München. Am Sonntag steigt das bayrische Derby zwischen dem FC Augsburg und dem FC Bayern (17.30 Uhr, Sky). Der gebürtige Münchner und Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger, (33) spricht im Interview über seinen ehemaligen Mitspieler Serdar Tasci, den Abgang von Pep Guardiola und Hertha BSC als Überraschungsteam der Liga.
Berliner Morgenpost: Herr Hitzlsperger , haben die Augsburger eine Chance gegen die Bayern?
Thomas Hitzlsperger: Eine Chance gibt es bekanntlich immer. In diesem Fall ist die Chance sicher nicht sehr groß, weil die Bayern Dortmund weiter auf Abstand halten wollen. Das wird sie antreiben.
Den Bayern fehlen weiterhin Jerome Boateng, Medhi Benatia und Javi Martínez. Hat Joshua Kimmich als neueste Entdeckung von Pep Guardiola wirklich das Zeug zum Innenverteidiger?
Ein Durchbruch ist Joshua unbedingt zu gönnen. Aber dazu braucht es mehr als die gewissenhafte Entscheidung von Pep Guardiola. Die Mannschaft muss ihn annehmen, und speziell seine Mitstreiter spielen da eine große Rolle. Dazu kommt noch das Publikum. Dass Joshua selber das Zeug zum Nationalspieler hat, daran zweifele ich nicht.
„Ich befürchte, dass Tasci in der Champions League nicht weiterhelfen kann“
Sie haben mit Serdar Tasci in der Nationalelf gespielt. Ist er nur ein Notkauf, oder kann der Innenverteidiger Bayern tatsächlich helfen?
Tasci ist ein Mannschaftskamerad, den man nicht vergisst. Er ist für jede Mannschaft ein Plus – auch für Bayern. Vieles hängt aber von seiner Fitness ab. Ich befürchte, dass er in der Champions League den Bayern nicht weiterhelfen kann, für die Bundesliga und den DFB-Pokal kann er aber eine wichtige Stütze sein.
Hat sich Pep Guardiola einen Gefallen damit getan, zu sagen, er sei „multitasking-fähig“, auf die Frage, ob er parallel auch schon gelegentlich mit den Gedanken bei Manchester City sei.
Pep Guardiola wollte die erst mal misstrauischen Bayern wohl einfach nur trösten. Aber es gab eben auch Leute, die unter Multitasking einfach nur kalkulierte Minderleistung verstehen. Er hat aber seine Parallelarbeit nicht an die große Glocke gehängt. Als es dann bekannt wurde, hat er nicht drumherum geredet. Das finden viele Leute sympathisch. Es gibt ja immer wieder „Doppelagenten“, die aber den interessierten Leser für dumm verkaufen.
Passt Manchester City zu Guardiola?
Bisher war es immer so, dass Guardiola seinen Verein mindestens genauso prägte wie umgekehrt. Das ist seine Stärke. Auch Bayern ist heute nicht mehr das Bayern der Vor-Guardiola-Zeit. City ist kein Beton-Monument. Beide Seiten werden sich einander annähern.
Die Bayern stehen vor den großen Duellen mit Juventus Turin im Achtelfinale der Champions League (Hinspiel am 23. Februar). Könnte diese K.o.-Runde der Knackpunkt der Saison werden, weil die Aufgabe so tough ist?
Es bleibt interessant. Viel mehr kann man heute nicht sagen. Alles andere wäre reine Spekulation. Das belegen schon die Zahlen aus dem Wettgeschäft. Aber ich selber will mich an Wetten nicht beteiligen.
Zu den Augsburgern: Kann der FCA in der Europa League tatsächlich den FC Liverpool mit Jürgen Klopp rauswerfen?
Kann er, wenn nicht etwas heute Unvorhersehbares passiert. Beide sind relativ stabil – wenn auch Liverpool auf höherem Niveau.
„Wir müssen warten, bis Hoeneß wieder präsent ist“
Augsburgs Cheftrainer Markus Weinzierl wird als künftiger Coach von RB Leipzig gehandelt. Kann der 41-Jährige eines Tages einmal sogar Trainer beim FC Bayern werden?
Man würde gern wissen, was in den Köpfen des Vorstandes und in den Herzen der Spieler vorgeht. Aber dieses Mal müssen wir warten, bis Hoeneß wieder präsent ist.
Eine weitere Überraschungsmannschaft der aktuellen Bundesligasaison ist Hertha BSC. Glauben Sie, dass die Berliner wirklich in die Champions League einziehen können?
Ich sprach vor nicht allzu langer Zeit mit dem Assistenztrainer Rainer Widmayer, den ich noch aus Stuttgarter Zeiten kenne. Er verfügt über viel Erfahrung und ergänzt sich bestens mit Pal Dardai. Die Spieler arbeiten hart für den Erfolg, die Organisation auf dem Platz stimmt, und durch den Einzug in das DFB-Pokalhalbfinale haben sie zusätzlich an Selbstvertrauen gewonnen. Das sind genügend Gründe, die für einen Einzug in die Champions League sprechen.