Berlin. Allzu hoch geht es für Hertha dieses Jahr nicht hinaus – zumindest was das Trainingslager in Österreich betrifft. In den vergangenen Jahren hatten die Berliner ihr Camp noch auf 750 Metern Höhe in Schladming aufgeschlagen. Am heutigen Mittwoch geht es hingegen nur auf 260 Meter, dafür jedoch weit in den Osten der Alpenrepublik. Das Ziel des Fußball-Bundesligisten: Stegersbach im Burgenland, nahe der ungarischen Grenze.
Ante Covic (43) hat sich für den neuntägigen Trip viel vorgenommen. „Es wird viel um Zweikampfführung gehen“, erklärte der neue Chefcoach, „außerdem werden wir in vielen kleinen Spielformen das Über- und Unterzahlspiel üben.“
Tests gegen Fenerbahce und West Ham
Hinzu kommen zwei Tests. Schon am Donnerstag (17.30 Uhr) spielen die Berliner gegen Fenerbahce Istanbul, ehe es zum Abschluss gegen West Ham United geht (Mittwoch, 31. Juli, 18 Uhr). „Wir haben bewusst zwei sehr gute Gegner gesucht, um das, was wir in der Vorbereitung einstudieren, unter hohem Wettkampfdruck abzurufen“, sagte Covic.
Das Fußballspielen rückt in Stegersbach klar in den Vordergrund. Dennoch: Ohne Konditionsdrill wird es auch in Österreich nicht gehen. „Die längeren Läufe haben wir hinter uns“, mutmaßte Abwehrchef Niklas Stark und grinst, „das hoffe ich jedenfalls.“
Stattdessen werden die Profis zunehmend an ihrer Spritzigkeit und Explosivität feilen, schließlich wollen Covic und sein Trainerteam das Tempo im Hertha-Spiel forcieren. Einerseits physisch, vor allem aber in puncto Handlungsschnelligkeit.
Nur 23 Feldspieler fliegen mit ins Burgenland
„Dem Trainer geht es um viele Details, die man nicht auf den ersten Blick sieht“, erklärte Stark. Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit dem ersten Ballkontakt. Wie steht der Spieler bei der Ballannahme? Auf welchem Fuß wird er angespielt? Wie verarbeitet er das Zuspiel weiter? „Das sind Dinge, die uns jetzt langsam ins Blut übergehen müssen“, sagte Stark. Es geht an den Feinschliff.
Doch wer wird überhaupt die Chance bekommen, die nächsten Schritte zu gehen? Auf dem Schenckendorffplatz trainierten die Profis zuletzt mit 27 Feldspielern – zu viele für ein Trainingslager. Der Coach möchte den Kader auf 23 Feldspieler plus drei Torhüter eindampfen, also muss er erste Entscheidungen treffen. Zumindest zwei Spieler haben ihm in dieser Hinsicht Arbeit abgenommen. Mittelfeldtalent Julian Albrecht (17) fällt derzeit verletzt aus, zudem wird voraussichtlich auch Abwehr-Routinier Peter Pekarik (32, Wadenprobleme) in Berlin bleiben.
Es trifft vor allem die junge Garde
Von den verbliebenen Akteuren wird es wohl die junge Garde treffen. Palko Dardai (20) und Maurice Covic (21) sollen ohnehin verliehen werden. Muhammed Kiprit (20) wäre Stürmer Nummer fünf. Mittelfeldspieler Sidney Friede (21) und Innenverteidiger Florian Baak (20) haben ebenfalls mit extremer Konkurrenz zu kämpfen, und Flügelspieler Dennis Jastrzembski (19) konnte in der Vorbereitung bislang nicht überzeugen. Sie alle wären Kandidaten für die U23.
Offiziell will Covic am heutigen Mittwoch bekanntgeben, wer im Kader bleibt. Wie die „B.Z. online“ am späten Dienstagabend berichtete, sollen tatsächlich Julian Albrecht, Peter Pekarik, Palko Dardai und Muhammed Kiprit auf der Streichliste stehen, zudem Florian Baak (20) und Dennis Jastrzembski.
Mehr Bewegung im Spiel ohne Ball
Die, die in Österreich dabei sind, werden derweil Covics Spielidee verinnerlichen müssen. Einige seiner Ansätze waren am Dienstagvormittag beim vorerst letzten Training in Berlin zu beobachten. Als der Spielaufbau stockte, unterbrach der Kroate: „Die Angreifer müssen Läufe in die Tiefe machen, damit wir den Gegner auseinander ziehen“, forderte er. Wie das aussehen soll, zeigte sich kurz darauf. Während sich Stürmer Vedad Ibisevic weit in die eigene Hälfte absinken ließ, startete Teamkollege Javairo Dilrosun in die Spitze. Beide zogen ihre Gegenspieler mit sich und schufen so Platz für den eigentlichen Spielzug. Der Pass aus der Innenverteidigung landete auf dem rechten Flügel – freie Bahn. Noch aber ist Covic das Spiel ohne Ball oft zu statisch.
Zugang Löwen sucht noch seinen Platz im Team
Zu tun gibt es auch sonst genug. Die U21-Nationalspieler Arne Maier und Maximilian Mittelstädt, die erst Ende vergangener Woche zum Team gestoßen sind, müssen konditionell aufholen, genau wie Zugang Daishawn Redan. Am Mittwoch war Maier die Anstrengung beim Rundendrehen deutlich anzusehen, seine Werte sind jedoch im Soll. „Wir sind erst vier Tage dabei“, sagte das 20 Jahre alte Ausnahmetalent, „aber ich habe mein Tagesziel erreicht.“
Sein neuer Kollege Eduard Löwen (22) hinterließ schon einen etwas frischeren Eindruck, wird seinen Platz im Team aber erst finden müssen. „Edu braucht noch etwas Zeit, um sich zu akklimatisieren“, betonte Covic. Noch hat er nicht entschieden, wie und wo er den flexiblen Sieben-Millionen-Euro-Zugang einsetzen will.
Nicht zuletzt wird es darum gehen, eine starke erste Elf und das dazu passende System zu finden. Damit es für Hertha in der Saison dann doch etwas höher hinaus geht als zuletzt.