Per Skjelbred ist ein Jäger. Im Urlaub durchquert der Norweger gern mit seiner Frau Kristina die Wälder seiner Heimat und schießt auf Elche. Allerdings hat sich diese Leidenschaft nicht auf ein anderes Grün übertragen: Auf dem Fußballplatz, wo Skjelbred auch gern und viel unterwegs ist, hatte der 28-Jährige Ladehemmung.
Kein einziges Mal aufs Tor schoss Skjelbred bis vor zwei Partien. Zuletzt probierte es Herthas Mittelfeldspieler wenigstens mal, traf aber nicht ins Ziel. „Ich hoffe, dass es bald endlich klappt“, sagt Skjelbred. Vielleicht schon am Mittwoch im Heimspiel gegen Frankfurt (20 Uhr/Sky und im Liverticker bei immerhertha.de)
„Wir verbieten ihm nicht, aufs Tor zu schießen“, sagt Michael Preetz und lacht darüber, weil sich das so herrlich unzufrieden anhört. Es ist die Milde eines Managers, der ziemlich zufrieden mit seinem Spieler ist.
Manager Preetz lobt: „Er ist unser Mr. Zuverlässig“
Per Skjelbred ist nämlich ein Profi, bei dem die Daumen nach oben schnellen, wenn man nach ihm fragt: „Er ist ein Paradebeispiel für Einsatzwille, prädestiniert für den Begriff Mannschaftsspieler und auch neben dem Platz eine ganz wichtige Persönlichkeit für uns. Er ist unser Mr. Zuverlässig“, schwärmt Preetz, ansonsten kein großer Schwärmer.
Aber Skjelbred hat es dem 48-Jährigen angetan, weil er verkörpert, was sie bei den Berlinern als größte Stärke ausgemacht haben: besonderer Arbeitsethos, Teamfähigkeit und Bodenhaftung. Andere stehen öfter im Rampenlicht, wie Spielgestalter Vladimir Darida oder das Sturmduo Vedad Ibisevic und Salomon Kalou. Aber hinter ihnen sorgt Skjelbred für die nötige Basisarbeit.
Darin steckt, was Skjelbreds Wert für Hertha ausmacht, und in gewisser Weise zeigt sich auch dort, dass er doch ein guter Jäger auf dem Rasen ist. Nur die Beute sind eben keine Tore, sondern gegnerische Pässe. Der norwegische Nationalmannschafts-Kapitän ist nämlich einer der besten Balleroberer der Liga.
Nur fünf Spieler haben mehr Balleroberungen
Nur fünf Spieler haben dem Gegner in dieser Saison öfter das Spielgerät gestohlen als er (61 Mal) – die Verteidiger Jannik Vestergaard (Bremen/77), Emiliano Insua (Stuttgart/77) und Joel Matip (Schalke/67) sowie Ex-Herthaner Peter Niemeyer (64/Darmstadt) und Julian Baumgartlinger (Mainz/62).
Die beide Letzteren spielen wie Skjelbred als Abfangjäger vor der Abwehr. Bei Hertha ist der Rechtsfuß alleiniger König der Diebe – Darida (50) und Kapitän Fabian Lustenberger (42) folgen.
„Ich glaube, das ist eine Sache der Intuition. Man braucht ein Auge dafür“, sagt Skjelbred der Morgenpost. Und man braucht auch den Jagdbefehl seines Chefs.
Neue Vertragsgespräche sind im März geplant
„Meine Aufgabe im Spiel ist vornehmlich die defensive Arbeit. Ich soll die Bälle holen und das Tempo vorgeben“, sagt Skjelbred. Er ist der Vorarbeiter im System von Trainer Pal Dardai, und er ergänzt sich gut mit Darida, der nach abgesessener Gelbsperre gegen Frankfurt wieder in die Startelf zurückkehrt, und Lustenberger.
„Mit den drei Jungs im Mittelfeld klappt es, weil sie unterschiedliche Stärken haben“, sagt Preetz. „Per unterbricht die Angriffe des Gegners, Fabian ist der Stratege und Vladimir der Kreative mit Zug zum Tor.“ Dardai nennt das Trio „schiefes Dreieck“, es bildet das Herz der Mannschaft, und deshalb ist Preetz daran interessiert, es zusammen zu halten.
Lustenberger wird in dieser Woche einen neuen Vertrag bis 2019 unterschreiben. Gleiches könnte sich Preetz auch für Skjelbred vorstellen: Im März sind Gespräche über eine Ausdehnung des Kontrakts über die bestehende Laufzeit 2017 hinaus geplant. Skjelbred sagt dazu: „Ich muss weiter meine Arbeit für die Mannschaft machen, dann kommt vielleicht auch ein neuer Vertrag.“
Berlin-Schreck Alex Meier fällt verletzt aus
Jene Bodenhaftung braucht Hertha auch heute gegen gereizte Frankfurter, die mit nur zwei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz und ohne ihren besten Angreifer Alexander Meier anreisen, der in den vergangenen vier Partien gegen die Berliner insgesamt fünf Tore erzielte. Herthas Schreckgespenst fehlt wegen Knieproblemen.
Das spricht alles für den Tabellen-Dritten, aber Skjelbred warnt: „Wir haben bisher nur so viele Punkte geholt, weil wir uns immer voll fokussierten“, sagt er. „Das müssen wir weiter so machen.“
Da Hertha nach zwei Dritteln der Saison auf einem Champions-League-Platz steht, wird Dardai zunehmend mit Fragen nach der Königsklasse bedrängt. Am Dienstag sagte der Ungar: „Wenn man ein kleines Bäumchen pflanzt, kann man auch nicht schon im nächsten Jahr 100 Kilo Obst ernten.“ Dardai versucht, den Druck vom Team zu nehmen und weiß dennoch, dass sich gegen Frankfurt und den HSV vier Tage später eine große Chance bietet, dem Europapokal näher zu kommen.
Als guter Jäger weiß Per Skjelbred allerdings, dass es wenig Sinn hat, das Fell des Bären zu verteilen, bevor er erlegt ist. Er sagt: „Europa wäre ein Traum, aber dafür müssen wir noch was tun.“