Berlin. Hertha BSC spielt 2:2 gegen Leverkusen, macht einen Schritt voran, hadert aber mit dem Schiedsrichter.

Es gab eine Menge Redebedarf. Schiedsrichter Benjamin Brand hatte seine Pfeife nach Schlusspfiff noch nicht ganz aus dem Mund genommen, da standen schon drei Spieler von Hertha BSC um ihn herum. Der Grund: die 82. Minute. „Für mich war es ein Elfmeter“, erklärte Jean-Paul Boetius, der am Sonnabendnachmittag im Mittelpunkt des Geschehens gestanden hatte.

Der Mittelfeldspieler des Berliner Fußball-Bundesligisten hatte die große Chance zur Führung, als Bayer Leverkusens Odilon Kossounou den Ball kurz vor Torlinie mit dem ausgestreckten Arm ablenkte. Ein Pfiff blieb aus. „Die Leute in Köln haben es sich auch angeschaut“, sagte Boetius nach dem Spiel und erklärte damit die Pause, die kurz danach entstanden war.

Hertha BSC versteht Entscheidung des VAR nicht

Videoassistent Matthias Jöllenbeck sah aber keinen Handlungsbedarf. „Ich habe wenig Verständnis dafür“, sagte Herthas Trainer Sandro Schwarz. Boetius ergänzte: „Wenn der Arm draußen ist, dann ist der Arm draußen. Er ist kein Torwart und deshalb darf er seine Hand nicht nutzen.“

Das Fazit eines durchaus launigen Fußball-Nachmittags fiel deshalb reichlich dürftig aus. „Zwei verlorene Punkte“, meinte Boetius über das 2:2 (1:1) gegen Leverkusen. „Ich habe das Gefühl gehabt, dass wir besser waren als Leverkusen.“

Ein Gefühl, das Chefcoach Schwarz bestätigte. „Das war ein guter Schritt in unserer Entwicklung“, sagte der 43-Jährige. „Wir haben es hinten raus nur nicht hinbekommen, das Spiel komplett auf unsere Seite zu ziehen.“

Beide Teams liefern ein munteres Spiel

Dennoch war diese Partie gegen Leverkusen genau das, was man so lange im Olympiastadion vermisst hatte: ein munteres Spiel, mit Chancen auf beiden Seiten und einem leichten Plus für die Männer in Blau-Weiß. Hertha hatte das Spiel im Griff, erarbeitete sich hochkarätige Möglichkeiten. Die Beste: weite Flanke von Dodi Lukebakio über Bayer-Keeper Lukas Hradecky, Wilfried Kanga an den Pfosten (37. Minute).

So nah dran an seinem ersten Treffer war der Stürmer seit seinem Wechsel nach Westend noch nicht gewesen. Überhaupt wirkte der Franzose ein wenig angepikst, als würde ihm seine Torflaute gehörig auf die Nerven gehen. Schon kurz nach Anpfiff versuchte er es per Kopf (4.), später kam er einen Schritt zu spät, nachdem Marvin Plattenhardt den Ball per scharfer Flanke in den Strafraum befördert hatte (18.).

Dass die Kugel nicht im eigenen Netz zappelte, war Oliver Christensen zu verdanken. Herthas Nummer eins verhinderte mit einem starken Reflex gegen Adam Hlozek den Rückstand (26.), hatte auch schon geklärt, als sich Patrik Schick per Kopf im Berliner Strafraum vorstellte (11.).

Hertha BSC kommt nach einem Rückstand zurück

Szenenapplaus von den mit 40.643 Zuschauern besetzten Rängen motivierte die Mannschaft, auch Trainer Schwarz klatschte immer wieder lobend – motzte aber auch mindestens genau so viel. Nach dem ersten Sieg der Saison in der Vorwoche gegen Augsburg sollten eben die nächsten drei Punkte folgen.

Und kurz nach der Pause schien der Weg erst fast geebnet – und dann ziemlich steinig. Nach wildem Ping-Pong im Leverkusener Strafraum fiel der Ball Suat Serdar vor die Füße, der an Hradecky vorbei einnetze (47.), der Linienrichter aber wedelte sofort mit der Fahne – Abseits. Im Gegenzug gab es auf der anderen Seite Freistoß für Bayer. Kerem Demirbay trat an und zirkelte den Ball sehenswert aus gut 18 Metern ins obere rechte Eck (49.) zum 0:1.

Schwarz schaute drein, als würde er auf einem besonders sauren Gummibärchen rumbeißen und schickte seine Mannschaft gleich wieder nach vorn. Bloß nicht den Glauben verlieren, sich belohnen – sollte das Credo sein.

Marco Richter erzielt ein Traumtor

Und es dauerte tatsächlich nur sechs Minuten, bis es so weit war. Kanga marschierte über die rechte Seite, legte ab ins Zentrum auf Ejuke, der den besser positionierten Serdar sah. Herthas Mittelfeldmann versenkte die zielgenaue Vorlage schnörkellos zum Ausgleich (55.).

Als sich Marco Richter dann auch noch mit einem wuchtigen Schuss aus knapp 30 Metern für die Wahl zum Tor des Monats bewarb und das 2:1 erzielte, schien es ein perfektes Heimspiel zu werden (74.). Die blau-weiße Jubeltraube wollte sich gar nicht wieder auflösen, so erleichtert waren die Berliner.

Allerdings verging auch diesmal nicht viel Zeit, bis das nächste Tor auf der anderen Seite fiel. Filip Uremovic ließ sich von Ex-Unioner Robert Andrich abkochen und Schick hatte auf Höhe des Elfmeterpunktes keine Probleme, den Ball einzuschieben (79.) – 2:2.

Ein Spiel, das gut und gern auch 5:5 hätte ausgehen können, endete so mit gemischten Gefühlen. Am kommenden Freitag hat Hertha die Chance, es in Mainz besser zu machen.

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