Arsène Wenger hat sich oft gefragt: Was wäre wenn? Was wäre, wenn Liverpool damals 2013 sein Angebot über 52 Millionen Euro für Luis Suarez angenommen hätte. Dann wäre der uruguayische Stürmer zum FC Arsenal gewechselt und nicht ein Jahr später zum FC Barcelona.
Dann würde er am Dienstag im Champions-League-Achtelfinale (20.45 Uhr, Sky) nicht diese angsteinflößende Offensiv-Dreifaltigkeit mit Lionel Messi und Neymar bei Barca bilden, die sich Arsenal ausgesetzt sehen wird. Zusammen haben die drei Angreifer in der Liga 58 Tore erzielt (25 Suarez). Aber dann wäre der einzige Trumpf, den Wenger am Dienstag besitzt, auch niemals gekommen.
Die überschüssigen Millionen investierte der Trainer-Manager der Londoner 2013 nämlich in Mesut Özil. 44 Millionen Euro gingen an Real Madrid. Oft gefragt hat sich Wenger in den vergangenen zwei Jahren auch, ob das gut angelegtes Geld war.
Thierry Henrys Rekord wackelt
Der deutsche Nationalspieler galt zwar immer als ein feiner Fußballer, aber ebenso als einer, der in den entscheidenden Spielen untertaucht. So wie vor zwei Jahren, als Arsenal im Achtelfinale am FC Bayern scheiterte, auch weil Özil im Hinspiel einen Elfmeter verschoss. Dafür gab es viel Spott der englischen Presse. Nun spottet niemand mehr. Denn Özil spielt in der Premier League derzeit die beste Saison seiner Karriere und macht sich daran, zwei Rekorde zu brechen.
17 Torvorlagen hat der Mittelfeldspieler in 24 Partien gegeben (mehr als in seinen beiden Spielzeiten davor zusammen). Bei noch zwölf ausstehenden Partien wackelt die bisherige Bestmarke von Thierry Henry (20 Assists 2003).
Özil ist der Kellner der Gunners: Bekommt Wengers Team eine Torgelegenheit, hat sie der Deutsch-Türke serviert. 106 Torchancen hat er in dieser Saison kreiert. Der Rekord in England liegt bei 134 (Frank Lampard 2009). Auch dieser dürfte fallen. „Er ist ein kompletter Spieler“, lobte Wenger. „Mesut ist unsere größte Bedrohung für den Gegner“, sagte Özils deutscher Teamkollege Per Mertesacker.
Anerkennung von Andrea Pirlo
Anerkennung gibt es auch vom ehemaligen Oberkellner der Branche. „Özil ist der kreativste Spieler Europas. Er hat eine Spielübersicht wie sonst niemand“, sagte Andrea Pirlo. Der Italiener war lange einer der besten Assistgeber der Welt und lässt nun seine Karriere in den USA ausklingen.
Zwei Jahre lang lief Özil in London den an die 44 Millionen Euro Ablöse gehefteten Erwartungen hinterher. Nun ist er der Grund, warum Arsenal auf Tabellenplatz zwei in der Premier League vom ersten Titel seit 2004 träumt kann und in der Champions League davon, trotz schwacher Vorrunde nach fünf Jahren mal wieder das Achtelfinale zu überstehen.
Kindheitstraum FC Barcelona
Titelverteidiger Barcelona kommt zwar mit der Empfehlung, 32 Pflichtspiele lang ungeschlagen zu sein, aber Özil sagt: „Vielleicht erwischt ja auch Barca einmal nicht den allerbesten Tag. Dann müssen wir zur Stelle sein.“
Seit Özil ein Kind war, träumte er davon, einmal bei den Katalanen zu spielen. 2010 war es fast soweit, aber der damalige Barca-Trainer Pep Guardiola legte sein Veto ein. Nun soll Barca erneut interessiert sein, berichteten kürzlich spanische Medien. Arsène Wenger würde das gern verhindern. Er hat Özil einen neuen Vertrag über die bestehende Laufzeit 2018 hinaus geboten, damit er sich nicht irgendwann fragen muss: Was wäre, wenn?