Champions League

Für Messi ist der Titel diesmal so wichtig wie nie

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Barça-Star Lionel Messi feiert am Sonnabend das zweite Tor beim Spiel gegen Atlético Madrid in Barcelona.

Barça-Star Lionel Messi feiert am Sonnabend das zweite Tor beim Spiel gegen Atlético Madrid in Barcelona.

Foto: ALBERT GEA / Reuters

Barcelona will und muss beim Mittwoch-Spiel gegen Manchester United endlich sein Viertelfinal-Trauma in der Königsklasse besiegen.

Barcelona.  Rom, immer wieder Rom. Selbst im Triumph, gerade war die spanische Meisterschaft durch ein 2:0 gegen den ärgsten Verfolger Atlético eingetütet: Rom. „Wir haben viel aus jener Nacht in Rom gelernt“, sagte Präsident Josep Maria Bartomeu am Sonnabendabend. „Wir alle: Mitglieder, Angestellte, Spieler, Trainer, Funktionäre ... sogar Journalisten.“ Die lange Aufzählung verdeutlicht, wie sehr der FC Barcelona nach eigener Wahrnehmung an allen Fronten kollabierte, beim fatalen 0:3 in Rom, das vor exakt 365 Tagen das Viertelfinal-Aus in der Champions League bedeutete.

Die Pflicht daraus zu lernen, hat im Verein seit Monaten den Status einer Mission. Vor dem erneuten Viertelfinale fühlt sich Barça nun bereit für das lang ersehnte Statement. Es geht zu Manchester United, was die nervöse Fanbasis schon mal insofern beruhigt, als nicht Italien und nicht Madrid auf dem Reiseplan stehen, denn dort ging es auswärts in vier der vergangenen fünf Viertelfinals den Bach runter. 0:1 und 0:2 bei Atlético 2014 und 2016, 0:3 in Turin 2017, dann Rom, unterbrochen nur von einem 3:1 in Paris auf dem Weg zum Titel 2015.

Ohne Titel sind seine Rekorde quasi nichts wert

Ein regelrechtes Viertelfinal-Trauma also. Vor allem, wenn eine andere Statistik noch besagt, dass in den zehn zugehörigen Hin- und Rückspielen kein einziges Tor von Lionel Messi zu notieren war. Dieser Gott des Fußballs hat also nicht nur mit der Nationalelf seine wunden Stellen, sondern auch mit Barcelona. Ohne diese ganzen Viertelfinals könnte man das ja durchaus bezweifeln, wo er gerade mit dem 335. Sieg zum Rekordgewinner in Spaniens 90-jähriger Ligageschichte aufgestiegen ist.

Wo er diese Saison mit einem Torerfolg alle 75 Minuten seinen besten Schnitt seit sechs Jahren erreicht oder kürzlich mal drei Spiele in Folge einen direkten Freistoß versenkte, was für die sowieso schon panischen Gegenspieler zur Folge hat, dass sie auch gleich im Strafraum foulen können. Wo die Meisterschaft schon sieben Runden vor Schluss bei elf Punkten Vorsprung erneut gewonnen scheint, zum vierten Mal in den letzten fünf Jahren und zum zehnten Mal in fünfzehn Messi-Jahren. Wo im Pokalfinale auch sein fünftes Double möglich ist. Wo es aber trotzdem um etwas anderes geht.

„Dieser so schöne und von allen so ersehnte Pokal“: das war Messis Versprechen, als er im August seine erste Saison als Klubkapitän mit der traditionellen Eröffnungsrede begann, und gemeint war die Champions League. Der häufige Misserfolg in den vergangenen Jahren nagt am Selbstverständnis des Vereins und an dem von Messi als weltbestem Fußballer. Dass dieses Jahrhunderttalent mit „nur“ vier Europapokalen (2006, 2009, 2011, 2015) nicht ausreichend in internationale Titel gemünzt wurde, gilt als Common Sense im Klub. „Wir müssten mehr Champions Leagues haben“, so hat es Bartomeu mal ausgedrückt, und alle heimischen Erfolge fühlen sich insbesondere dann schal an, wenn wie zuletzt ausgerechnet Erzfeind Real Madrid parallel den Kontinent erobert.

Für Fans, Umfeld und vor allem die Spieler selbst ist die Champions League im globalisierten Fußball mit seinen gewaltigen Finanzunterschieden mehr denn je das Maß der Triumphe. Alle Wege führen nach Rom: Dem sonst so erfolgreichen Trainer Ernesto Valverde wurde die tragische Nacht derart nachgetragen, dass er danach um seinen Job fürchten musste. Nur wegen diesem einen Spiel, in dem er ebenso wie seine Mannschaft die Schreckenskurve von Apathie über Konfusion zur Panik durchlief.

Man merkt Valverde an, dass auch er es dieses Jahr unbedingt besser machen will. Die körperliche Vorbereitung der Mannschaft wurde ganz auf eine Bestform im April zugeschnitten. Wo er entsprechend seines konservativen Naturells vorige Saison noch Rotationen und Wechsel scheute, hat er sich diese Spielzeit wesentlich interventionsfreudiger gezeigt. Messis Blick zur Ersatzbank mit dem stillen Schrei, doch bitte irgendetwas zu tun, gehört zu den ikonischen Szenen von Rom.

Messi lobt nun die Pläne seines Trainers in höchsten Tönen

Doch neuerdings spricht der Star bisweilen in den höchsten Tönen über die Matchpläne seines Trainers. Nach den späten Siegtoren gegen Atlético am Sonnabend jubelten Spieler und Trainer ekstatisch wie lange nicht. Sie wollten unbedingt den Rückenwind mitnehmen, die Meisterschaft erfolgreich abhaken, um mit aller Energie die Fragen zu beantworten, die sie seit einem Jahr quälen. Fragen wie die, warum der in der Liga so brillante Luis Suárez international seit über einem Jahr nicht mehr trifft und auf gegnerischem Platz seit 2015 nicht. Der FC Barcelona will es wissen, und heute ist endlich der Tag.