Am Ende konnte Betty Heidler doch noch lachen. Sie hob beide Arme nach oben und streckte beide Daumen hoch.
Zu Beginn der Geisterstunde war der Spuk dann endgültig vorbei. Der Protest der Chinesen gegen das offizielle Ergebnis im Hammerwerfen der Frauen war am späten Freitagabend erwartungsgemäß abgelehnt worden, Betty Heidler konnte sich ihrer Bronzemedaille wirklich sicher sein. „Um 24 Uhr hatte ich es dann schwarz auf weiß“, sagte die in Frankfurt lebende Berlinerin am Morgen nach dem nervenaufreibendsten Wettkampf ihrer Karriere glückstrahlend.
Gelb auf schwarz war eine gefühlte Ewigkeit nach dem von der Russin Tatjana Lysenko mit einem Wurf auf 78,18 Meter gewonnenen Finale die ersehnte Zahl auf der Anzeigetafel aufgeleuchtet: 77,13. Von allen Sorgen und Ängsten befreit, schnappte sich Betty Heidler eine deutsche Fahne und posierte auf dem Rasen neben der für sie magischen Marke. „Da ist mir ein Brocken heruntergefallen, weil endlich offiziell dastand, was ich schon vorher wusste. Es war ein emotionaler Moment“, sagte die Weltrekordlerin. Dass bei einer Nachmessung schließlich 77,12 Meter ermittelt wurden, war irrelevant.
Kampfgericht entschuldigt sich
Schon lange bevor auch die 80.000 Zuschauer im Stadion mitbekamen, wie denn der Wettkampf nun eigentlich gewertet würde, wusste Betty Heidler Bescheid. Gelöst und erleichtert alberte sie herum. „Es war ein Fehler in der Weitenmessung. Ich wusste zeitig, dass der Wurf im System drin war. Es musste nur noch offiziell werden“, berichtete sie. Das Kampfgericht hätte sich bei ihr entschuldigt. „Ich bin aber traurig, dass mir die Stimmung, die Emotionen genommen wurden. Letztlich bin ich froh, dass ich mit Bronze nach Hause fahren darf“.
Zum zweiten Mal bei diesen Spielen durfte sich eine deutsche Leichtathletin erst mit Verspätung über eine Medaille freuen. Am Samstag musste erst der Videobeweis zurate gezogen werden, ehe die ausgesprochene Disqualifikation für Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf zurückgenommen wurde und sie Silber erhielt.
Bald eine Stunde lang dauerte es, ehe das Kampfgericht für Betty Heidler das richtige Resultat festgestellt hatte. Ihr fünfter Versuch wurde nach langen Minuten mit 72,34 Metern angezeigt, obwohl der Hammer für alle sichtbar ein gutes Stück hinter der 75-Meter-Marke eingeschlagen hatte. Heidler intervenierte, derweil der Wettkampf unverständlicherweise weiterlief.
Technisches Versagen
„Das nächste Mal setze ich mich so lange in den Ring und blockiere die Anlage, bis die Weite auf der Anzeigetafel steht. Das ist mir eine Lehre“, sagte sie. Ihr Glück sei gewesen, dass die richtige Weite bereits gespeichert war. „Es war ein Fehler der Anzeigetafel und nicht des Systems insgesamt.“ Technisches Versagen
Im großen Chaos ging die Klasseleistung der Frankfurterin Kathrin Klaas unter. Nach einem regelrechter Langstreckenflug landete der Hammer bei 76,05 Metern: persönliche Bestleistung und Rang fünf.
dapd/nbo