Berlin. Wenn es in den vergangenen Wochen zwischen Granit Xhaka (27) und Hertha BSC eine Analogie gibt, dann die, dass alles anders gekommen ist, als man es sich gedacht hatte. Xhaka begann die Saison beim FC Arsenal in London als wichtige Stütze und Kapitän, aber nach einem Streit mit den eigenen Fans ist er nicht nur seine Führungsrolle los, sondern bekommt auch kaum noch Gelegenheit, auf dem Spielfeld zu glänzen. Im Herbst hatte er die Anhänger bei einer Auswechslung provoziert, seitdem ist der Schweizer bei Arsenal zur Persona non grata geworden.
Zu dieser Zeit wurde Hertha BSC noch von Ante Covic trainiert, doch auch der ist inzwischen in dieser Rolle Geschichte. Covic, der im Klub zuvor zehn Jahre im Nachwuchs arbeitete, sollte die Mannschaft in höhere Tabellenregionen führen, was misslang. Investor Lars Windhorst ließ Hertha daher nach viel Geld auch einen prominenten Trainer zukommen, Jürgen Klinsmann.
Gegner Gladbach kämpft um die Herbstmeisterschaft
Dass diese beiden Hinrundengeplagten, Xhaka und Hertha, nun zusammenfinden könnten, ist vor diesem Hintergrund nicht etwa logisch, sondern viel mehr Ausdruck der gestiegenen Ansprüche des Berliner Bundesligisten. Die Schweizer Zeitung „Blick“ berichtet, dass Hertha dem FC Arsenal ein konkretes Angebot gemacht hätte.
Der Nationalspieler gehört zu der Kategorie Fußballer, die sich bis vor Kurzem höchstens für einen Städtetrip nach Berlin verirrt hätten. Vor dreieinhalb Jahren verließ er die Bundesliga und Borussia Mönchengladbach gegen eine Ablöse von 45 Millionen Euro. Jene Gladbacher, die am Sonnabend die Hinrunde im Berliner Olympiastadion bei Hertha BSC beschließen und dabei Herbstmeister werden wollen (18.30 Uhr, Sky). Nun soll Xhaka Herthas erste Verstärkung für den Winter sein.
Nach Kalou äußert auch Duda seinen Unmut
Mit einer ähnlichen Geschwindigkeit, in der die Gladbacher während der Hinrunde die Bundesliga mit ihrem kraftvollen Stil verzückten, stellen die Berliner gerade die Weichen für die Zukunft. Manager Michael Preetz wollte die Personalie Xhaka nicht kommentieren, sagte aber, dass sich in Sachen Transfers einiges tun könnte im Winter.
„Wir schauen uns natürlich um, und es ist auch denkbar, dass es sowohl auf der Ab- als auch Zugangsseite zu Veränderungen kommen kann. Wenn sich Gelegenheiten ergeben, wollen wir vorbereitet sein“, sagte Preetz. Spieler werden den Klub verlassen, so viel gilt als sicher. „Aufgrund dessen, dass der Kader momentan größer ist als ideal, kommt nun der Moment, wo es schon schwer ist, 20 Mann für den Spieltag zu benennen“, sagt Trainer Jürgen Klinsmann.
Spieler, die unter seiner Führung kaum Beachtung erfuhren, gelten als potenzielle Kandidaten für einen Wintertransfer. Vor allem Ondrej Duda (25) und Salomon Kalou (34), vergangene Saison noch tragende Säulen, äußerten zuletzt ihren Unmut.
Bei Arsenal verdient Xhaka rund 8,5 Millionen Euro pro Jahr
Sie alle stehen für die Hertha-Version der Vor-Windhorst-Ära. Merkmal dieser Zeit war ein ausgeglichenes Gehaltsgefüge unter den Berliner Profis. Etwas, das Manager Preetz in der Vergangenheit sehr wichtig war und was sich laut eigener Aussage auch in Zukunft nicht ändern soll. „Uns ist viel, viel Geld zugeflossen“, sagt Preetz mit Hinblick auf die 224 Millionen Euro, die Windhorst in den vergangenen Monaten investiert hat. „Trotzdem muss es die Aufgabe sein, dass große Ganze im Blick zu haben. Da spielt das Gehaltsgefüge natürlich eine Rolle.“
Die Frage ist nur, wie Preetz das in Zukunft bewerkstelligen will. Xhaka, Marktwert rund 30 Millionen Euro, soll bei Arsenal um die 160.000 Euro verdient haben – pro Woche. Macht ein Jahresgehalt von knapp 8,5 Millionen Euro. Zum Vergleich: Bei Hertha kommen die Topverdiener nicht mal auf die Hälfte dieser Summe.
In London spielte er bei einem international angesehenen Spitzenklub um Titel, im Mai stand Arsenal im Finale der Europa League gegen Chelsea. Trotz aller Ambitionen wird Hertha in diese Regionen so schnell nicht vordringen.
Maier oder Löwen als Ersatz für Grujic
Eine Verschlechterung der sportlichen Perspektive nehmen Spitzensportler in der Regel nur gegen ein üppiges Gehalt in Kauf. Dass Xhaka von der gleichen Agentur vertreten wird wie der langjährige Herthaner Fabian Lustenberger, dürfte in Sachen Gehaltsforderungen des Spielers kaum ein Vorteil für Hertha sein.
Sollte der Wechsel zustande kommen, verbessert sich Hertha auf der Position im defensiven Mittelfeld enorm. Am liebsten würde Klinsmann Xhaka vermutlich schon gegen Gladbach aufstellen, dort fehlt ihm Marko Grujic wegen einer Sperre. Als Ersatz kommen Eduard Löwen oder Arne Maier infrage.
Für Gladbach, lange Zeit selbst an der Spitze und aktuell Zweiter, geht es im Fernduell mit Tabellenführer RB Leipzig um die Herbstmeisterschaft. Hertha könnte vor erhofften 50.000 Zuschauern aktiv ins Titelrennen eingreifen. Das wäre ganz nach dem Geschmack der Berliner Verantwortlichen. Zumindest so lange, bis Hertha selbst ganz vorn mitmischt. Dann mit Spielern wie Granit Xhaka.