Bundesliga

Ondrej Duda ist Herthas Bessermacher

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Jörn Lange
Ein Slowake rockt das Berliner Olympiastadion: Mittelfeldspieler Ondrej Duda ist einer der Hauptgründe für Herthas Höhenflug

Ein Slowake rockt das Berliner Olympiastadion: Mittelfeldspieler Ondrej Duda ist einer der Hauptgründe für Herthas Höhenflug

Foto: Getty Images / City-Press/Getty Images

Dem Slowaken gelingt es endlich, die Berliner Offensive zu beleben – und das nicht nur durch seine Tore. Was steckt dahinter?

Berlin.  In Sachen Torjubel benötigt Ondrej Duda offenbar noch Nachhilfe. Nach seinen jüngsten Treffern im Olympiastadion warf er sich ekstatisch auf die Knie, um schwungvoll gen Eckfahne zu rutschen, doch der stumpfe Rasen stoppte den Mann mit dem scharfen Schuss abrupt. „Das kann ein Problem für seine Knie werden“, feixt Herthas erfahrenster Torjubler Salomon Kalou, der nach gut 200 Pflichtspieltreffern durchaus als Experte auf diesem Gebiet gelten darf. „Ich muss ihm mal etwas Neues zeigen“, sagt der Ivorer, „wir werden daran arbeiten.“

Wenn die Art des Torjubels das Einzige ist, worüber geklagt wird, muss man sich um einen Fußballspieler in der Regel nicht viele Sorgen machen. Im Fall von Ondrej Duda (23) ist das aus Berliner Sicht besonders erfreulich, galt der Slowake seit seiner Verpflichtung 2016 doch als Sorgenkind Nummer eins. Dass er zwei Jahre damit kämpfte, sich auf Bundesliga-Niveau zu akklimatisieren, scheint rückblickend fast absurd. Aktuell zählt Duda zu den Spielern der Stunde. Sechs Partien, fünf Tore – niemand traf häufiger.

Wie ein Relais, das den Angriff unter Strom setzt

Bei Hertha registrieren sie Dudas Verwandlung mit einer Mischung aus Erleichterung, Stolz und ehrlicher Freude, schließlich haben sie seinen nicht ganz einfachen Weg hautnah miterlebt. Die Verletzungspausen, das einsame Reha-Training, das Straucheln in einem neuen Umfeld auch. „Das war eine bittere und beschwerliche Zeit“, sagt Manager Michael Preetz, „aber jetzt zeigt er Woche für Woche, was für Qualitäten er hat. Wir freuen uns wahnsinnig darüber, weil wir das auch für unser Spiel brauchen.“

Herthas Spiel, das ist seit dieser Saison mehr als disziplinierte Staffelung und bissiges Verteidigen. Plötzlich finden die Berliner fußballerische Lösungen, sie dribbeln mutig, kombinieren sicher und exekutieren ihre Spielzüge mit bemerkenswerter Präzision. So wie am Freitag beim 2:0 gegen den FC Bayern: „Wir wollten mit nur ein oder zwei Ballkontakten spielen“, erklärt Duda die Szene des Spiels: „Salomon schickt Valentino Lazaro, und Valentino legt sehr gut zurück – für mich war es dann einfach, ich musste nur noch abziehen.“ Und das tat er.

Nun ist Duda aber nicht nur wegen seiner neuentdeckten Torjäger-Qualitäten so wertvoll für Hertha, sondern auch wegen seines Spielverständnisses. Seit der Rechtsfuß im zentral-offensiven Mittelfeld funktioniert, hat es Klick gemacht in Herthas Angriff, fast wirkt Duda wie ein lange vermisstes Bauteilchen, wie ein Relais, das die Offensive endlich unter Strom setzt. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen der Ball im Mittelfeld eher auf Widerstände als auf eine Schaltstelle traf, neuerdings fließt es im Berliner Spiel.

Wichtige Unterstützung vom erfahrenen Kalou

„Wir zeigen, dass wir mit dem Ball etwas anfangen können“, sagt auch Kalou: „Das war bislang keine unserer Stärken, aber jetzt haben wir eine gute Balance aus Flügelspielern, Außenverteidigern, Stürmern und einem Zehner.“ Er selbst zählt zu den größten Nutznießern der Duda-Stärke. Einerseits, weil er eine neue Anspielstation hat; zum anderen, weil sich die Gegner nun nicht mehr nur auf ihn oder Vedad Ibisevic konzentrieren können. „Es ist wichtig, dass verschiedene Spieler treffen“, betont Herthas bester Torschütze der Vorsaison, „das macht uns unberechenbarer. Das ist gut für das Team.“

So wie Kalou von Duda profitiert, profitiert Duda allerdings auch von Kalou. Der Champions-League-Sieger nahm seinen bislang so blassen Kollegen in der Vorbereitung unter die Fittiche, gab ihm offenbar einen Teil seines unerschütterlichen Optimismus ab und verpasste ihm den Spitznamen „Number 10“. Die Botschaft: Du bist unser Spielmacher, niemand sonst. Sicher nur eine Nuance, aber Dudas Auftreten hat sich sichtbar verändert. Wo früher Zweifel mitkickten, strotzt der Nationalspieler nun vor Mut, erst recht seit seinen Toren. „Er ist ein Beispiel dafür, was Selbstvertrauen mit einem Spieler macht“, sagt Michael Preetz. „Das Selbstverständnis, das Ondrej in seinem Spiel hat, die Tore, die er jetzt schießt – das ist herausragend.“

Der Slowake überzeugt auch als Defensiv-Arbeiter

Bei der Fülle an Offensiv-Impulsen gehen andere Facetten seines Spiels beinahe unter. Dabei war ein weiterer Schlüssel zum Coup gegen die Bayern, dass sich Duda in defensiver Rolle aufopferungsvoll um Münchens Mittelfeldmotor Thiago kümmerte. Ein Grund mehr dafür, dass ihn die Kollegen feiern. „Ich bin sehr froh, dass Dudi so einen Lauf hat“, sagt etwa Lazaro.

Ohne Frage: Duda hat großen Anteil daran, dass Hertha derzeit neue Höhen erreicht. Abheben wird er deshalb noch lange nicht. „Er hat die zwei harten Jahre noch so in Erinnerung, dass wir ihn nicht einfangen müssen“, ist sich Preetz sicher.

Derzeit genießt Duda noch die freien Tage mit Familie und Freunden. Ab Dienstag startet die Vorbereitung auf die Partie am Sonnabend in Mainz. Dann will Duda nachlegen. Am liebsten mit dem nächsten Treffer. Und vielleicht ja auch mit neuem Torjubel.