Gegen Paderborn wird Marcel Höttecke seinen Kontrahenten Glinker zum zweiten Mal in dieser Saison als Stammtorhüter ablösen. Beendet ist die Torwart-Diskussion bei den Köpenickern dadurch aber nicht.
„Ich habe mich dazu entschieden, Marcel Höttecke am Sonntag spielen zu lassen.“ Ein einfacher Satz von Uwe Neuhaus beendete am Freitag die Torwartfrage beim 1. FC Union. Ein Satz, mit dem der Trainer des Berliner Fußball-Zweitligisten nicht wirklich überraschen konnte, zu offensichtlich ging es nach den Vorkommnissen und Statements der vergangenen Tage und Wochen in die nun auch offiziell festgelegte Richtung.
Damit muss Jan Glinker, über Jahre Stammtorwart bei Union, zum zweiten Mal in dieser Saison seinen Platz räumen. Schon im Herbst hatte der Trainer sich zu einem Wechsel entschlossen, nachdem diverse Patzer Glinkers nicht nur zu Gegentoren, sondern auch zu Punktverlusten geführt hatten. Erst durch Hötteckes Muskelfaserriss zum Ende der Hinrunde durfte Glinker noch einmal für vier Spiele ran. Doch nach dem erneuten Fehler gegen Fürth, der das 0:1 besiegelte, sah sich Neuhaus wieder zum Handeln gezwungen.
Am Donnerstag hatte der Coach seine Entscheidung mitgeteilt. Zur Erleichterung des einen und Enttäuschung des anderen. „Ich freue mich, dass ich nach der langen Verletzungspause wieder angreifen kann und hoffe, dass ich mit dazu beitragen kann, am Sonntag drei Punkte zu holen“, sagte Höttecke. Sein Kontrahent war natürlich wenig begeistert. „Dass ich enttäuscht bin, ist ja normal. Ich habe ja auch nicht die Leistung gebracht, die ich mir vorgestellt habe“, sagte Glinker selbstkritisch: „Die Situation hätte sicher anders ausgesehen, wenn ich den Ball in Fürth gehalten hätte.“ So jedoch erlebte der 27-Jährige ein weiteres Kapitel in „einer Saison, die ja nicht wirklich seine war“, so Trainer Neuhaus.
Der wiederholte Wechsel bringt neue Chancen, aber auch Risiken mit sich. Die Aussichten, dass bei Union endlich wieder einmal die Null nach Abpfiff steht, sind nicht die schlechtesten. Sogar Glinker sagt, dass „Hötti gute Spiele gemacht hat“. Und da die T-Frage nun beantwortet ist, gibt es auch für die Spieler keinen Grund mehr, sich mit dieser Angelegenheit weiter zu beschäftigen.
Doch das Risiko liegt auf der Hand. Was, wenn Höttecke, der erst zu Saisonbeginn an die Alte Försterei gewechselt ist, die in ihn gesetzten Erwartungen nun nicht erfüllt? Wenn der wiederholte Torwartwechsel nicht die erhoffte Ruhe in der Mannschaft bringt? „Für den weiteren Saisonverlauf sind in erster Linie die Leistungen von Marcel entscheidend. Es gibt ein ganz normales Leistungsprinzip, dem sich jeder unterwerfen muss. Den Druck muss er abkönnen“, sagte Neuhaus. „Den musste Jan Glinker auch die ganze Zeit abkönnen.“ Der Trainer weiß um die Gefahren, die die Besetzung der Torhüter-Position mit sich bringt. Und setzt der neuen (oder doch alten?) Nummer 1 trotzdem praktisch eine Frist. Neuhaus: „Wenn er jetzt in den nächsten drei Spielen auch jeweils patzen sollte, werde ich sicher nicht so lange warten können.“ Soll heißen: Bleibt Höttecke nicht fehlerfrei, kann sich Glinker für ein erneutes Comeback in der Stammformation bereit machen. Bedingungslose Rückendeckung sieht sicher anders aus.
Ende einer Ära?
Das weiß offenbar auch Jan Glinker. „Ich werde versuchen, meine alte Stärke zurück zu gewinnen. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Kämpfer bin“, sagte der Keeper. Und benennt sogleich die Unwägbarkeiten, die der Profifußball so mit sich bringt. „Das kann alles ganz schnell gehen. Eine Verletzung oder eine Rote Karte – und schon stehe ich wieder im Tor.“ Auch deshalb macht sich der „Ur-Unioner“ keine Gedanken um seine Zukunft bei den Köpenickern. Noch nicht. „Es ist sicherlich noch etwas zu früh, darüber nachzudenken“, antwortet Glinker auf die Frage, ob durch seine Degradierung auch das Ende seiner Ära – Glinker ist seit 2001 im Verein und seit 2004 Stammtorhüter der ersten Mannschaft – eingeläutet ist. Er ist sich sicher, dass die Entscheidung des Trainers keine endgültige ist. Aber: Sollte sich in absehbarer Zeit keine Besserung seiner Situation einstellen, „dann werde ich mich natürlich umschauen“. Glinkers Vertrag mit Union läuft noch bis 2012, vorausgesetzt, der Klassenerhalt gelingt. „Davon gehe ich aus“, sagt der Torwart. Ansonsten endet sein Vertrag am Ende der Spielzeit.
Keine Chance auf einen Einsatz am Sonntag gegen Paderborn (13.30 Uhr, Alte Försterei) haben Patrick Kohlmann (Grippe), Bernd Rauw (Rot-Sperre) und Bone Uaferro (aus disziplinarischen Gründen zu den A-Junioren versetzt). Fragezeichen stehen hinter Santi Kolk (Magen-Darm-Infekt), Christoph Menz (Oberschenkelprobleme), Björn Brunnemann (Leiste) und Dominic Peitz (Nasenbeinbruch). So rückt Unions U23-Kapitän Stefan Gill erstmals in den Profikader.