Orlando/Berlin. Neues Jahr, neue Chancen: Im Trainingslager in Orlando/Florida wird der Konkurrenzkampf bei Hertha BSC frisch entfacht. Nicht nur Zugang Santiago Ascacibar will sich einen Platz in der Startelf sichern, auch frühere Stammkräfte wie Vedad Ibisevic oder Niklas Stark möchten sich zurück in die Anfangsformation spielen. Ein Überblick.
Angriff
Es rumort in Vedad Ibisevic. Herthas Kapitän ist für seinen Ehrgeiz bekannt, der 35-Jährige ist Stürmer durch und durch – das Benzin, das ihn antreibt, sind Tore. Das Problem: Zuletzt bekam er keine Chance mehr zu treffen, nicht mal als Joker.
In seiner langen Karriere hat der Bosnier schon viele schwierige Phasen durchgemacht, Verletzungen, Durststrecken oder Bankdrücker-Perioden. Meist hat er dann geduldig auf seine Chance gelauert und irgendwann wieder getroffen, doch momentan bekommt die Geduldsprobe grenzwertige Züge. Einerseits, weil Ibisevics Vertrag im Sommer ausläuft und er auch um seine Zukunft spielt; zum anderen, weil die, die den Vorzug erhalten, keine Tore schießen.
Jürgen Klinsmann wird zwar nicht müde, Ibisevics Bedeutung als Anführer zu betonen, doch Angreifer Nummer eins ist für den Schwaben ein anderer. Tatsächlich passt Davie Selke mit seinem Tempo besser zum Berliner Konterstil, nur trifft der 24-Jährige nicht. Seine Bilanz: 17 Spiele, ein Tor, eine Vorlage. Deutlich effizienter zeigt sich Altmeister Ibisevic (zwölf Spiele, drei Tore, ein Assist), trotzdem musste er in den jüngsten beiden Spielen zuschauen. Stattdessen durfte Einwechselspieler Pascal Köpke (24) zeigen, dass er auf Bundesliga-Niveau helfen kann. Nachhaltig aufgedrängt hat er sich dabei nicht.
Mittelfeld
Mit Santiago Ascacibar ist der eine Wunschspieler fürs Zentrum schon da. Bei dem noch stärker umgarnten Granit Xhaka vom FC Arsenal verdichten sich indes die Zeichen, dass ein Wechsel platzt. „Ich denke, dass er bleiben wird“, sagte „Gunners“-Trainer Mikel Arteta zuletzt, der Schweizer habe ihm dies versichert.
Konkurrenz gibt es im Berliner Mittelfeld auch ohne Xhaka zuhauf. Um den defensiven Part bewerben sich der für gut zehn Millionen Euro aus Stuttgart geholte Ascacibar (22) und Routinier Per Skjelbred (32), der Herthas Spiel vor Weihnachten spürbar stabilisiert hat.
Für die offensivere Ausrichtung stehen Marko Grujic und Eigengewächs Arne Maier zur Verfügung. Vor allem Maiers Situation wird dabei spannend zu beobachten sein, gilt der U21-Nationalspieler doch als eines der größten Talente des Landes. Nach seiner Knieverletzung musste sich der Rechtsfuß jedoch gedulden, er sammelte zunächst Spielpraxis bei der U23, saß danach bei den Profis auf der Bank. „Arne wird auf jeden Fall eine Chance bekommen“, kündigt Klinsmann an, doch auch Grujic verfolgt ehrgeizige Ziele. Er will sich für den Kader seines Stammvereins FC Liverpool empfehlen.
Klarer ist das Kräfteverhältnis im offensiven Mittelfeld. Spielmacher Ondrej Duda ist zwar mit in die USA gereist, steht aber vor einem Wechsel - somit ist der formstarke Vladimir Darida derzeit konkurrenzlos. Auf den Außenbahnen sind die schnellen Dodi Lukebakio und Javairo Dilrosun gesetzt, Sommerzugang Marius Wolf kam zuletzt als Joker. Ob die BVB-Leihgabe länger Blau und Weiß tragen wird als bis zum Sommer, wird sich zeigen müssen. Die Kaufoption für Wolf hat es mit kolportierten 20 Millionen Euro in sich.
Abwehr
Im Zentrum haben sich Karim Rekik und Dedryck Boyata eingespielt, für den talentierten Jordan Torunarigha und Nationalspieler Niklas Stark blieb im alten Jahr nur die Reservistenrolle. Das wird vor allem Stark schleunigst ändern wollen, möchte er doch um ein EM-Ticket kämpfen. Dafür muss sich der Vizekapitän steigern – oder darauf hoffen, dass Klinsmann auf eine Dreierkette setzt. Nach den positiven Ergebnissen mit Viererkette deutet darauf jedoch wenig hin.
Statt Stark trug die Binde zuletzt Linksverteidiger Marvin Plattenhardt. Klinsmann schenkt dem WM-Teilnehmer von 2018 viel Vertrauen und bekommt im Gegenzug solide Defensivarbeit. Maximilian Mittelstädt hat als Alternative einen schweren Stand.
Hinten rechts hat Lukas Klünter die Nase vorn, allein schon aufgrund seines enormen Tempos. Routinier Peter Pekarik (33) ist im Vergleich chancenlos, der Slowake stand letztmals Mitte April auf dem Feld. Falls es einen Klünter-Vertreter braucht, dürfte Wolf den Vorzug bekommen.
Tor
Rune Jarstein (35) ist die klare Nummer eins. Ersatzkeeper Thomas Kraft muss krankheitsbedingt auf den USA-Trip verzichten, im Sommer dürfte er Hertha dann endgültig verlassen. Für die Zukunft planen die Berliner mit der aktuellen Nummer drei Dennis Smarsch (20) sowie dem an Zweitligist VfL Osnabrück ausgeliehenen Nils Körber (23). Der neue Torwarttrainer Max Steinborn (31), bislang für die Keeper der U23 verantwortlich, füllt sein Torhüterteam in Florida zudem mit Luis Klatte (19) auf.