Egal, in welcher Altersklasse, egal in welchem Verein, es war stets das Gleiche: Ob für Bayer Leverkusen, den VfL Wolfsburg, Rot-Weiß Essen oder den FC Schalke – Pierre-Michel Lasogga traf in Serie. Aber der Nachwuchsstürmer wurde für keine Junioren-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes nominiert. Das hat sich im Trikot von Hertha BSC geändert. Rainer Adrion, Trainer der U21-Nationalelf, hat Lasogga eingeladen. Der 19-Jährige ist erstmals dabei. Die Gegner, mit denen sich Lasogga messen wird, sind aus der obersten Kategorie: Am Freitag in Sittard geht es gegen die Niederlande, am 29. März in Kassel gegen Italien. Auch die Herthaner Sebastian Neumann und Shervin Radjabali-Fardi (an Aachen ausgeliehen) gehören zum U21-Aufgebot.
„Wir wollen ihn persönlich kennenlernen. Von seiner Art zu spielen, gibt es in dem Alter nicht viele. Er ist ein Stürmertyp, wie es ihn selten gibt“, sagt Adrion. Bei Hertha halten sie ihren Shooting-Star derzeit von der Öffentlichkeit fern. „Es wird alles etwas viel. Wir wollen ihn schützen“, sagt Medien-Direktor Peter Bohmbach. Dass Lasogga etwa für Berliner Medien derzeit nicht zur Verfügung steht, sei in Absprache mit dem Jung-Profi entschieden worden.
Dafür reden die Kollegen über den Youngster, der sich gleich in seinem ersten Männer-Jahr als durchsetzungsstarker Torjäger entpuppt hat. Nachdem Lasogga zu Saisonbeginn verletzt gewesen war, hat er sich rasant aus dem Schatten des eigentlich gesetzten Rob Friend (30) gelöst. Während der Kanadier mit Bundesliga-Erfahrung im Lauf der Hinrunde in ein Formloch fiel, aus dem er sich so richtig bis heute nicht herausgearbeitet hat, setzte sich Lasogga sofort auf die Überholspur. Sein letzter Streich, der Treffer beim 1:1 beim FC Ingolstadt, war das mittlerweile neunte Saisontor des Teenies. Es war ein Erfolgserlebnis in klassischer Gerd-Müller-Manier. Nico Schulz zog eine Flanke nach innen. Lasogga, am ersten Pfosten positioniert, behauptete sich trotz Bedrängnis durch Innenverteidiger Biliskov und schob den Ball vorbei an Torwart Kirschstein ins lange Eck. Die einfache Lösung war genau die richtige. „Pierre ist eiskalt vor dem Tor“, lobte Kollege Fabian Lustenberger.
Der Schweizer widersprach energisch dem, was TV-Journalisten wissen wollten: Ob Lasogga abgehoben sei? „Überhaupt nicht. Pierre macht mal einen Spruch, ist aber der bodenständige Typ.“ Kapitän Andre Mijatovic wunderte sich über die Frage, ob es schwierig sei, Lasogga am Boden zu halten. „Die Mannschaft ist immer noch am Wachsen. Aber das Verhältnis zu Pierre ist sehr gut.“ Die Mitspieler sahen auch nicht ein, dem Angreifer den schwarzen Peter für den späten Ingolstädter Ausgleich zuzuschieben, der Hertha zwei Punkte gekostet hat. „Pierre kommt in dem Zweikampf zu spät“, sagt Kapitän Mijatovic, „aber er ist ein junger Spieler, der noch lernen muss.“ Lustenberger meinte: „Es ist immer einfach zu sagen, der oder der ist Schuld. Wir haben aber als Mannschaft nicht so gut gespielt.“ Bei Lasogga bleibt spannend, wie seine Entwicklung weitergeht.
Er ist weder der schnellste noch der dribbelstärkste Spieler der Liga. Er lebt von seiner Entschlossenheit und seiner Unerschrockenheit. So wie es Manndecker gibt, gegen die niemand gern spielt, ist es auch kein Vergnügen gegen Lasogga zu spielen. Robust und kantig geht er in die Zweikämpfe. Lasogga verfügt über eine gute Intuition. Und ist ein Eisvogel. Erspäht er eine Lücke, kümmert ihn nicht im Geringsten, wie dadurch ein schöner Treffer zu erzielen wäre. Patsch mit der Innenseite geschoben oder mit der Fußspitze verlängerte, Tor ist Tor.
Der Stiefsohn von Oliver Reck, ehemals Nationaltorwart, heute Torwarttrainer in Duisburg, konzentriert sich auf sich selbst. Er kennt die Vorurteile, andere seien besser, schneller oder leichtfüßiger. In Berlin hat er neun Monate diszipliniert gearbeitet und enorme Fortschritte gemacht. Jetzt steht sein Länderspiel-Debüt an, kommende Saison winkt die Bundesliga. Lasogga: „Ich mach’ mein Ding.“
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