Eiskunstlauf

Wenn der Ex plötzlich zum Problem wird

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Marcel Stein
Gemeinsam gewannen sie Bronze in Sotschi 2014: Aliona Savschenko und Robin Szolkowy

Gemeinsam gewannen sie Bronze in Sotschi 2014: Aliona Savschenko und Robin Szolkowy

Foto: Christina Pahnke / picture alliance / sampics / Chr

Mit Robin Szolkowy wurde Aljona Savchenko Weltmeister. Nun trainiert er die härtesten Konkurrenten des deutschen Eiskunstlaufpaares.

Pyeongchang.  Das Gefühl folgt keinem Muster. Mal ist Robin Szolkowy vor Wettkämpfen aufgeregt wie ein kleines Kind, mal gelingt es ihm, seine innere Ruhe auf andere abstrahlen zu lassen. Während der eine Gemütszustand früher öfter hinderlich war, verliert er heute eher an Bedeutung. Dafür erhält die vermittelnde Komponente ein anderes Gewicht. Weil er eine Bezugsperson ist, an der sich andere orientieren – zwei der Besten, die es im Paarlauf gibt.

Das Metier hat sich also nicht geändert für Szolkowy, trotzdem ist vieles anders. Die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi erlebte er als Eiskunstläufer. In Südkorea steht der 38-Jährige nun an der Bande, fungiert als Trainer, versteht dies aber mehr als eine klassische Bezeichnung seiner Aufgabe. „Ich sehe mich mehr in der Rolle als Berater, als großer Bruder, als Freund“, erzählt der Chemnitzer, der jetzt in der Schweiz lebt. Er interpretiert den Job des Trainers moderner, ganzheitlich sozusagen.

Vielleicht half diese Auffassung dabei, dass der Positionswechsel so problemlos funktionierte. „Die Entscheidung, es als Trainer zu versuchen, war schon seit Längerem klar. Dass ich sofort die Chance bekomme, in der Topliga einzusteigen, das war nicht klar“, erzählt Szolkowy. Für ihn ging es als Trainer ganz schnell um wichtige Medaillen, er betreut Jewgenia Tarassowa und Wladimir Morosow, die zweimal in Folge Europameister wurden und im Vorjahr WM-Dritte. Die Erfolge seiner Schützlinge aus Russland stehen allerdings noch klar im Schatten seiner eigenen. Fünf WM-Titel feierte Szolkowy, gewann zweimal Bronze bei Olympia, zuletzt vor vier Jahren. Viel Erfahrung, die ebenso dazu beigetragen haben dürfte, so schnell so hochklassig in der neuen Rolle arbeiten zu dürfen.

Seit der Trennung gebe es nur wenige Berührungspunkte

Im Sport ist es nicht ungewöhnlich, sein Wissen nicht ausschließlich seinem Heimatland zu Gute kommen zu lassen. „Man sucht sich sein Team, das passt. Ich gucke weniger auf das, was im Pass steht“, sagt Szolkowy, der sich trotzdem für den deutschen Paarlauf engagiert. Gemeinsam mit der Deutschen Eislauf-Union (DEU) hat er ein Programm für den Nachwuchs aufgebaut. In einer olympischen Saison bleibt dafür wenig Zeit. Mit Tarassowa/Morosow will er neue Wege beschreiten. „Das geht in die Richtung, wie ich mich selbst sehe“, erzählt er, „ich sage niemandem, dass ich irgendetwas weiß, weil ich selbst mal erfolgreich damit war.“ Szolkowy will seinen Weg zum Erfolg nicht aufzwängen. Er möchte reden. „Ich will wissen, wie es den Leuten geht, wie sie geschlafen haben, wie die Familiensituation ist.“ Dinge auszuprobieren, gehört dazu. Das läuft prima. Im Teamwettbewerb beeindruckten Tarassowa/Morosow mit einem fehlerfreien Kurzprogramm, sie zeigten die beste Darbietung.

Szolkowys Wirken hat jedoch einen brisanten Nebeneffekt. Der Frau, mit der er seine Medaillen auf dem Eis gewonnen hat, stellt er sich als Hindernis in den Weg. Mit Aljona Savchenko kämpfte Szolkowy um Olympiagold. Nach seinem Karriereende läuft Savchenko nun mit dem Franzosen Bruno Massot dem Traum hinterher. „Es ist klar, dass ich dagegen arbeite, dass Aljona und Bruno einen großen Erfolg hinbekommen“, sagt der Trainer. Er versucht das auszublenden, betrachtet alles rein sportlich. Ein Gespräch darüber gab es noch nicht zwischen den früheren Weggefährten. „Wir verstehen uns aber gut, respektieren uns, haben vernünftigen Smalltalk“, erzählt Szolkowy. Seit der Trennung gebe es nur wenige Berührungspunkte. Irgendwann will er mit Savchenko über alles sprechen.

Vielleicht als Trainer der Olympiasieger aus Russland, vielleicht mit der Olympiasiegerin aus Deutschland. Szolkowy sieht sich in einer Position, in der er fast nur gewinnen kann: „In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Für mich ist es auch schön, wenn die Deutschen gut abschneiden. Das bringt dem deutschen Sport einiges.“ Das hiesige Paarlaufprogramm würde von einer Medaille durch Savchenko/Massot sicher profitieren. Wobei beide Paare in Südkorea am Mittwoch und Donnerstag hart kämpfen müssen für einen Platz auf dem Podest, die Spitze im Paarlauf ist so eng beisammen wie nie. Die Stärke von Tarassowa/Morosow liegt in der Athletik, den Sprüngen, den Würfen. Savchenko/Massot stellen das Künstlerische in den Vordergrund. Robin Szolkowy betrachtet all das aus dem Hintergrund. Welcher Grad der Aufregung ihn dabei diesmal erreicht, dass lässt sich noch nicht sagen.