Berliner Fußball

Ex-Union-Star Mattuschka: „Das Lied werde ich nie vergessen“

| Lesedauer: 6 Minuten
Sebastian Schlichting
Torsten Mattuschka im Trikot der VSG Altglienicke

Torsten Mattuschka im Trikot der VSG Altglienicke

Foto: Getty Images / City-Press/Getty Images

Torsten Mattuschka war Kult bei Union. Jetzt spielt er in der Oberliga, spricht über den Gesang der Union-Fans und Erfahrungen als Trainer.

Berlin.  Er ist schon jetzt eine Legende des Berliner Fußballs. Torsten Mattuschka (36) hat von 2005 bis 2014 beim 1. FC Union gespielt und ist von der Oberliga bis in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Im Sommer wechselte er von Energie Cottbus zum Berliner Oberligisten VSG Altglienicke, mit dem er nun am Dienstag im Pokal-Achtelfinale gegen den Berliner AK (19 Uhr, Stadion Altglienicke) antritt.

Herr Mattuschka, Sie haben 2011 das Derby bei Hertha BSC mit einem Freistoß für Union entschieden. Vor fast 75.000 Fans. Kürzlich haben Sie in der Oberliga einen Freistoß aus 30 Metern versenkt. Vor 125 Zuschauern. Vergisst man in solchen Momenten, in welcher Liga ein Tor fällt?

Torsten Mattuschka: Tore zu erzielen, ist immer geil. Ob 100 Leute zugucken oder zigtausend interessiert da nicht. Wir haben mit Altglienicke auch einige Siege in der Schlussphase eingefahren. Das ist Adrenalin pur. In jeder Liga.

Haben Sie eine Weile gebraucht, um sich auf die 5. Liga einzustellen?

In Cottbus habe ich am Ende wenig gespielt. Der Rhythmus hat gefehlt. Das merkst du auch in der Oberliga. In den ersten Spielen war ich nicht so präsent. Inzwischen läuft es viel besser. Ich schieße Tore, bereite welche vor.

Wie war die Umstellung, was die Rahmenbedingungen betrifft?

Die Oberliga ist etwas komplett anderes. Wenig Zuschauer, nur noch abends Training. Für mich ist es kein Problem. Ich bin kein Schicki-Micki-Typ, dem jemand die Schuhe tragen muss. Mir geht es um Spaß am Fußball. Den habe ich hier.

Altglienicke ist Tabellenführer. Neben Ihnen sind andere Spieler mit Profi-Erfahrung wie Björn Brunnemann und Lennart Hartmann im Kader. Ist die VSG mehr als eine Oberliga-Mannschaft?

Wir sind Aufsteiger, das vergessen viele gern. Die Bedingungen sind ausbaufähig. Unser Rasenplatz hat kein Flutlicht, wir trainieren auf Kunstrasen. Aber natürlich haben wir eine gute Truppe, zwischen Ober- und Regionalliga von der Stärke.

Im Pokal wartet mit dem Berliner AK ein Spitzenteam aus der Regionalliga.

In der Liga sind wir immer Favorit. Diesmal nicht. Wir sind Außenseiter, wollen dem BAK ein Bein stellen.

Zurück zur Liga. Ist der Aufstieg das erklärte Ziel?

Wir stehen oben. Niemand hätte etwas dagegen aufzusteigen.

Sie wären auch in der Regionalliga dabei?

Mein Vertrag läuft bis 2018. Mir tut nichts weh. Fußball ist mein Leben. Das ist das, was ich liebe. Warum sollte ich aufhören?

Sie sind auch Co-Trainer bei Altglienickes A-Jugend in der Landesliga. Was für ein Typ sind Sie an der Seitenlinie?

Ich bin genauso laut, als wenn ich spielen würde. Vor einer Woche haben wir nach 1:3 noch 4:3 gewonnen. Beim Siegtor bin ich zu den Jungs gerannt, ich habe mich tierisch gefreut.

Ist die Trainerlaufbahn eine Option?

Bis jetzt macht es viel Laune. Ich will bald meine Trainerscheine machen. Und Jürgen Franz ist ein erfahrener Trainer, bei dem ich mir einiges abschauen kann.

Zum Beispiel?

Die Ansprache ans Team, Vor- und Nachbereitung des Trainings. Für mich ist das Neuland. Früher habe ich mich in den Bus gesetzt und dann später gespielt.

Was kann der Trainer Torsten Mattuschka gar nicht leiden?

Unpünktlichkeit. Meine Meinung ist: Wir können zusammen eine Menge Spaß haben – jedoch nur mit Disziplin. Die Spieler wollen später höher spielen. Wenn sie da zu spät kommen, sind sie schnell raus.

Ihr früherer Teamkollege Christian Beeck hat mal gesagt, dass Sie mitunter einen Tritt in den Hintern brauchten.

Definitiv. Ich musste öfter gekitzelt werden. Uwe Neuhaus (ehemaliger Trainer des 1. FC Union, heute in Dresden – d. Red.) hat dies immer erkannt. Bei mir hat es gefruchtet. So etwas vergisst du nicht.

Ist der Nachwuchs heute anders als zu Ihrer Jugendzeit?

Im Profibereich auf jeden Fall. Als junger Spieler habe ich „Guten Tag“ gesagt und mich in die Kabine gesetzt. Beim heutigen Auftreten mancher Nachwuchsspieler denke ich mir: Wenn ich das damals gemacht hätte, wäre ich beim Training über den Platz getreten worden. Aber ich mache den Jungs keinen Vorwurf. Die sind 17, 18, und es gibt massig Leute, die ihnen den Kopf verdrehen.

Sie selbst haben vor Ihrer Profikarriere als Maler und Lackierer gearbeitet.

Ich weiß, was es heißt, um fünf Uhr aufzustehen und auf dem Bau zu arbeiten. Daher bin ich der geblieben, der ich immer war.

Seit September arbeiten Sie bei einem Sponsor der VSG Altglienicke, in der Marketingabteilung eines Fanshops.

Profi bin ich schon nicht mehr. Irgendwann ist es mit dem Fußball ganz vorbei. Ich denke an die Zeit danach. Bei der Arbeit bin ich viel unterwegs, lerne interessante Leute kennen. Eine hervorragende Geschichte für mich.

Auf Unions Mitgliederversammlung hat Präsident Dirk Zingler dieser Tage angekündigt, dass es für Sie und Karim Benyamina ein Abschiedsspiel geben wird. Wie weit sind die Planungen?

Das Spiel soll nach Saisonende stattfinden. Wir stellen ein Team zusammen, das gegen die aktuelle Mannschaft von Union antritt. Damals ging alles schnell…

…2014 spielten Sie in den Planungen von Trainer Norbert Düwel keine Rolle mehr und wechselten nach Cottbus.

Das Mattuschka-Lied vor meinen Freistößen werde ich nie vergessen. Mit dem Spiel kann ich mich verabschieden. Wenn die Bude voll wird, wäre das grandios.