Dass es zwischen dem 1. FC Union und seinem Stürmer Nico Patschinski kriselt, war schon seit Monaten kein Geheimnis mehr. Am Mittwoch nun befanden die Verantwortlichen des Berliner Fußball-Drittligisten, dass es keinen anderen Ausweg mehr gibt: Der Spitzenreiter hat sich mit sofortiger Wirkung von dem 32-Jährigen getrennt, der Angreifer hat die fristlose Kündigung erhalten.
Auch die Begründung für den Rauswurf, das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen Klub und Spieler, überrascht nicht. Oder wie es Unions Präsident Dirk Zingler ausdrückt: "Ohne Vertrauen, das sich aus gemeinsamen Werten speist, ist eine Zusammenarbeit nicht länger möglich." Wer nicht mitzieht auf dem Weg in die Zweite Liga, der fliegt raus.
Leidenschaft für Poker
Es ist das jähe Ende einer Zusammenarbeit, die mit der Rückkehr in die Drittklassigkeit im Sommer 2006 begonnen hatte und sich mehr und mehr als Missverständnis herausstellte. Auf Seiten der Unioner scheint man fast froh, sich von seinem "Enfant terrible" endlich getrennt zu haben. Für Trainer Uwe Neuhaus ist "Patschinski kein Thema", auch Sportdirektor Christian Beeck gibt keinen weiteren Kommentar ab. Sogar auf der Homepage rückte die Nachricht des Tages nicht einmal zwei Stunden nach Veröffentlichung von der Top-Position hinter das Baustellentagebuch zurück, neben die Ansetzungen für die kommenden Spiele.
Dass Patschinski seinen bis 2010 laufenden Vertrag bei Union nicht erfüllen darf, liegt an Begebenheiten, die außerhalb des Platzes zu suchen sind. Sein Hang zum Glücksspiel ist hinlänglich bekannt. Patschinski selbst hatte zu Beginn des Jahres seine Leidenschaft für Poker öffentlich gemacht. Bereits im Frühjahr 2007, unter Neuhaus-Vorgänger Christian Schreier, geriet der Familienvater (ein Sohn) ins Abseits, wurde vom Trainings- und Spielbetrieb freigestellt. Damals kam er einem drohenden Rauswurf dank eines ärztlichen Gutachtens zuvor. Das Ergebnis damals: "Es existiert kein Hinweis auf eine Suchterkrankung."
Der Griff zu den Karten blieb dennoch. Ebenso wie die Unruhe um seine Person. Trotz 13 Toren in der Saison 2007/08, in der Union erst auf der Zielgeraden die Zweitliga-Rückkehr verspielt hat, kamen im August 2008 Gerüchte auf, Patschinski würde zu Ligakonkurrent Aue wechseln. Nach drei Toren gegen Burghausen (4:0) und einem vergebenen Elfmeter gegen Wuppertal (0:0) stellte Patschinski klar: "Ich bleibe gern bei Union, wenn andere Leute nichts dagegen haben." Das ist jetzt jedoch der Fall.
Vereinsschädigendes Verhalten
Spätestens das Theater um angeblich negative Äußerungen über Klubchef Zingler gegenüber Freunden dürfte das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Patschinski, mit 10.000 Euro monatlich Unions Spitzenverdiener, wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 5000 Euro wegen vereinsschädigenden Verhaltens verdonnert. Die Summe will er nun per Anwalt zurückfordern.
Zudem halten sich die Gerüchte um Kontakte zum BFC Dynamo, Unions Erzrivalen. Angeblich nahm Patschinski unter dem Pseudonym J.J. Gelee an Pokerrunden und Feiern mit Spielern des Oberligisten teil. Dem Vernehmen nach oft dabei: Guido Spork, Patschinskis Freund aus alten Union-Tagen. Spork wurde bereits zu Saisonbeginn von Neuhaus aussortiert - wegen mangelnden Engagements.
Jenen Einsatz ließ auch Patschinski zuletzt mehr und mehr vermissen. So sucht man jene körperliche und geistige Frische, die der Verein ihm bereits vor knapp zwei Jahren abgesprochen hatte, bei ihm auch derzeit vergeblich. Schon längst ist er in der Hierarchie der Stürmer allerhöchstens zweite Wahl. Top-Torjäger Karim Benyamina und Zugang Kenan Sahin sind gesetzt, dahinter lauern Shergo Biran und Steven Jahn auf ihre Einsatzchance. Nicht zu vergessen Dustin Heun, der nach knapp einjähriger Verletzungspause in den Kader zurückdrängt.
Selbst die Chance, sich über Unions Berlin-Ligamannschaft wieder zu empfehlen, ließ er ungenutzt. Patschinskis Abgang - ein sportlicher Verlust für den 1. FC Union? Sportdirektor Beeck lässt keine Zweifel: "Für mich nicht."