Berlin. Marc Kempf brummte der Schädel. Ein schmerzhaftes Kopfballduell hatte den Innenverteidiger von Hertha BSC kurz vor Spielende aus dem Tritt gebracht. Noch mehr Kopfschmerzen bereitete dem 28-Jährigen und seinen Teamkollegen allerdings das 0:3 (0:2) bei Eintracht Frankfurt, das der Berliner Fußball-Bundesligist am Sonnabend kassierte. Die vierte Niederlage in Folge.
Weil der VfL Bochum zeitgleich mit 5:2 bei der TSG Hoffenheim reüssierte, sind es für den Hauptstadtklub nun fünf Punkte Rückstand auf das rettende Ufer. Der vorletzte Platz (14 Zähler) scheint erst mal zum Dauerzustand zu werden. „Wir waren nicht bereit, nicht wach genug, haben die entscheidenden Duelle verloren“, erklärte ein sichtlich genervter Marco Richter. „Wir müssen langsam aufwachen und punkten.“
Hertha BSC hat gegen spielfreudige Eintracht keine Chance
Dass die Aufgabe beim Europa-League-Sieger nach einer turbulenten Woche mit dem Aus von Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic, dem Amtsantritt von Sportdirektor Benjamin Weber und dem letzten Tag des Wintertransferfensters eine echte Herausforderung wird, war allen Beteiligten klar. Galt aber nicht als Ausrede.
„Wir müssen das Vertrauen zurückgewinnen“, hatte auch Sportdirektor Weber vor der Partie noch erklärt. Ein Vorhaben, das die Mannschaft ganz offensichtlich vertagte. Der Auftritt in Frankfurt ließ wenig Raum für Hoffnung auf einen Befreiungsschlag im Abstiegskampf. Weder kurzfristig noch im Laufe der kommenden Wochen.
Die Eintracht zeigte eine der besten Saisonleistungen, schnürte Hertha von der ersten Sekunde an rund um den eigenen Strafraum ein und demonstrierte einen Klassenunterschied, der aus Sicht der Berliner gern weniger deutlich hätte ausfallen können. 35 zu 65 Prozent Ballbesitz, 0:2 Tore – der Status quo zur Halbzeit spiegelte die Kräfteverhältnisse schonungslos wider. Wie es wieder einmal so weit kommen konnte? Durch Frankfurts Randal Kolo Muani.
Niederlechner feiert sein Startelf-Debüt, Cigerci wird eingewechselt
In der 20. Minute verursachte Filip Uremovic einen Elfmeter. Der kroatische Innenverteidiger touchierte Kolo Muani an der Wade, griff ihm auch an die Schulter. Schiedsrichter Robert Hartmann zeigte sofort auf den Punkt. Und Kolo Muani? Trat selbst an und verwandelte zum bis dahin längst überfälligen 0:1 (21.).
Knapp sieben Minuten später war der Franzose erneut zur Stelle, als der Angreifer nach Vorarbeit von Jesper Lindström zwischen Jonjoe Kenny, nach überstandener Gehirnerschütterung für den verletzten Peter Pekarik als Rechtsverteidiger zurück, und Uremovic durchschlüpfte und unbehelligt einnetzte (28.).
Hertha brachte offensiv in der ersten Hälfte wenig bis gar nichts zustande. Stürmer Florian Niederlechner, der in Abwesenheit des verletzten Wilfried Kanga (Zeh) sein Startelf-Debüt im Hertha-Trikot gab, bekam kaum einen Ball vor die Füße.
Umso mehr brauchte es nach dem Doppelschlag eine Reaktion. Zur zweiten Hälfte schickte Trainer Schwarz gleich dreifach frisches Personal auf den Rasen. Maximilian Mittelstädt (für Kenny), Jessic Ngankam (für den wirkungslosen Dodi Lukebakio) und (für Jean-Paul Boetius) Tolga Cigerci, der nur vier Tage nach seinem Wechsel zu seinem ersten Einsatz kam, sollten den lethargischen Auftritt der Blau-Weißen beleben.
Einwechslung von Ngankam bringt etwas mehr Betrieb
Die Konsequenz: Hertha stellte auf Dreierkette um, Mittelstädt und Richter als vorgezogene Außen. Ein Konstrukt, das tatsächlich zu etwas mehr Betrieb in der Berliner Offensive führte. Ngankam versuchte es (51.), war aber gegen Eintracht-Keeper Kevin Trapp einen Schritt zu spät. Auch die Unruhe im Frankfurter Strafraum nach einem Freistoß von Marvin Plattenhardt brachte nichts Zählbares (52.).
Stattdessen lag der Ball gleich zweimal kurz hintereinander im Netz des Hauptstadtklubs. Erst liebäugelte Kolo Muani mit einem Dreierpack, wurde aber vom Linienrichter wegen Abseits zurückgepfiffen (55.). Die gleiche Entscheidung vier Minuten später, als Tuta den Ball einschob (59.).
Herthas Offensivbemühungen bleiben ohne Wirkung
Zwei vermeintliche Gegentore, die Hertha zwar aufrüttelten. Doch weder Ngankam (62. und 90.+1) noch Cigerci (83.) hatten die nötige Portion Treffsicherheit. Glück auf der anderen Seite: Mario Götze fand erst in Oliver Christensen seinen Meister (85.) und schoss den Ball dann nur Zentimeter neben den Pfosten (86.).
Das 0:3 durch Aurelio Buta (90.+4) – kurz nach dem schmerzhaften Zusammentreffen von Kempf und Lucas Alario – wurde beinahe zur Nebensache. Und so bleibt wieder nicht viel anderes übrig, als die positiven Tendenzen aus Hälfte zwei mit zurück nach Berlin zu nehmen. Offensive Ansätze, die zumindest ein bisschen Selbstvertrauen geben könnten. Zweikampfverhalten, das im Tabellenkeller die Grundvoraussetzung sein muss. Ein Funken Lebendigkeit, den das Team bis zum Heimspiel am kommenden Sonntag gegen Mönchengladbach (15.30 Uhr, Sky) dringend bewahren muss.
Mehr über Hertha BSC lesen Sie hier.