Mönchengladbach. Arne Friedrich spielt schon lange kein Fußball mehr. Die Karriere beendete der ehemalige Nationalspieler 2013. Noch länger liegt seine Zeit bei Hertha BSC zurück (bis 2010). Allein das verdeutlicht die Dimension, die Hertha beim Sonnabend mit dem 3:0 (1:0) bei Borussia Mönchengladbach gelang. Friedrich war bis zu diesem Tag der letzte Kapitän, der ein aus Gladbach erfolgreich heimkehrendes Berliner Team anführen durfte. Im September 2008 war das.
Dieses Glücksgefühl durfte nun Salomon Kalou für sich beanspruchen und da passte es ganz vortrefflich, dass er höchstpersönlich den Erfolg auf den Weg brachte. Der Ivorer erzielte nach einem spektakulären Dribbling das erste Tor bei diesem unerwarteten Auswärtssieg.
„Das ist ein unglaubliches Ergebnis gegen eine der besten Mannschaften in der Bundesliga. Niemand hat das erwartet, erst recht nicht mit drei Toren Unterschied“, freute sich Mittelfeldspieler Marko Grujic. Trainer Pal Dardai verfiel ebenfalls in Superlative. „Ich glaube nicht, dass wir schon so ein Spiel gezeigt haben in meiner Zeit.“ Vor allem die Art, wie seine Elf die Konter ausspielte, imponierte ihm.
Auch für Gladbach hatte die Niederlage historische Dimensionen. Mit einem Sieg hätte die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking den 35 Jahre alten Klubrekord von zwölf gewonnenen Heimspielen aus der Spielzeit 1983/84 auf saisonübergreifend dreizehn verbessert. In dieser Saison hatten die Borussen alle neun Heimspiele für sich entschieden, bei einem Torverhältnis von 25:3.
Nun gab es allein gegen Hertha die gleiche Anzahl an Gegentoren. „Wir hatten seit 2008 nicht mehr in Gladbach gewonnen. Darüber haben wir in der Kabine gesprochen, das war ein Anreiz“, sagte Stürmer Davie Selke, der an zwei Treffern beteiligt war.
Auch Spielmacher Duda an zwei Treffern beteiligt
Besser ins Spiel waren allerdings die Gladbacher gekommen. Gleich zu Beginn besaßen sie durch Alassane Pléa (6.), Lars Stindl (14.) und Michael Lang (21.) hervorragende Möglichkeiten. Hertha hatte da aber bereits angedeutet, dass mit dem Team diesmal rechnen ist. Nach einem Eckball war Kalou völlig frei am zweiten Pfosten zum Kopfball gekommen, traf aber nur das Außennetz (13.).
Gladbach agierte nach dieser Situation deutlich vorsichtiger, Hertha hatte sich ersten Respekt verschafft. Die Berliner waren in den Zweikämpfen sehr präsent. Obwohl sie deutlich weniger Ballbesitz hatten, entschieden sie in der ersten halben Stunde mehr als die Hälfte aller direkten Duelle für sich. Mit einem enormen Laufpensum erschwerten sie den Gastgebern deren gewohnt sichere Ballzirkulation. Das war insofern erstaunlich, weil die meisten Berliner 120 anstrengende Pokal-Minuten gegen den FC Bayern in den Muskeln hatten. Neu in der Startformation waren im Vergleich zum Mittwoch Fabian Lustenberger, Jordan Torunarigha, Lukas Klünter und Davie Selke. Alle vier sollten großen Anteil am Auswärtssieg haben.
Vor dem ersten Tor war es der engagiert aufspielende Startelf-Debütant Klünter (22), der nach einem Konter mit einem geschickten Laufweg Kalou zwei Optionen bot: abspielen oder selbst gehen. Kalou entschied sich für Letzteres, dribbelte drei Gegenspieler aus und schob cool zum 1:0 ein (30.). In seiner zehnten Partie gegen Gladbach war es sein sechster Treffer. „Es sind einfach immer gute Spiele gegen Gladbach“, freute sich der 33-Jährige, „sie wollen auch nach vorne spielen, das liegt uns.“
Der zweite Berliner Treffer gehörte dann zum Großteil Selke (24). Von der Mittellinie sprintete er über den halben Platz und war mit Ball noch schneller als sein Verfolger Matthias Ginter. An der Grundlinie angekommen, behielt er die Übersicht, den mitgelaufenen Ondrej Duda zu bedienen, der das 2:0 markierte (56. Minute).
Weil aber Kalou nach feiner Vorarbeit von Selke und Duda völlig frei vor Gladbachs Torwart Yann Sommer die endgültige Entscheidung verpasste (66.), warfen die Gastgeber noch mal alles nach vorn. Spätestens beim überragenden Torunarigha, der fast jeden seiner Zweikämpfe gewann, war aber meist Schluss. Wirklich gefährlich kam Gladbach in der zweiten Hälfe nicht mehr vor Rune Jarsteins Tor.
Anders die Berliner. Nach einem Freistoß von Duda belohnte sich Selke in seinem 100. Bundesligaspiel für seinen grandiosen Auftritt und machte per Kopf das 3:0 (76.). „Wir wollten kontern, daher hat Selke statt Ibisevic gespielt“, sagte Dardai: „Davie hat das gut umgesetzt. Die Wege, die er gemacht hat, kann nur er mit seinen langen Beinen machen.“
Hertha hat nun sieben Punkte aus den vier Spielen in der Rückrunde geholt. Dardai blickte schon auf das Heimspiel am kommenden Sonnabend: „Jetzt kommt eine richtungsweisende Partie gegen Bremen. Wenn wir das schaffen, sieht es gut aus.“