Hertha BSC schnürt für den Königstransfer Sami Allagui ein Fünf-Millionen-Paket. Der Israeli Sahar kommt ablösefrei nach Berlin.
Bei dem Stichwort legt der Hertha-Fan sofort seine Stirn in Falten. Das, was heute beim Zweitligisten erwartet wird, ist die Vorstellung eines klassischen Königstransfers. Sami Allagui (26) soll der Stürmer werden, der mit seinen Toren Hertha BSC zurück in die Bundesliga bringt. Einer, der mit am Verhandlungstisch gesessen hat, sagte Morgenpost Online: „Es ist alles ausgehandelt. Jetzt muss es nur umgesetzt werden.“
Der Zweitligist schnürt für Allagui ein Millionen schweres Paket, wie seit Jahren nicht mehr. Rund 1,6 Millionen Euro gehen als Ablöse an den FSV Mainz, in Berlin wird Allagui einen Vier-Jahres-Vertrag erhalten mit einem gesplittetem Gehalt für die erste und die Zweite Liga, da dürften gut drei Millionen Euro fällig werden.
Scheitert der Wechsel nicht unerwartet auf den letzten Metern, wird Allagui heute bei Hertha unterschreiben und reist morgen mit der Mannschaft ins Trainingslager nach Stegersbach ins Burgenland.
Doch um auf das Stirnrunzeln zurückzukommen: Die jüngere Historie beweist, dass nicht jeder Königstransfer bei Hertha aufgegangen ist. Unvergessen die Ankündigung des damaligen Managers Dieter Hoeneß samt Standing Ovations auf der Mitgliederversammlung 2003: „Wir haben 26 Bundesliga-Tore verpflichtet.“ Gemeint war die sehr, sehr teure Beschäftigung von Fredi Bobic und Artur Wichniarek. Doch beide Torjäger enttäuschten bei Hertha gründlich. Noch eklatanter war der Gegensatz von eingesetztem Kapital und gezeigter Leistung bei Alex Alves, Luizão oder Andre Lima: Alle blieben deutlich unter den Erwartungen.
Gleichwohl wäre die Aufzählung unfair, ohne jene Königstranfers zu nennen, die eingeschlagen haben: Wie Marcelinho, der zwischen 2000 und 2005 seine sieben Millionen Euro Ablöse in Toren, Vorlagen und Sympathiewerten locker zurückgezahlt hat. Auch Marko Pantelic hat funktioniert, ebenso wie Christian Gimenez oder Andrej Voronin.
Königstransfer Friend ging nicht auf
Aber auch Manager Michael Preetz hat bereits erfahren, wie es sich anfühlt, wenn die Star-Verpflichtung daneben geht: Rob Friend wurde 2010 für 1,9 Millionen Euro aus Mönchengladbach geholt. Doch der mutmaßliche Leistungsträger verlor seinen Platz an den damaligen Nobody Pierre-Michel Lasogga, wurde im Sommer 2011 an Eintracht Frankfurt ausgeliehen, die Friend nach dem Bundesliga-Aufstieg unter Vertrag nehmen musste. „Rein finanziell hat Friend durch das Geschäft mit Frankfurt das Geld wieder eingespielt, das wir eingesetzt haben“, sagte Preetz.
Zu Allagui will der Manager nichts sagen, solange nichts unterschrieben ist. Was aber nicht heißt, dass Hertha sich nicht intensiv damit auseinandergesetzt hat, ob der Stürmer mit der Situation in Berlin klarkommt, die diverse seiner Vorgänger so gelähmt hat. Denn den Verantwortlichen ist klar: Mit Blick auf die finanziell schwierige Situation bei Hertha, mit Blick auf den halbierten Personal-Etat (13 Millionen Euro): Der Königstransfer muss sitzen. Die sportliche Leitung hat einiges an Fakten, warum Allagui zum Hauptstadt-Klub passt. Mit 26 Jahren ist der Deutsch-Tunesier im besten Fußball-Alter und passt in Herthas Altersstruktur. Er kennt beide Ligen.
Thorsten Weck, sein Berater, verweist auf die Vielseitigkeit seines Mandanten: „Sami ist eiskalt vor dem Tor und dazu ein guter Vorbereiter.“ In 128 Einsätzen in der ersten und Zweiten Liga hat Allagui 44 Treffer erzielt und 21 aufgelegt. Nervenstärke vor dem gegnerischen Tor ist eine Qualität, die Hertha händeringend sucht. Allagui war nach anderthalb guten Jahren beim FSV Mainz im Anschluss an den Afrika-Cup im Januar durch eine Verletzung ins Abseits geraten. Der 21-malige tunesische Nationalspieler kann auf der 9er-Position spielen sowie „drumherum“, sagt ein Hertha-Offizieller.
Der Stürmer soll nicht der einzige Neue sein, den Hertha heute präsentieren will. Ebenfalls unmittelbar vor dem Abschluss steht die Verpflichtung von Ben Sahar (22). Der Israeli, bereits 27-facher Nationalspieler, ist für seine jungen Jahre erstaunlich weit herumgekommen und bringt einiges an internationaler Erfahrung mit. Sahar verließ in der Jugend seine Heimat Israel und wurde in London in der Nachwuchsakademie vom FC Chelsea ausgebildet.
Mit 17 Jahren gab er sein Debüt für Chelsea in der Premier League, wurde dann an Queens Park und den FC Pourtsmouth ausgeliehen. 2009/10 kam er bei Espanyol Barcelona auf 22 Einsätze in der Primera Division. In der vergangenen Saison war Sahar Stammkraft beim AJ Auxerre in der Ligue 1, stieg aber mit der Mannschaft aus der Burgund ab.
Sahar kann beide Außenbahnen spielen sowie im Sturm. Er ist, ähnlich wie Herthas Rukavytsya und Ndjeng, pfeilschnell. Und Geschwindigkeit ist im modernen Fußball eine wichtige Waffe. Im Gegensatz zu Allagui ist Sahar für den Verein ein Null-Risiko-Geschäft. Sahar kostet keine Ablöse, sein Gehalt liegt im unteren sechsstelligen Bereich.
Entscheidet sich Sahar für Hertha, ist das keine selbstverständliche Entscheidung. Denn Red Bull Salzburg lockt Sahar mit einem Vielfachen des Gehaltes, das er in Berlin erhalten soll. Doch Sahar will seine Wanderjahre beenden und unbedingt in Berlin heimisch werden. Trainer Luhukay ist ein Fan des flinken Profis. Und mit 22 Jahren, findet Sahar, ist er viel zu jung, um in Österreich zu spielen.