(ub) – Moin aus dem Abgeordnetenhaus Berlin. Hier tagt ab 9.30 Uhr der Sportausschuss in seiner 21. Sitzung. Ich bin hier, weil das Stadion-Thema eine Rolle spielen soll. Der Senat will erstmals seine Pläne für den Umbau des Olympiastadion erläutern. Hertha BSC ist geladen, um seine Pläne für einen Arena-Neubau im Olympiapark vorzustellen. Ihr lest also einen Immerhertha-Liveticker, diesmal aus ungewohnter Umgebung, bin gespannt .
9.20 Uhr Laut Tagesordnung ist das Stadion-Thema an Punkt 2 platziert. Zuvor gibt es eine „aktuelle Viertelstunde“.
9.25 Uhr Für Hertha vor Ort: Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller und Stadion-Manager Klaus Teichert.
9.30 Uhr Vertreter aller Parteien sind im Saal, auch der für Sport zuständige Innensenator Andreas Geisel ist da.
9.34 Uhr Es geht ums Pokalfinale, wie sehr die Polizei vorbereitet ist auf rund 25.000 Fans aus München und aus Frankfurt. Innensenator Geisel erklärt, dass rund 2400 Beamte an diesem Wochenende im Einsatz seien. Neben dem Pokalfinale wird auch die Meisterschaft in der Türkei entschieden. Dort ist ein Autokorso zu erwarten.
9.37 Uhr Punkt 1 ist abgeschlossen, jetzt zum Stadionthema.
9.38 Uhr Innensenator Geisel skizziert die Entwicklung der vergangenen anderthalb Jahre.
„Wir hatten vereinbart nicht übereinander zu sprechen, sondern miteinander.“
9.40 Uhr Es ist das Anliegen des Senats, Hertha in Berlin zu halten . Der monetäre Nutzen für die Stadt Berlin vom Wirtschaftsunternehmen Hertha BSC liegt im dreistelligen Millionenbereich.
9.42 Uhr Geisel führt aus, dass für den Senat höchste Priorität hat, dass das Olympiastadion wirtschaftlich zu betreiben ist.
Geisel: Die Vorzugsvariante des Landes Berlin ist, dass Hertha weiter im Olympiastadion spielt. Wenn möglich mit einer Modernisierung, aber ohne großen Umbau. Wir nehmen zur Kenntnis, dass Hertha andere Vorstellungen hat. Die halte ich nicht für illegitim. Weil die Mehrzahl der Bundesliga-Konkurrenten in Fußballstadion spielt. Insofern müssen wir erkennen, dass die Modernisierung sich allein nicht stellt.
9.44 Uhr Geisel: Kosten für den Umbau werden auf 160, 165 Millionen geschätzt, dazu die LED-Vorhänge auf rund 30 Millionen. Insgesamt würde die Variante 190 Millionen kosten. Das Geld wäre aus dem Landeshaushalt des Landes Berlin zu bezahlen.
9.46 Uhr Geisel: Die Variante: Es passiert gar nix, die gibt es nicht. Würde Hertha den Olympiapark verlassen wir, dass Verluste von etwa 50 – 70 Millionen Euro bedeuten. Es gibt grundsätzlich großen Bedarf, im Olympiastadion etwas zu tun.
9.48 Uhr: Die neue Variante, die Hertha für einen Neubau vorstellt, liegt zu 70 Prozent außerhalb des Olympiaparks. Der Neubau müsste von Hertha komplett finanziert werden. Voraussetzung ist, dass das Abgeordnetenhaus einem Erbbauvertrag zustimmt.
9.50 Uhr Geisel betont die Wichtigkeit einer Konkurrenzausschlussklausel. Konzerte und, hier wiederholt er seine Interpretation „die großen Spiele von Hertha“ müssten im Olympiastadion stattfinden. Außerdem müsste vertraglich eine Fertigstellungsgarantie von Hertha zugesichert werden.
9.51 Uhr Geisel: Der Senat und Hertha halten beide Varianten technisch für machbar. Beide Varianten haben ihre Tücken. Wir steigen jetzt in die Diskussion ein.
9.55 Uhr Ein Vertreter des Senats (sorry, habe den Namen nicht verstanden). Variante B Umbau des Olympiastadion „Fußballstadion unter den besonderen Bedingungen des Bestandes“
- Oberring bleibt unverändert (wg. Denkmalschutz)
- im Oberring könnte LED-Wand eingebaut werden (Kosten 24 bis 29 Mio.)
- Unterring wird umgebaut, Sichtachse zum Marathontor bleibt unverändert.
- Spielfeld wird um 2,5 m abgesenkt.
- Wenn Kurven näher ans Spielfeld heranrücken, muss Dach verändert werden
- Kapazität: 74.300 Zuschauer
- Leichtathletik-Bahn ist hineinzubauen (Kapazität dann: 56.800/kostet jeweils 4,8 Mio. Euro)
- Kosten für Stadion 160, 165 Millionen Euro + LED-Wand = 190 Millionen Euro
Geisel: Es geht uns darum, die Wirtschaftlichkeit des Olympiastadions zu wahren. Er verweist auf das Beispiel des Olympiastadions in München.
Geisel: „Ein Weggang würde das Land Berlin in erheblichem Maße treffen. Der Einnahmeausfall wäre größer als das, was man an Kompensation gewinnen könnte. Es kann nicht so aussehen, dass der wirtschaftliche Vorteil bei Hertha liegt, und das Land Berlin, das ist der Steuerzahl, auf Dauer zuzahlen muss.“
10.03 Uhr Herthas Stadion-Manager Klaus Teichert. Er lobt das Olympiastadion, „tolles Zeugnis der Zeitgeschichte“, für „großartige Events geeignet“ „ein wunderbares Leichtathletikstadion“ …
Teichert: Keine Frage, wir sind der Ankermieter des Stadion. Wir sind selbstverständlich bereit, daran mitzuwirken, dass es eine wirtschaftlich sinnvolle Perspektive für das Olympiastadion gibt. Auch wenn wir uns nicht in der Verantwortung sehen, weiter Miete zu zahlen für ein Objekt, das wir nicht weiter nutzen.
10.08 Uhr Teichert verweist auf darauf, dass Hertha seit vielen Jahren im Mittelfeld des Zuschauerzuspruchs liegt (aktuell auf Rang neun), dass Hertha bei der Auslastung des Olympiastadion aber seit jeher Schlusslicht der Liga ist.
10.12 Uhr Teichert stellt die Pläne vor, wie die Zuschauer-Ströme zu einer neuen Arena gelenkt werden sollen. Zwecks Nachhaltigkeit will Hertha die komplette Infrastruktur (Parkplätze, U- und S-Bahn-Anbindung) nutzen.
10.14 Uhr Teichert sagt, Hertha habe ein Verkehrsgutachten erstellen lassen, wie sich die Lage für die Rominter Allee verändern würde, wenn dort mehr Verkehr stattfinden würde. Hertha will die Einzel-Anreise per PKW erschweren. Unterstützt werden Car-Sharing-Modelle, Elektroverkehr (samt Ladestationen an der neuen Arena).
10.16 Uhr Teichert beschreibt den Plan, den Parkplatz 1 mit einem zweistöckigen Parkhaus zu versehen. Auf dem Dach soll es einen Kiez-Bolzplatz geben, der dem Bezirk zur Verfügung gestellt werden soll.
10.17 Uhr Teichert bewertet den neuen Standort als „perfekt“, er würde alle Bedürfnisse von Hertha erfüllen. Der Grundstücksbedarf liegt bei 54.300 Quadratmeter.
10.18 Uhr Teichert:
Auch wir sind an Kostensicherheit interessiert. Wir werden Fertigstellungsgarantien mit unseren Partner vereinbaren. Diese Garantien reichen wir gern an das Land Berlin weite.r
10.20 Uhr Teichert erzählt, Hertha habe erste Schalluntersuchungen angestellt. Durch die Kompaktheit, die relative Geschlossenheit und die Absenkung, sind die Schallentweichungen geringer als sie es im Olympiastadion sind. Es wird nicht so ruhig wie auf dem benachbarten Friedhof sein.
10.20 Uhr Teichert: Der nächste Schritt ist der Eintritt in Verhandlungen über einen Erbbaupacht-Vertrages. Und natürlich sind dabei auch die Interessen des Landes Berlin zu berücksichtigen.
10.21 Uhr Finanzchef Schiller sagt: Wir haben eine Kostenidee. Wir wollen das Projekt vollständig selbst finanzieren. Wir sind bereit, sämtliche Klauseln eines Konkurrenzausschlusses zu akzeptieren. Wir zahlen selbstverständlich einen marktgerechten Zins für den Erbbaupacht-Vertrages.
10.22 Uhr Die Aussprache beginnt. Herr Förster (FDP) beklagt, dass Hertha schon versucht, öffentlich Druck aufzubauen.
„Das finde ich sehr umprofessionell. Wenn man das so versucht, kann es sein, dass am Ende ein Ergebnis herauskommt, das man überhaupt nicht will.“
Wenn es Hertha nicht schafft, das Olympiastadion zu füllen, muss sich der Verein schon mal selbst hinterfragen.
10.27 Uhr Dennis Buchner (SPD) war schon mal im Camp Nou. Er habe dort 200 Meter entfernt gesessen. „Niemand würde behaupten, dass das kein großartiges Stadion sei.“ Er fordert, dass Hertha zusichert, in der neuen Arena keine Länderspiele auszutragen. Wie erklärt Hertha es seinen Fans, dass die Spiele gegen große Gegner (Bayern, Dortmund, Leipzig) in einer eigenen Arena nur von 50.000 Anhängern verfolgt werden?
10.31 Frau Ludwig (Grünen) findet, dass viele Frage noch nicht beantwortet sind.
Das Interview von Herrn Preetz ist kein gutes Zeichen für Fairplay.
Sie fordert, ergebnisoffen über alle drei Varianten zu sprechen. Wichtig sei, dass der Steuerzahler nicht in die Tasche greifen muss. Sie fordert eine Machbarkeitsstudie zu einer Zukunft des Olympiastadion, wie eine wirtschaftliche Perspektive aussehen könnte. Sie fragte Hertha direkt:
Was ist denn, wenn alles bleibt, wie es ist.
Außerdem möchte sie wissen, wie Herthas Position ist zur Zersiedlung der Bundesliga-Spieltage ist.
10.36 Uhr Notker Schweikhardt (Grünen) fragt, ob Hertha den Fans garantieren könne, dass die Tickets nicht teurer werden? Wie geht Hertha mit der Geschichte des Ortes um? Er fragt, ob es nicht sinnvoller sei, in Spieler zu investieren, statt in Steine.
10.38 Uhr Frank Scheermesser (AfD) fragt, ob Hertha konkret bereits Investoren hat, die einen Neubau finanzieren würden. Was würde Hertha machen, wenn der Senat einen Umbau beschließt?
10.40 Uhr Stephan Standfuß (CDU) Grundsätzlich steht unsere Fraktion beiden Varianten offen gegenüber. Wir haben ein großes Verständnis für das Anliegen von Hertha. Das Konzept des Neubaus überzeugt uns.
10.42 Uhr Philipp Bertram (Linke) Das Land Berlin hat eine relativ detaillierte Planung für den Umbau vorgelegt. Hertha hat bisher nur Machbarkeiten vorgelegt, aber wir brauchen da mehr Details, um vernünftig debattieren zu können. Er plädiert auch die Variante „Es bleibt wie es ist“ für denkbar (neben einem Umbau und einem Neubau). Er verweist auf das Problem, dass es pro Jahr nur 18 Ausnahmegenehmigungen gibt für Abendveranstaltungen.
10.47 Uhr Ein CDU-Abgeordneter fragt, warum der Sportsenator davon spricht, die großen Hertha-Spiele weiter im Olympiastadion stattfinden sollen. Er ist verwundert, warum Hertha gefragt wird, wie der Masterplan für den Olympiapark aussähe.
„Das ist Sache des Landes Berlins.“
Jetzt die Antworten:
Sportsenator Geisel findet, dass man in der Sache sehr wohl weiter sei als vor einem Jahr. Beide Seiten hätten sehr qualifizierte Planungen vorgelegt. „Da wurde ein Jahr ordentliche Arbeit geleistet.“
Zur Frage: Es passiert nix – geht das überhaupt?
Geisel: Wir müssen in jedem Fall Geld investieren. 30 bis 40 Millionen Euro sind zu investieren, um die moderne Spielstätte zu erhalten, unabhängig davon, ob Hertha dort spielt oder nicht. Geisel: Es ist manchmal wie in Partnerschaften. Manchmal will einer raus. Und wenn der andere sagt: Aber wir lieben uns doch. Wenn man sich umschaut europaweit, wie Vereine agieren: Es gibt viele Profiklubs, die aus ihrer Stadt rausgegangen sind und haben dort ein neues Stadion gebaut. Ich will aber Hertha in Berlin halten.
Der Sportsenator sagt: Ja, das Olympiastadion ist ein tolles Leichtathletikstadion. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Leichtathletik nur selten 74.500 Zuschauer zieht. Deshalb schauen wir in diesem Fall auf den Jahnsportpark.
Öffentlicher Zugang: Uns ist wichtig, da besteht völlige Übereinstimmung mit Hertha, dass der Olympiapark zugänglich ist. Wir wollen Varianten, die mehr Menschen in den Olympiapark holen. Diese Aufgabe steht in jedem Fall vor uns.
Herthas Stadion-Manager Klaus Teichert: Er sagt, dass Hertha bis ins Detail über Garagenzufahrten, einer öffentlichen Terrasse oder Tribünen vorbereitet sei. Zum Camp Nou: Barcelona macht mit dem Fanshop 30 Millionen Euro Gewinn, ebenso 30 Millionen Gewinn mit dem Museum.
Teichert: Wir wollen jetzt nicht vermessen sein, mit wem wir uns vergleichen. Teichert: (zitiert Albert Einstein) Die reinste Form des Wahnsinn ist es, alles beim Alten zu belassen und trotzdem zu hoffen, dass sich etwas ändert.
Finanzchef Ingo Schiller berichtet von einer regen Nachfrage aus dem Finanzierungsbereich.
Schiller: Aber wir sind auch ein Fußballverein mit 125jähriger Geschichte. Wir achten immer auf die Möglichkeiten unserer Zielgruppe.
Zur Frage, wie Hertha es seinen Fans erklärt, wenn der Ticketbedarf in einer Arena größer ist, als die 50.000er-Kapazität:
Schiller: Wer öfters im Olympiastadion ist, weiß, dass bei manchen Spielen 15- oder 20.000 Fans des Gegners da sind. Genau diese Bayern- oder Dortmund-Fans gucken dann in die Röhre. Für die Berliner wird genug Platz sein.
11.05 Uhr Die Sitzung wird geschlossen.
Uff, bin jetzt reif für eine Café.