Pierre-Michel Lasogga und die Kollegen feierten bis es hell wurde. Tolgay Arslan und Hakan Calhanoglu schlossen quasi die „Embassy Bar“ in Pöseldorf ab, wo der Hamburger SV den glücklichen Ausgang der Relegation bis morgens um sechs Uhr begoss. Nach einer Mini-Schlafeinheit war sechs Stunden später ein letzter offizieller HSV-Termin angesetzt. Gemeinsames Frühstück im Kabinentrakt, Trainingspläne verteilen – und tschüss.
Lasogga war der Held der Nacht gewesen. Sein Kopfball-Treffer gegen Greuther Fürth sicherte dem HSV ein 1:1. Nach der Europacup-Arithmetik reichte dem Bundesligisten gegen den Dritten der Zweiten Liga dieses Resultat (Hinspiel 0:0), um auch im 52. Jahr in Folge erstklassig zu sein. Am Morgen danach vermied Lasogga jede Festlegung. Zwischen den Zeilen war deutlich herauszuhören, dass er seinen Auftrag in Hamburg als erfüllt ansieht.
Lasogga träumt von der Premier League
Ohne die 13 Tore der Leihgabe von Hertha BSC wäre des HSV definitiv abgestiegen. Doch nun, so war Lasogga zu verstehen, will er seine persönlichen Wünsche realisieren: „Seit ich Fußball spiele, ist es mein Traum, in der englischen Premier League zu spielen“, befeuerte Lasogga die Vermutung, er würde gern auf die Insel wechseln.
Lasogga hält einen Teil des Schlüssels in den Händen. Der andere jedoch liegt bei Hertha BSC. Hier steht der Torjäger bis Juni 2015 unter Vertrag. Hertha BSC hat alle Gespräche mit seiner Leihgabe zurückgestellt, bis das letzte, entscheidende Spiel mit dem HSV absolviert war. Doch nun fordert Hertha-Manager Michael Preetz Klarheit. „Wir setzen uns in den nächsten Tagen zusammen. Wir haben uns deutlich positioniert. Jetzt wollen wir wissen, wie Pierre die Dinge sieht.“
Was will Hertha: Lasogga oder Geld für Lasogga?
Hertha hat Lasogga bereits Ende vergangenen Jahres ein interessantes Angebot unterbreitet. Der Hauptstadt-Klub lockt mit einem langfristigen und lukrativen Vertrag über 2015 hinaus. Zudem hat Jos Luhukay einen Schritt auf den ehrgeizigen Stürmer zugemacht. Immer wieder hatte es geheißen, es gäbe atmosphärische Störungen zwischen dem Trainer und Lasogga. Also hatten sich der Trainer und der Star privat bei einem Nobel-Italiener am Hagenplatz getroffen. Das Treffen sei, so berichten es beide Seiten, ein sehr gutes gewesen.
Eine andere Frage lautet: Wie überzeugt ist Lasogga von Herthas Werben? Grundsätzlich will der 22-Jährige zurück. Dafür sprechen die weichen Faktoren wie Bindung zum Verein, zu den Fans, zu den Kollegen, zur Stadt Berlin. Es gibt allerdings beim Familien-Unternehmen Lasogga ein Unbehagen, ob Hertha Lasogga wirklich will. Oder ob der Klub um eine hohe Ablöse pokert. Und es gibt Alternativen.
Preetz: „Uns liegen keine Anfragen für Lasogga vor“
Ein junger Stürmer, der Tore schießt, weckt Begehrlichkeiten. Nach Morgenpost-Informationen liegen Lasogga konkrete Anfragen aus England vor: von Newcastle United, dem FC Everton, Tottenham Hotspur und vor allem vom FC Liverpool. Entgegen anderweitiger Berichte gab es bisher keine Offerte des Ligakonkurrenten VfL Wolfsburg.
Manager Preetz sagt dazu: „Bei Hertha ist bisher weder eine Anfrage, geschweige denn ein Angebot für Lasogga eingegangen.“
Was logisch ist, weil der Poker um Lasogga erst jetzt Fahrt aufnimmt. Bei Hertha spricht niemand von einem Ultimatum. Doch die Berliner benötigen Klarheit. Falls Lasogga seinen Vertrag in Berlin über 2015 nicht verlängern will, wird der Klub entscheiden: Entweder muss Lasogga seinen Vertrag bis zum letzten Tag erfüllen (wie Robert Lewandowski bei Borussia Dortmund). Oder, die wahrscheinlichere Variante: Hertha würde nach Torjäger Adrian Ramos (wechselt für 9,7 Millionen Euro zu Borussia Dortmund) auch Lasogga in diesem Sommer verkaufen – und sich im Sturm für die Bundesliga-Saison 2014/15 komplett neu aufstellen.
Zeitnah werden die nächsten Schritte erfolgen: Lasogga will zum Ende der Wochen in den Urlaub aufbrechen, Hertha will die Kaderplanung vorantreiben.
Auch der HSV ist noch im Rennen
Bei den Hamburgern, die rund 100 Millionen Euro Verbindlichkeiten drücken, deuten sich gravierenden Änderungen an. Jung-Star Hakan Calhanoglu sagte, dass er gern zu Bayer Leverkusen wechseln will, um Champions League zu spielen. Auch Topverdiener Raphael van der Vaart soll abgegeben werden. Sportchef Oliver Kreuzer kündigte an, dass der Profi-Etat von 43 auf 38 Millionen Euro schrumpfen müsse. „Die neue Mannschaft braucht neue Impulse, neue Reizpunkte, neue Gesichter.“
„Heute habe ich hier meinen letzten Tag, alles andere werde ich in den nächsten Tagen und Wochen entscheiden“, sagte Lasogga, bevor er sich von Teamkollege Robert Tesche vom HSV-Gelände chauffieren ließ. Das hört sich wie ein endgültiger Abschied an.
Doch Lasogga hat an der Elbe einen gewichtigen Fürsprecher. Mäzen Klaus-Michael Kühne, der den HSV mit Millionen unterstützen will, falls die Mitglieder am kommenden Sonntag der geplanten Ausgliederung der Lizenzspieler-Abteilung zustimmen, ist ein großer Fan des Torjägers. Sportdirektor Kreuzer sagt geheimnisvoll: „Wir haben gute Möglichkeiten.“
Mitarbeit Alexander Laux