Berlin. Kay Bernstein schlenderte durch die Katakomben der Volkswagen-Arena, einen Ball unter den Arm geklemmt. Endlich wieder ein Sieg für Hertha BSC. Also auch endlich wieder ein Mitbringsel für die kleine Tochter des Präsidenten. Bernstein hatte sich vor der Saison vorgenommen, von jedem Erfolg das Spielgerät mit nach Hause zu nehmen. Die karge Ausbeute: sieben Bälle.
Dass der siebte am Sonnabend beim VfL Wolfsburg noch hinzukam, war fast schon überraschend. 2:1 (0:1) hieß es am Ende. Drei Punkte zum Abschied aus der Fußball-Bundesliga, die aber auch nichts mehr änderten. Der Abstieg hatte schließlich schon seit einer Woche festgestanden.
Böllerwürfe und Leuchtraketen aus dem Block von Hertha BSC
Am Sonnabend folgte den Berlinern noch der FC Schalke 04, der nach einem 2:4 gegen RB Leipzig den Rückweg in die Zweite Liga antreten muss. Auch dem VfB Stuttgart droht dieses Szenario. Die Schwaben kamen nicht über ein 1:1 gegen Hoffenheim hinaus und müssen in die Relegation.
Eine Verlängerung der Saison, die sie auch beim Hauptstadtklub sicher gern genommen hätten. So blieb allen Beteiligten nichts anderes übrig, als sich würdig zu verabschieden. Die Mannschaft schaffte das. Die Fans nicht.
Während Wolfsburg das erste Mal jubelte – Jakub Kaminski hatte nach schönem Zusammenspiel mit Yannick Gerhardt ungehindert eingenetzt (2. Minute) –, waren die 2800 mitgereisten Anhänger im Gästeblock noch damit beschäftigt, ein Banner auszurollen. „Millionen kassiert, unseren Verein blamiert – Söldner auf dem Feld und im Verein: Verpisst euch!“, war schließlich zu lesen.
Dardai und Ngankam versuchen Pyro-Chaoten zu beruhigen
Was folgte, war die hässliche Seite des Fußballs. Pyro wurde gezündet, Leuchtraketen flogen auf den Rasen, Böller knallten. Schiedsrichter Benjamin Cortus unterbrach das Spiel für wenige Minuten. Die Chaoten aber zündelten weiter.
Irgendwann stapfte Trainer Pal Dardai quer über den Rasen Richtung eigener Fans, um die Wogen zu glätten. Auch Fanliebling Jessic Ngankam versuchte sein Glück – und tatsächlich beruhigte sich der Gästeblock. Vorübergehend. Im Laufe des Spiels flogen immer wieder Knallkörper.
Dabei hatte auch das Geschehen auf dem Rasen Unterhaltungspotenzial. Zumindest in der zweiten Hälfte. die Niedersachsen kämpften um die Europa League, die sie schließlich nicht erreichten. Und Hertha hielt tatsächlich mit. Das war vor allem Jung-Keeper Tjark Ernst zu verdanken, dem Trainer Dardai zu seinem Bundesliga-Debüt verhalf. Der 20-Jährige parierte mehrfach stark (6./9./31./49./52.). „Weltklasse“ befand Teamkollege Florian Niederlechner.
Klemens feiert Bundesliga-Debüt in der Startelf
Ernst bereitete so den Weg, um das Spiel noch zu drehen. Ibrahim Maza glich mit seinem ersten Bundesliga-Tor nach Flanke von Lucas Tousart aus – 1:1 (55.). Der 17-Jährige ist damit Herthas jüngster Torschütze der Klubgeschichte.
Dann verwertete Marco Richter nach einem vermasselten Freistoß den Abpraller mit einem sehenswerten Distanzschuss zum 2:1 (68.). „Hätten wir dieses Gesicht früher gezeigt, wären wir jetzt nicht so traurig“, erklärte Trainer Dardai. „Dieses Spiel nehmen wir für die Moral mit. Das war auch schön für die Jugendspieler.“
Neben Maza und Ernst feierte Pascal Klemens (18) sein Bundesliga-Debüt – direkt in der Startelf. Später durfte auch Tony Rölke (20) ein paar Minuten Profi-Luft schnuppern. „Das ist der Hertha-Weg“, bilanzierte Dardai. Auf genau diesem geht es am 26. Juni weiter – mit der ersten Trainingseinheit in Vorbereitung auf die Zweite Liga.
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