Der Vereinsname erlaubt vielerlei Wortspiele. So etwa nehmen die Handballer der Füchse Berlin in Bundesligaspielen oft Witterung auf, ihre Heimspielstätte, die Max-Schmeling-Halle, bezeichnen sie gern als ihren Fuchsbau und die aktuelle Saisonbroschüre trägt den Titel "Handbuch der Jäger". Nun aber drängt ein weiterer Begriff in den Sprachschatz der Berliner - der des Gejagten.
Mit 21:3 Punkten liegen die Füchse nach zwölf Spieltagen der Eliteliga sensationell auf Rang zwei, mit einem Sieg am Mittwoch über Balingen-Weilstetten (20.15 Uhr, Schmeling-Halle) können sie sogar wieder die Tabellenführung übernehmen. Vorausgesetzt, der HSV Hamburg verliert zu gleicher Zeit gegen die Rhein-Neckar-Löwen. "Das Märchen geht weiter", heißt es seit Wochen aus der Chefetage der Füchse. Denn was zunächst noch wie eine schöne Momentaufnahme aussah, hat sich nunmehr als richtiger Dauerbrenner erwiesen. Die Füchse mischen die Liga auf, sind unbeirrbar auf Europapokalkurs. Und die Liga staunt. "Mit 11:1 Punkten, die wir bislang in den Heimspielen geholt haben, sind wir in der Tat keine Jäger mehr, sondern jetzt die Gejagten", sagt denn auch Geschäftsführer Bob Hanning, "uns unterschätzt jetzt keiner mehr." Eine beachtliche Entwicklung, immerhin bestreiten die Berliner erst ihre vierte Saison in der Beletage des deutschen Handballs.
Erfolg macht nicht nur sexy, Erfolg macht auch selbstbewusst. "Wir haben durch die Siegesserie viel Selbstvertrauen getankt", sagt Hanning. Dieser Umstand verleihe der ganzen Mannschaft ungehörig viel Kraft und Zuversicht. "Aber wir sind natürlich schlau genug zu wissen, dass es Mannschaften gibt, die personell und finanziell deutlich besser bestückt sind als wir." Das ist zum Beispiel der deutsche Rekordmeister THW Kiel, dessen Etat mit 9,5 Millionen weit mehr als das Doppelte der Füchse beträgt, das Team ist gespickt mit internationalen Superstars - und liegt derzeit doch hinter den Berlinern.
Aber natürlich ist die Saison noch lang. Und bei den Füchsen bleiben sie trotz des Höhenflugs auf dem Boden, Luftschlösser auf der Grundlage zukünftiger Erfolge werden nicht gebaut, zumal die Mannschaft noch an ihrer Stabilität feilen muss. "Wir bleiben ganz cool und heben nicht ab", sagt Kapitän Torsten Laen, "wir arbeiten weiter hart und wollen uns den Traum von Europa erfüllen." Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson ist eh keiner, der sich auf Erreichtem ausruht, daher gilt nun die Konzentration der nächsten Aufgabe. Und die hat es mit Balingen in sich. Die Mannschaft von Coach Rolf Brack sucht ihr Heil im körperbetonten Spiel, das die Fairness oft arg strapaziert. Oder wie Hanning sagt: "Sie spielen sehr hart, aber das ist ihre Chance." Das sei bei den Balingern wie so eine Art Überlebenskampf. "Diesen inneren Trieb haben sie gelernt. Die treten fast so auf, als hätte man ihnen vor dem Anpfiff rohes Fleisch zu Essen gegeben." Das Erfolgsrezept müsse darin liegen, Balingen erst gar nicht groß zum Zug kommen zu lassen.
In jedem Fall werden die Zuschauer wieder ein paar taktische Finessen zu sehen bekommen. Brack ("Man muss erfinderisch sein") überrascht den Gegner gern mit Tricks. So bringt er mal den siebten Feldspieler, agiert dann wieder mit drei Kreisläufern gleichzeitig. Hanning, der Brack sehr schätzt, sagt: "Er agiert unorthodox kreativ." Der Tabellen-Elfte von der Alb hat gegen die Füchse nichts zu verlieren. "Daher müssen wir hochkonzentriert sein, denn wie die anderen hofft auch Balingen darauf, uns an einem schwachen Tag zu schlagen."