Flensburg. Fabian Wiede nahm noch einen tiefen Schluck aus seiner Bierflasche und setzte zu einem letzten Sprint an. Die offizielle Pressekonferenz stand noch zwischen dem Kapitän der Füchse Berlin und der großen Party. Pünktlich nahm der Spielmacher auf dem Podest Platz und grinste in die Runde. Neben ihm: Trainer Jaron Siewert. Ebenfalls lächelnd. Was bei dem sonst so reservierten Coach fast schon einem Gefühlsausbruch gleichkam.
Die glücklichen Gesichter hatten einen Grund. Die Füchse durften am Sonntag in Flensburg nach fünf titellosen Jahren endlich wieder einen Pokal in die Höhe recken. Im Finale der European League setzten sich die Berliner mit 36:31 (16:12) gegen BM Granollers aus Spanien durch und holten nach 2015 und 2018 zum dritten Mal den Titel im zweithöchsten europäischen Klubwettbewerb.
Wiede zum Wertvollsten Spieler gewählt
„Ich bin unheimlich froh, dass wir diesen Pokal nach fünf Jahren wieder nach Berlin geholt haben“, erklärte Wiede, der zum Wertvollsten Spieler (MVP) des Final Four gewählt wurde. „Wir haben eine unglaublich starke Mannschaft, für mich die stärkste, die wir je hatten.“
Diese Mannschaft tat sich im Finale allerdings erst mal schwer. Die erste Hälfte war mitnichten so souverän, wie sie gegen den Dritten der spanischen Liga (20 Punkte hinter Spitzenreiter Barcelona) hätte sein können. Erst kurz vor der Pause legten die Füchse los – und ließen sich die Führung bis zum Ende nicht mehr nehmen.
Zu verdanken war das einer geschlossenen Mannschaftsleistung, acht Toren von Lasse Andersson als bestem Werfer und 13 Paraden von Keeper Dejan Milosavljev, dessen Einsatz nach einem Kopftreffer im Halbfinale am Sonnabend gegen Montpellier (35:29) erst spät feststand. Die lautstarke Unterstützung von gut 400 mitgereisten Fans tat ihr Übriges.
Auch die zweitplatzierten Spanier feiern
Dass dieses Finale trotz des am Ende souveränen Sieges der Berliner keinen Verlierer kannte, lag an den Gästen aus Katalonien. Schon der Finaleinzug gegen FrischAuf Göppingen (31:29), die sich Platz drei gegen Montpellier sicherten, war eine kleine Sensation. Und so standen die Spanier nach Spielende auf dem Podest, ihre Silbermedaillen um den Hals und feierten, als wären die Plaketten aus Gold.
„Ich habe noch nie eine Mannschaft gesehen, die sich so feiert für einen zweiten Platz. Die waren auf einem emotionalen Hoch“, erklärte Trainer Siewert, der nach seinem ersten Titel als Chefcoach sichtlich ergriffen war. „Es kann nur einen Sieger geben, aber heute waren es gefühlt zwei.“
Keine Deadline für feierwütige Füchse-Profis
Also wurde ordentlich auf dem Feld gefeiert. Die Spanier in einer Ecke mit ihren völlig euphorisierten Fans. Und die Füchse in der anderen Hälfte – allesamt in weißen Titel-Shirts. Valter Chrintz spritzte seine Teamkollegen mit Champagner nass, Robert Weber küsste immer wieder den Pokal, Jaron Siewert hängte Sohn Emil die Medaille um – und der Rest (inklusive Geschäftsführer Bob Hanning und Sportvorstand Stefan Kretzschmar) versuchte zu begreifen, was die Füchse nach verkorksten Wochen, der verschenkten Meisterschaft und dem Bangen um die Champions League doch noch erreicht haben.
„Es ist ein großer Titel“, sagte Siewert. „Ich hoffe, dass jeder im Team diesen Titel so feiert wie die Meisterschaft.“ Eine Party-Deadline gab’s am Sonntagabend nicht für die Profis. „Die sollen das einfach genießen“, forderte der Coach. Nur zur Abfahrt des Busses am Montagmorgen Richtung Berlin, da sollten alle dann wieder an Bord sein.
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