Bundesliga

Hertha und Schalke - Zwei unter Spannung

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Der Vertrag von Schalke-Manager Christian Heidel (l.) läuft bis 2020. Als Nachfolger wird bereits Jonas Boldt (zuvor Bayer Leverkusen) gehandelt. Auch Trainer Domenico Tedesco steht in seiner zweiten Saison in der Kritik.

Der Vertrag von Schalke-Manager Christian Heidel (l.) läuft bis 2020. Als Nachfolger wird bereits Jonas Boldt (zuvor Bayer Leverkusen) gehandelt. Auch Trainer Domenico Tedesco steht in seiner zweiten Saison in der Kritik.

Foto: firo Sportphoto/Jürgen Fromme / picture alliance / augenklick/firo Sportphoto

Bei Herthas nächstem Gegner Schalke 04 wird der Ton zwischen Trainer und Manager rauer. Doch auch in Berlin gibt es Kontroversen.

Berlin.  Zur Überraschung der Journalisten blieb der Platz von Christian Heidel leer. Auf der Pressekonferenz am Mittwoch war der Manager von Herthas nächstem Gegner Schalke 04 weit und breit nicht zu sehen, und prompt geriet die Gerüchteküche mächtig unter Dampf. War’s das etwa schon für den 55 Jahre alten Strippenzieher bei Königsblau? Ist das Verhältnis zwischen ihm und Klub-Boss Clemens Tönnies etwa doch nicht so intakt, wie beide glauben machen möchten? Hat der Aufsichtsratschef nach der verkorksten Hinrunde womöglich erste Konsequenzen gezogen?

Nein, Heidel sei in geheimer Mission unterwegs, klärte Schalkes Pressesprecher auf, kein Grund zum Hysterie also, Freitagabend im Olympiastadion (20.30 Uhr) werde er wie gewohnt auf der Bank sitzen. Vielsagend waren die Reaktionen auf Heidels Fehlen trotzdem, künden sie doch davon, wie angespannt die Lage auf Schalke ist. Nach dem erfolgreichen, aber äußerst glanzlosen Rückrundenauftakt gegen Wolfsburg (2:1) bemühte sich Heidel zwar, die Gerüchte einzufangen, doch so recht gelingen wollte ihm das nicht.

Heidel und Tedesco schüren zunehmend Unruhe

„Es wird zwischen Clemens Tönnies und mir niemals ein Problem auftauchen“, sagte Heidel, „und nur teilweise zu unterstellen, er wäre sauer auf mich, ist wirklich komplett an den Haaren herbeigezogen.“ Erstaunlich absolute Aussagen für jemanden, der weiß, wie schnelllebig das Fußball-Geschäft ist.

Dass beim Tabellenzwölften enorme Unruhe herrscht, liegt allerdings nicht nur am Verhältnis zwischen Manager und Aufsichtsratschef, sondern auch am angespannten Draht zwischen Manager und Trainer. Als Coach Domenico Tedesco (33) am Sonntag Kapitän Ralf Fährmann (30) auf die Bank setzte, ging Heidel auf Distanz.

„Das ist die alleinige Entscheidung des Trainers“, betonte er. Eine Aussage, die Mittwoch einen zusätzlichen Beigeschmack bekam, als Tedesco auf den Winter-Abgang von Routinier Naldo (36) angesprochen wurde. „Das“, sagte der Coach, „ist sicherlich nicht meine Entscheidung gewesen.“ Harmonie hört sich anders an. Geschlossenheit auch.

Unterschiedliche Stoßrichtung bei Preetz und Dardai

Nun waren in Berlin dieser Tage ähnlich irritierende Töne zu vernehmen, wenngleich auf einer anderen Erregungsskala. Manager Michael Preetz (51) nahm Herthas Profis in die Pflicht, forderte zunächst eine bessere Rück- als Hinrunde, vor allem aber mehr Gier und Leidenschaft. Ein Appell, der sich auch an Trainer Pal Dardai (42) richtete, doch der antwortete bei nächstbester Gelegenheit mit einem rund vierminütigen Monolog. Man brauche das Saisonziel nicht hundertmal zu ändern, sagte der Ungar, und unnötigen Druck brauche es schon gar nicht. „Wenn es in der Rückrunde noch mal 24 Punkte werden, müssen wir eine Kerze anzünden.“ Es soll schon Trainer/Manager-Duos gegeben haben, die ihre Aussagen besser abgestimmt haben.

Dennoch: Der Druck auf die Entscheider ist in Gelsenkirchen ungleich größer als in Berlin. Tedescos Fußball hat nichts an Ansehnlichkeit gewonnen, dafür in der Hinserie aber an Effizienz verloren. Mit der Herabsetzung der Identifikationsfigur Fährmann geht er zudem nun ein ähnlich großes Risiko ein wie 2017, als er Weltmeister Benedikt Höwedes degradierte. Damals ging der Plan auf. Aber ob es wieder so kommt?

Wenig überzeugende Transferbilanz

Die Kritik an Heidel ist ebenfalls lauter geworden. In seinen drei Jahren auf Schalke hat er durch die Verkäufe von Leroy Sané (50 Millionen Euro, Man City) und Thilo Kehrer (37 Mio./PSG) zwar mehr als 110 Millionen Euro an Transfererlösen erzielt, gleichzeitig aber auch gut 145 Millionen investiert. Das Problem: Kostspielige Zugänge wie Sebastian Rudy (16 Mio.), Breel Embolo (26,5) oder Yevhen Konoplianka (12,5) sind bislang weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. In der aktuellen Wechselperiode fordert Tedesco: „Bevor es schnelle Transfers gibt, müssen es gute sein.“ Es bleibt kompliziert zwischen den beiden.

Gemessen daran gibt es in Berlin wenig zu meckern. Preetz hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der besten Einkäufer der Liga gemausert. Dardai ist mit seinem Team nie in Abstiegsnot geraten und hat in der Hinrunde angedeutet, dass er attraktiven Fußball spielen lassen kann. Spannungen sind trotzdem wahrzunehmen, nur weniger dramatisch als tief im Westen. Für beide Lager gilt: Um eine Zuspitzung zu vermeiden, wäre ein Erfolg am Freitag sicher hilfreich.