2. Bundesliga

Was Hertha BSC gegen Cottbus plant

| Lesedauer: 5 Minuten
Uwe Bremer

Beim Topspiel des sechsten Zweitliga-Spieltages empfängt am Abend der Tabellenzweite, Energie Cottbus, Spitzenreiter Hertha BSC. Beide Mannschaften haben das gleiche Ziel, gehen aber auf verschiedene Weise mit dem Thema Wiederaufstieg um.

Es gibt diverse Möglichkeiten, in die Bundesliga zu gelangen. Zwei sehr verschiedene Wege, in den Kreis der nationalen Fußball-Elite aufgenommen zu werden, kreuzen sich am heutigen Freitagabend in Cottbus. Beim Topspiel des sechsten Zweitliga-Spieltages empfängt der Zweite, der FC Energie, Spitzenreiter Hertha BSC (18 Uhr, Stadion der Freundschaft, ab 18 Uhr live bei Morgenpost Online ). Vier Siege, ein Remis – beide Vereine sind exzellent in die Saison gestartet: Der Hauptstadt-Klub, Krösus der Liga, hat von Beginn an keinen Hehl daraus gemacht, worum es geht. „Wir streben den direkten Wiederaufstieg an“, hatte Markus Babbel bei seinem Amtsantritt Mitte Mai in Berlin die Linie des Bundesliga-Absteigers verkündet.

Den Gegner aus Cottbus hatte der Hertha-Trainer nicht erst seit dem Höhenflug, sondern schon vor dem Saisonbeginn auf dem Zettel. Auf die Frage, wen er zu den Mitbewerbern im Aufstiegsrennen rechnet, zählte Babbel auf: „Bochum, Düsseldorf, Augsburg. Und einen der ehemaligen Bundesligisten, allen voran Cottbus.“

Cottbus setzt auf Petersen

In der Lausitz indessen wollen sie sich nicht unter Druck setzen lassen. Favorit sind immer die anderen. Trainer Claus-Dieter Wollitz wehrt ab. Nein, weder der Team noch der Verein seien auf Augenhöhe mit Hertha. „So weit sind wir lange nicht.“ Wollitz verweist darauf, dass er die zweitjüngste Mannschaft der Liga trainiere. „Da sind Rückschläge zu erwarten.“ Daran ändere auch die Ausgangslage nichts: dass Energie bei einem Sieg über Hertha die Tabellenspitze erobern wird.

Nachdem Cottbus im vorangegangenen Spieljahr schlechte Erfahrungen gemacht hatte, den Aufstieg als Ziel auszugeben (am Ende sprang nur Rang neun heraus), wird in dieser Saison der Ball demonstrativ flach gehalten. Nach dem 2:0 gegen Fürth etwa sagte der Trainer: „Wir spielen ehrlichen Fußball mit Leidenschaft, aber wir haben Defizite. Man konnte sehen, dass wir alles andere als ein Aufstiegskandidat sind.“

Dieses Vorgehen erinnert ein wenig an das Kinderspiel: „Wenn ich die Augen schließe, kann mich niemand mehr sehen.“ Denn natürlich hat Cottbus Chancen, zum dritten Mal den Sprung in die Bundesliga zu schaffen.

Wollitz, der 1993/94 eine Profi-Saison bei Hertha BSC spielte, hat die Mannschaft mit seinem Amtsantritt im Sommer 2009 umgebaut. Den finanziellen Engpässen gehorchend hatte Energie viele Jahre auf vorwiegend osteuropäische Profis gesetzt. Stellvertretend seien nur der Ungar Vasile Mirijuta, die Rumänen Sergiu Radu und Vlad Munteanu sowie der Kroate Antun Labak genannt.

Das hat sich unter Wollitz geändert. Mit den ehemaligen Dortmunder Borussen Markus Brzenska und Marc-André Kruska hat der Trainer Bundesliga-erfahrene deutsche Profis nach Cottbus holen können. Vor allem aber verfügt Energie derzeit über eine der Schlüsselqualitäten für eine erfolgreiche Saison. Die der ehemalige Hertha-Trainer Lucien Favre so beschrieben hat: „Ein Torjäger, der regelmäßig trifft, macht den Unterschied, ob du am Ende Zehnter wirst oder Zweiter.“

Favre wusste, wovon er sprach. Dank der sehr guten Chancenverwertung von Andrej Voronin (elf Tore/ vier Assists) spielte Hertha 2008/09 völlig überraschend um die Deutsche Meisterschaft.

Aktuell ist Nils Petersen (21) der Mann der Stunde in Liga zwei. Der Cottbusser Stürmer weist die spektakuläre Quote von fünf Partien und sieben Toren auf. Sogar Hertha-Coach Babbel, der nicht unbedingt dazu neigt, beeindruckt zu sein, räumte ein: „Energie ist mit Petersen brandgefährlich.“ Zumal Cottbus mit 14 Toren die meisten Treffer der Liga erzielt hat (Hertha 13).

So cool Petersen vor dem Tor ist, beweist er auch kühlen Kopf bei der Karriereplanung. Trainer Wollitz erzählte stolz, dass Bayer Leverkusen zum Ende der Transferfrist im August den Stürmer extrem umworben habe. Dessen Vertrag in Cottbus läuft bis 2012. Aber Petersen wollte nicht beim Bundesligisten ein Stürmer unter ferner liefen hinter den Helmes, Kießling und Derdioyk sein. Petersen sagte dem TSV Bayer ab: „Mir ist es jetzt wichtiger, Spielpraxis zu bekommen. Da bin ich in Cottbus genau richtig aufgehoben.“ Via „Bild“ droht Petersen vor dem Berlin-Brandenburg-Derby schon mal: „Ich habe keine Angst. Auch Herthas starke Verteidigung kann mich nicht ausschalten. Ich bin schwer zu verteidigen.“

Lasogga im Kader, Rukavytsya nicht

Ein Indiz dafür, dass Hertha in der Breite besser aufgestellt ist, ist die Reihe der Torschützen: Der Hauptstadt-Klub ist schwerer auszurechnen, bisher trafen Rob Friend und Valeri Domovchiyski (je drei), Ramos, Djuricin (je 2), Raffael, Rukaytsya, Niemeyer (je 1). Trotzdem wird der Favorit den Gang nach Cottbus nicht übermütig angehen. „Wir müssen zuerst Defensivarbeit verrichten“, sagt Hertha-Trainer Babbel. Und setzt nach drei Spielen mit einem offensiven System mit einem Sechser (Peter Niemeyer) mit Fanol Perdedaj auf einen zweiten Sechser. Erstmals im Kader steht Pierre-Michel Lasogga, dafür blieb Rukavytsya in Berlin.

>>> Wann und warum der damalige Hertha-Manager Dieter Hoeneß beim Angstgegner tanzte, lesen Sie bei www.immerhertha.de, dem Hertha BSC Blog von Morgenpost Online