Berlin. Hertha BSC kommt nicht zur Ruhe. Sportlich steckt die Mannschaft von Trainer Pal Dardai in höchster Abstiegsnot, am Freitag (20.30 Uhr, DAZN) geht es zum 1. FC Köln. Nun kracht es auch noch in der Führungsetage des Berliner Fußball-Bundesligisten, nachdem mit Ingmar Pering das langjährige Präsidiumsmitglied mit sofortiger Wirkung zurückgetreten ist.
„Ich bin zurückgetreten, nachdem in letzter Zeit bei Hertha BSC zu viele Fehler und Pannen aufgetreten sind und ich das Gefühl habe, dass mein Rat und meine Vorschläge nicht mehr ausreichend gehört werden. Daraus habe ich jetzt meine Konsequenzen gezogen“, wird Pering in der „Bild“ zitiert.
Hertha drückte am Nachmittag in einer Klubmitteilung Bedauern über die Rücktrittserklärung aus: „Das Präsidium war nach den Wahlen im vergangenen Sommer zuversichtlich, die laufende Legislaturperiode in der von den Mitgliedern auf der Mitgliederversammlung im Juni 2022 gewählten Besetzung gemeinsam erfolgreich zu meistern. Darüber bestand noch bis zuletzt Einigkeit unter allen Mitgliedern des Gremiums.“
Hertha BSC ändert Tagesordnung zur Mitgliederversammlung
Wenige Tage vor der ordentlichen Mitgliederversammlung des Klubs am Sonntag (11 Uhr, Messehalle 18) hat das Schlusslicht der Bundesliga noch eine Baustelle mehr. Die nun vakante Stelle von Pering muss nachbesetzt werden, damit das Präsidium wieder satzungsgemäß mindestens sieben Mitglieder hat.
Die Problematik wurde deshalb kurzfristig auf die Tagesordnung für die Versammlung genommen, „um dort gemeinsam mit den Mitgliedern über die Optionen einer Nachwahl in einer außerordentlichen oder der nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung zu diskutieren“.
Perings Rücktrittsschreiben an das Präsidium und den Aufsichtsrat ist nicht weniger als eine Generalabrechnung mit der Führungsetage um Klubchef Kay Bernstein. „In der zentralen Frage der Finanzen haben wir katastrophal versagt“, heißt es dort.
Pering wirft Hertha-Präsident Bernstein „völlige Fehleinschätzung“ vor
Der Rechtsanwalt bezieht sich dabei auf die Ära des alten Präsidiums um Werner Gegenbauer als auch auf die Zeit seit der Wahl von Bernstein im Juni vergangenen Jahres. Man habe „auf die Zusagen von Werner Gegenbauer und Ingo Schiller (damals Finanzchef, d. Red.) vertraut, dass die Finanzierung noch ein Jahr sicher sei, als sie gegangen sind“, wird Pering beim „Kicker“ zitiert. Das derzeitige Hertha-Präsidium habe entweder die „Aufgaben nicht richtig erfüllt oder wir wurden getäuscht“.
Zugleich wirft er Bernstein „eine völlig Fehleinschätzung“ der finanziellen Situation des Klubs vor. Bernstein hatte noch in einem „Kicker“-Interview Ende 2022 erklärt: „Wir haben keine Liquiditätsprobleme. Diese und die folgende Saison sind durchfinanziert.“
Zur Wahrheit gehört jedoch, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) den von Hertha gestellten Lizenzantrag für die kommende Spielzeit akribisch in Sachen Liquidität überprüft. Auch dass Pering die Misswirtschaft der Gegenbauer-Jahre als damaliges Präsidiumsmitglied mitzuverantworten hat, steht außer Frage.
Perings Verhältnis zu Klubchef Bernstein gilt als belastet
Den Einstieg des US-Investors 777 Partners bezeichnete Pering als „Fast-Ausverkauf ohne real aufgezeigte Alternativen“. Dies habe ihn „vor die unlösbare Aufgabe gestellt, noch Nein sagen zu wollen, aber zu wissen, dass es dann keine wirkliche Alternative zum wirtschaftlichen Kollaps und der Insolvenz gab.“
Bernstein und dem derzeitigen Präsidium wirft er vor: „Jetzt haben wir es nicht nur mit egoistischen und auf persönliche Vorteile bedachten Machtmenschen zu tun, sondern auch noch mit versammelter Inkompetenz.“ Pering, seit 2000 bei Hertha zunächst Mitglied im Beteiligungsausschuss und ab 2007 im Präsidium der Ära Werner Gegenbauer, wird ein angespanntes Verhältnis zum derzeitigen Klubchef Kay Bernstein nachgesagt.
Auch der von einem Hertha-Mitglied jüngst gestellte Abwahlantrag gegen das gesamte Präsidium habe zu Perings Entscheidung beigetragen. „Als es vor einem Jahr zum ersten Mal zu Abwahlanträgen gegen das ganze Präsidium kam, habe ich mir geschworen, dass ich so etwas kein zweites Mal in dieser Legislaturperiode mehr mitmache. Deshalb jetzt auch der Rücktritt“, so Pering.
Mehr über Hertha BSC Lesen Sie hier.