Handball

In Melsungen platzt der Pokal-Traum der Füchse

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Inga Böddeling
Verbissen gekämpft, aber am Ende nicht belohnt: Füchse-Rückraumspieler Jacob Holm (M.) kann die Niederlage gegen Melsungen nicht abwenden.

Verbissen gekämpft, aber am Ende nicht belohnt: Füchse-Rückraumspieler Jacob Holm (M.) kann die Niederlage gegen Melsungen nicht abwenden.

Foto: Fotostand / Harald Kuhl / picture alliance / Fotostand

Die Füchse verlieren 30:33 in Melsungen und verpassen das Final Four in Hamburg – weil am Ende der Rückhalt der Abwehr fehlt.

Kassel. Sie konnten es nicht fassen, blickten ratlos drein und schlichen letztendlich tief enttäuscht vom Feld. Drüber reden wollte bei den Füchsen Berlin kaum einer. Über dieses 30:33 (16:14) im Pokal-Viertelfinale am Dienstagabend bei der MT Melsungen. Denn das vierte Final Four im DHB-Pokal, es blieb das, was es vor der Partie war: ein Traum. Dabei wäre die Pleite für den Berliner Handball-Bundesligisten durchaus vermeidbar gewesen.

Hatten die Füchse Melsungen am vergangenen Donnerstag in der Bundesliga doch noch souverän geschlagen (28:22). Im Pokal aber standen sich beide Mannschaften erst einmal gegenüber. Damals im April 2014, als die Berliner im Halbfinale gegen Melsungen siegten – und einen Tag später den Pokal holten. Der Wunsch, diesen Triumph zu wiederholen, er war groß in der Hauptstadt.

Kapitän Hans Lindberg macht die ersten sechs Tore in Eigenregie

Den Füchsen war also von der ersten Sekunde an anzumerken, worum es an diesem Abend vor 4168 Zuschauern in der Rothenbach-Halle in Kassel ging. Sie begannen stark, konzentriert und machten wenige bis gar keine Fehler. In den ersten zehn Minuten lieferte aber vor allem einer ordentlich ab: Hans Lindberg. Der Kapitän machte gleich sechs Tore (war mit insgesamt zwölf Toren bester Werfer der Partie), bescherte den Berlinern eine frühe Vier-Tore-Führung (7:3/10. Minute) und stellte damit sogar Torhüter Dejan Milosavljev in den Schatten, der das Spiel mit einer ansehnlichen Doppelparade eröffnet hatte.

„Wir haben gesehen, dass uns der Sieg in der Liga geholfen hat“, sagte Trainer Velimir Petkovic. „Aber ich wusste, dass das kein einfaches Spiel hier wird.“ Erstmal gab der fulminante Start den Füchsen aber Selbstvertrauen. Im Angriff kämpften sich auch Jacob Holm und Paul Drux in den Kreis der Torschützen, in der Defensive ließen Mijajlo Marsenic und Co. nur wenige Würfe zu. Und das, obwohl sie ab der 15. Minute auf ihren Abwehrchef verzichten mussten. Jakov Gojun hatte einen Schlag gegen die Rippen bekommen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht musste der 2,04 Meter große Abwehrrecke für den Rest der Partie passen.

Kreisläufer Marsenic kassiert in Hälfte zwei Rote Karte

Der Kroate musste tatenlos zusehen, wie sich seine Kollegen auf dem Feld eine künstlerische Schaffenspause gönnten – und die MT sich bis zum Ausgleich heranpirschte (12:12/24.). Trainer Petkovic reagierte, nahm eine Auszeit und schickte den Ex-Melsunger Michael Müller und Jungfuchs Frederik Simak (21) aufs Feld. Mit frischem Wind und Toren von Simak und Linksaußen Tim Matthes (24./26.) verhinderten die Füchse eine Führung der Gastgeber. Und belohnten sich selbst mit einem Zwei-Tore-Vorsprung zur Pause.

Damit hatten die Nordhessen allerdings angedeutet, wozu sie fähig sind. Dass sie dieses Spiel deutlich enger gestalten können, als es noch in der Bundesliga am vergangenen Donnerstag der Fall war. Und so wurde die zweite Halbzeit zu einem echten Pokal-Krimi. Mit harten Zweikämpfen, hitzigen Diskussionen und hektischen Spielzügen. Und einer Roten Karte, die Füchse-Kreisläufer Marsenic nach einem Foul an Melsungens Nationalspieler Julius Kühn kassierte (40.).

Ohne Abwehrbollwerk geben die Füchse das Spiel aus der Hand

Die Füchse mussten also 20 Minuten ohne ihr Defensiv-Bollwerk auskommen. Einzig 2,10-Meter-Mann Marko Kopljar blieb als Abwehr-Riese übrig. Zudem fehlte den Berlinern zeitweise die Souveränität der Anfangsphase, technische Ungenauigkeiten und Fehlwürfe schlichen sich ins Spiel des Hauptstadtklubs. Was Melsungen die Chance gab, erneut auszugleichen (19:19/37.). Eine Führung der Hausherren verhinderte aber der zukünftige Melsunger Silvio Heinevetter, der seit der 20. Minute für Milosavljev im Tor stand und im Sommer zur MT wechselt.

So blieb das Spiel eng, die Spannung war greifbar. Allen war anzumerken, dass es hier um mehr ging als bloß um zwei Bundesliga-Punkte. Eine Führung der Berliner wechselte sich jeweils mit dem Ausgleich der Melsunger ab. Bis zur 45. Minute. Mit einem Drei-Tore-Lauf setzten sich die Nordhessen plötzlich ab, schockten die Füchse mit dem ersten Rückstand der Partie (22:25/48.). Trainer Petkovic feuerte seine Jungs von der Seitenlinie an, wollte nicht wahr haben, dass das greifbare Final Four wieder außer Sichtweite geriet.

Doch die Füchse erholten sich nicht mehr, das Spiel war ihnen entglitten. Irgendwo zwischen der 44. und der 47. Minute, irgendwo zwischen Zeitstrafen und technischen Fehlern. „Wir haben in der Abwehr nicht mehr das gezeigt, was wir zeigen wollten“, sagte Simak, der als einziger Spieler Worte für die schmerzliche Niederlage suchte. Ihm blieb aber nur eines: „Glückwunsch an Melsungen!“ Viel Zeit zum Wundenlecken bleibt nicht. Am Sonntag geht es für die Füchse zum Überraschungsteam dieser Bundesliga-Saison, zur TSV Hannover-Burgdorf (13.30 Uhr, Sky).

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