbzeit riesengroße Probleme, ins Spiel zu kommen", sagte Trainer Uwe Neuhaus. "Wir haben gekämpft, aber die einfachsten Bälle nicht an den Mann gebracht." Er sei froh gewesen, dass es zur Pause noch 0:0 gestanden habe. Auch Kapitän Mattuschka sah die ersten 45 Minuten nicht wirklich positiv: "Wir sind fast nur hinterher gerannt, in der Pause haben wir uns dann vorgenommen, in allen Teilen dichter zu stehen", sagte er, und fügte an: "Dann haben wir unser wahres Gesicht gezeigt."
Tatsächlich wurde in der zweiten Halbzeit einiges besser. Uwe Neuhaus hatte auf die schwache Vorstellung seiner rechten Seite reagiert und brachte auf der Außenbahn Jerome Polenz für Paul Thomik - eine Maßnahme, die das Offensivspiel genauso belebte wie der Wechsel auf der linken Seite, wo er erstmals nach seinem Fußbruch Kenan Sahin (63.) für den enttäuschenden Chinedu Ede brachte. Die Folge waren konsequentere Vorstöße über die Außenbahnen - wo plötzlich Unions neuer Nationalspieler Karim Benyamina mit dem Ball an der Grundlinie auftauchte. Was nun folgte, war deshalb so bemerkenswert, weil es in den vergangenen Wochen bei Union nicht so häufig stattfand: Statt hektisch nach innen zu flanken, schaute Benyamina hoch und passte mustergültig zurück auf Mattuschka, der - anders als in Frankfurt, als er freistehend mit dem Abschluss zögerte - kurzen Prozess machte und unten rechts einschob (64.).
"Heute habe ich ihn gemacht, letzte Woche habe ich auf die Fresse bekommen - aber so ist der Fußball eben", sagte Mattuschka, der sich dann offenbar noch mit Passgeber Benyamina über den Anteil am Tor einigen musste. Der jedenfalls hatte die Szene so gesehen: "Ich schaue hoch und sehe, dass Torsten kommt. Gut, dass der Pass so gekommen ist", sagte Benyamina, und musste dann selber schmunzeln. Dann fügte er brav an: "Aber 99 Prozent des Tores gehören natürlich ihm."
Wichtiger aber als der Torschütze waren allen Beteiligten die drei Punkte - gleich aus mehreren Gründen. "Es ist eine Erlösung, wir wussten ja vorher, wie wichtig das Spiel ist", sagte Mattuschka, und meinte damit die Tabellensituation. Bedeutender war ihm aber noch, was er zum Schluss und vor laufenden Kameras vorbrachte: "Die Mannschaft widmet diesen Sieg Günni", und meinte damit den technischen Mitarbeiter und "Mädchen für alles", der schwer erkrankt ist. Vor diesem Hintergrund mutete die fünfte Gelbe Karte für Dominic Peitz, der damit im nächsten wichtigen Spiel beim FC Ingolstadt am Sonntag fehlen wird, fast schon etwas beiläufig an. "Wir können auch mal verkraften, dass ich nicht spiele", meinte Peitz, nicht ahnend, dass ihn sein Trainer wenige Minuten später loben würde: "Stellvertretend für die ganze Mannschaft hat Dominic Peitz gekämpft", sagte er. Und hatte somit auch das Recht, einmal deutlicher zu werden.