Es hat dann doch ein wenig länger gedauert, als Manager Michael Preetz angenommen hatte. Doch nach zwei Tagen intensiver Verhandlungen hat Hertha BSC die Schlüsselpersonalie für die kommende Saison gelöst. Neuer Cheftrainer wird Pal Dardai, 39. Das wurde der Morgenpost bereits am Donnerstag aus zuverlässiger Quelle bestätigt. „Die Tinte ist gerade trocken. Pal Dardai ist unser neuer Cheftrainer“, twitterte Preetz dann am Freitagmorgen.
Der Fußball-Bundesligist und Dardai haben sich auf eine ungewöhnliche vertragliche Konstruktion geeinigt. So erhält Dardai als Cheftrainer einen Ein-Jahres-Vertrag. Nach Morgenpost-Informationen ist dieser Kontrakt versehen mit einer einseitigen Option für Hertha BSC. Nach Ende der kommenden Saison kann der Verein diese Option ziehen. Die Zielstellung für Dardai heißt Klassenerhalt.
Das Eigensinnige an dieser Konstruktion ist, dass für Dardai, sollte er den Posten als Cheftrainer verlieren, in diesem Fall sein unbefristeter Vertrag als Jugend-Trainer in Kraft tritt. Dardai war bis zum 5. Februar Trainer der U15, ehe er zu den Profis aufrückte und die Nachfolge des entlassenen Niederländers Jos Luhukay antrat.
Das Gehalt von Dardai soll von zuletzt 120.000 auf künftig 600.000 Euro steigen. Das berichtet die „Bild“. Eine offizielle Bestätigung von Hertha BSC gab es am Donnerstag allerdings nicht. Dem Vernehmen nach wird der Klub die Personalie an diesem Freitag kommunizieren.
Dardai hatte aus mehreren Gründen eine starke Verhandlungsposition. Er hatte Hertha auf einem Abstiegsplatz übernommen und die Mannschaft in den verbleibenden 15 Saisonspielen zum Klassenerhalt geführt. Der fiel zwar knapp aus, der Hauptstadt-Klub belegte nur aufgrund der besseren Tordifferenz Platz 15, während der punktgleiche Hamburger SV die Relegation gegen den Karlsruher SC spielen muss.
Defizite auf mehreren Ebenen
Zudem hat Dardai in den 14 Wochen seiner Amtszeit bei den Profis genau hingeschaut. Er hat seine Saison-Analyse nicht nur den Spielern in Einzelgesprächen am Dienstag dieser Woche mit auf den Weg gegeben. Dardai hat intern klar angesprochen, dass es in der Mannschaft Defizite auf mehreren Ebenen gebe: bei der Schnelligkeit, beim technischen und taktischen Vermögen sowie bei der Mentalität einiger Spieler.
Der „kicker“ hatte berichtet, dass Mitte April, als Hertha zwar sieben Partien in Folge nicht verloren hatte, aber noch keineswegs die Bundesliga gesichert hatte, acht Spieler beim Manager vorstellig geworden seien mit der Bitte, noch mal über die genauen Urlaubstermine zu reden.
Dardai hat gegenüber der Geschäftsführung darauf hingewiesen, dass Hertha diverse Veränderungen benötige, wenn es in 2015/16 nicht wieder so eine Zitter-Saison werden soll wie das gerade beendete Spieljahr.
Wer will, kann diese Zustandsbeschreibung als eine indirekte Kritik an der Kaderzusammenstellung von Preetz/Luhukay in den vergangenen Transferperioden interpretieren. Aber darum geht es nicht. Profifußball ist ein schnelllebiges Geschäft.
Keine nennenswerte Summen für Neukäufe
Allerdings ist die Planung und Zusammenstellung eines Kaders kein Wunschkonzert. Auch Michael Preetz hat, das hat er auf der Mitgliederversammlung zu Beginn dieser Woche mehrfach formuliert, beim Hertha-Jahrgang 2014/15 diverse Mängel ausgemacht. Gleichwohl muss der Manager schauen, dass das Aufgebot finanzierbar ist.
In dem Haushalt für die nächste Saison, den Finanzchef Ingo Schiller am Dienstag den Hertha-Mitgliedern vorgestellt hat, sind keine nennenswerten Summen für Neueinkäufe ausgewiesen. Das heißt, Hertha muss aktuelle Spieler von der Gehaltsliste bekommen, um Platz für Zugänge zu schaffen.
Das ist ein diffiziles Geschäft, bei dem man Ende Mai nicht definitiv sagen kann, wie der Jahrgang 2015/16 am Ende der Transferperiode am 31. August aussehen wird.
Neuer Anlauf für Kalou und Hegeler
Gleichwohl hatte Dardai bei den Saison-Abschlussgesprächen den Spielern mitgeteilt, mit wem er plant – und mit wem nicht. Demnach haben Rune Jarstein, Johannes van den Bergh und Ronny keine Zukunft in Berlin. John Heitinga, Peter Niemeyer und Sandro Wagner wurde signalisiert, dass sie im kommenden Jahr nicht auf hohe Einsatzzeiten rechnen dürfen – trotz bestehender Verträge würde ein Vereinswechsel Sinn machen.
Dagegen dürfen zwei Spieler, die zum Teil deutlich unter den Erwartungen geblieben waren, einen neuen Anlauf nehmen: Salomon Kalou und Jens Hegeler.
Neben Dardai bleibt auch der Taktik-Fuchs im Trainer-Gespann an Bord. Nach Angaben der „Bild“ wird Rainer Widmayer einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschreiben.