Handball

Die Füchse leiden unter ihren schwachen Abwehrkräften

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Inga Böddeling
Die Füchse hoffen für das Spiel am Sonntag auf die Rückkehr von Abwehrchef Jakov Gojun (l.).

Die Füchse hoffen für das Spiel am Sonntag auf die Rückkehr von Abwehrchef Jakov Gojun (l.).

Foto: Andreas Gora / picture alliance/dpa

Die Pokal-Niederlage der Füchse in Melsungen hat gezeigt, wie wichtig eine stabile Deckung ist – und Abwehrchef Jakov Gojun.

Kassel. Es ist gerade nun mal diese Jahreszeit. In der jeder schnieft, hustet und die Abwehrkräfte schwächeln. Auch bei den Füchsen Berlin. Mit dem einzigen Unterschied, dass dem Handball-Bundesligisten nicht mit heißer Zitrone und Ingwer geholfen werden kann. Das schmerzliche 30:33 bei der MT Melsungen vom Dienstag und das damit verbundene Aus im Viertelfinale des DHB-Pokal haben eines gezeigt: Ohne stabile Abwehr läuft’s nicht.

Die Defensive ist das Immunsystem der Berliner. Das sie vor ungeliebten Niederlagen schützt, gegen gegnerische Angriffsversuche kämpft und von den Torhütern unterstützt wird. Funktioniert hat das gegen Melsungen auch deshalb nicht, weil die Füchse schon früh auf Abwehrchef Jakov Gojun (Schlag gegen die Rippen) und später auf Mijajlo Marsenic (Rote Karte/40. Minute) verzichten mussten. „Die Rote Karte hat uns richtig wehgetan. Da fehlen dir plötzlich zwei Hünen von über zwei Metern“, sagte Trainer Velimir Petkovic. „Ab diesem Moment war es nicht mehr möglich, eine vernünftige Deckung zu spielen.“

Füchse-Trainer Petkovic will keinem Spieler die Schuld geben

Der Coach versuchte es mit einer 5:1-Defensive, mit Marko Kopljar als Solo-Innenblock und mit Michael Müller und Frederik Simak als robuste Unterstützung. Das neue System aber war zu löchrig, Melsungen nutzte die Unsicherheit der Füchse und drehte das Spiel. „Immer mehr hat uns auch die Kraft gefehlt. Dazu hatten wir keine Unterstützung von unseren Torhütern, aber die hatten eben auch keine Unterstützung von unserer Deckung“, sagte Petkovic. „So haben wir 33 Tore kassiert, und das ist einfach zu viel.“

Dejan Milosavljev und Silvio Heinevetter entschärften zusammen nur acht Würfe der Hausherren. Eine Quote, die an normalen Tagen einer allein in einer Halbzeit erreicht. „Aber ich will keinem Spieler einen Vorwurf machen. Die haben 30 Tore gemacht, haben gekämpft wie die Löwen“, sagte Trainer Petkovic.

30 Tore, die vor allem Kapitän Hans Lindberg (zwölf Treffer) zu verdanken waren, der fünf Siebenmeter und den einen oder anderen Tempogegenstoß verwandelte. Schnelle Tore aus einer guten Deckung gelangen den Füchsen nur zu Anfang der ersten Hälfte. Später stotterte das Angriffsspiel, Spielmacher Fabian Wiede und sein Rückraum fanden keine Lösungen gegen eine kompakt stehende Abwehr der MT.

Am Sonntag haben die Füchse die Chance auf den dritten Tabellenrang

Szenarien, die dem aufmerksamen Füchse-Beobachter bekannt vorkommen werden. Zu Beginn dieser Saison setzte es in der Bundesliga zwei unnötige Niederlagen gegen Minden (25:29) und Balingen (30:31). Grund waren auch da die instabile Abwehr und das daraus resultierende schwache Angriffsspiel. Das hatten die Berliner eigentlich wieder im Griff, konnten sich auf ihre Defensive verlassen. Ein Rückfall in alte Zeiten kommt aber nicht infrage.

Weder für die Spieler noch für Trainer Petkovic. Auf der Mannschafts-Weihnachtsfeier am Mittwoch wollte der Coach alles noch einmal aufarbeiten. Seinen Männern klarmachen, dass diese Niederlage äußerst ärgerlich ist, der Auftritt aber keineswegs so dramatisch, als dass man nun alles hinterfragen müsste. „Das Final Four war ein großes Ziel für uns, aber wir werden am Sonntag zurückkommen“, sagte Petkovic. „Wir wollen den dritten Platz erobern.“

Gegen die TSV Hannover-Burgdorf (13.30 Uhr, Sky) soll der fünfte Liga-Sieg in Folge her. Am besten wieder mit Abwehrchef Gojun. „Es ist wohl nichts gebrochen, aber wir müssen abwarten, wie schnell er sich erholt“, sagte Petkovic über die Verletzung des Kroaten. „Er hatte schon starke Schmerzen.“ Eine Rückkehr des 2,03 Meter großen Defensiv-Spezialisten wäre wichtig für das Selbstverständnis, mit dem die Füchse zuletzt aus ihrer Abwehr heraus agiert haben.

In der kommenden Woche ist der Rekordmeister aus Kiel zu Gast

In der Liga gibt es bis Weihnachten nämlich noch einiges zu holen – aber eben auch zu verlieren. Nach dem Auswärtsspiel in Hannover empfangen die Füchse am darauffolgenden Donnerstag (19 Uhr, Max-Schmeling-Halle) Rekordmeister THW Kiel. Dann stehen bis zur Winterpause die Duelle mit Wetzlar, Erlangen, Stuttgart und Leipzig an. Zwölf Punkte sind also noch zu verteilen. Mit einer ordentlichen Ausbeute würde der aktuell Tabellenvierte in der Spitzengruppe der Liga überwintern. Und nach der Europameisterschaft (9. bis 26. Januar) geht der Kampf um das Final Four im EHF-Pokal los – das in der heimischen Schmeling-Halle stattfindet.

„Wir dürfen die Köpfe jetzt nicht hängen lassen, da es am Sonntag in Hannover direkt weitergeht“, sagte auch Linksaußen Tim Matthes. Also motiviert ran an die nächsten Aufgaben. Damit nach dem Spiel am Sonntag nicht wieder alle verschnupft sind.

Linksaußen Milos Vujovic verstärkt die Füchse Berlin ab Sommer 2020

Die Füchse treiben derweil ihre Personalplanungen für die Saison 2020/2021 weiter voran. Mit Milos Vujovic (26) verpflichtete der Hauptstadtklub einen schnellen Linksaußen von Grundfos Tatabánya. Der Montenegriner wird zunächst für drei Spielzeiten nach Berlin wechseln. Nach Marian Michalczik von GWD Minden und Lasse Andersson vom FC Barcelona können die Füchse somit den nächsten richtungsweisenden Baustein präsentieren.

Nationalspieler Vujovic ist bereits jetzt voller Vorfreude: „Darauf habe ich immer gewartet. Als Kind habe ich meinen Eltern und meinen Freunden gesagt, dass ich einmal in Deutschland spielen möchte. Die Füchse sind ja nicht nur ein Bundesligaklub, sondern sie sind ein absoluter Spitzenverein. Ich freue mich jetzt schon auf diese Herausforderung in Berlin.“

Sportvorstand Kretzschmar ist begeistert vom Linksaußen

Stefan Kretzschmar, ab Januar Vorstand Sport bei den Füchsen Berlin, freut sich auf das nächste Puzzleteil im Kader: „Milos ist ein absoluter Kämpfer. Seine Mentalität und sein unbedingter Siegeswille werden uns voranbringen. Er hat eine herausragende Athletik und Schnelligkeit. Sein Traum war immer die Bundesliga, und er wollte unbedingt zu uns. Das hat mir imponiert. Er wird ein wichtiger Baustein für unser Team in den nächsten Jahren werden.“

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