Berlin. Die erste Runde durch die Liga wird bei den Protagonisten gar nicht so sehr als markanter Punkt wahrgenommen. Ein Ereignis, das kurz dahinter liegt, erhält viel mehr Aufmerksamkeit. Weil es Zeit zum Durchatmen bietet, zum Kraft sammeln. Regelrecht herbeigesehnt wird die Länderspielpause der Deutschen Eishockey Liga (DEL) teilweise, die Anfang November beginnt. Oft aber begleitet von einem mulmigen Gefühl. „Meistens passiert in der Tabelle von da an nicht mehr so viel bis zum Saisonende“, sagt Stéphane Richer, der Sportdirektor des EHC Eisbären. Wer jetzt unten steht, hat also ein Problem. Weshalb die Spiele in der DEL gerade an Intensität gewinnen. Jeder unterhalb der Top Vier will unbedingt mit guten Ergebnissen in die Pause gehen, vielleicht noch ein paar Plätze aufrücken.
Die Eisbären gehören zu diesen Teams, noch viel mehr trifft das aber auf ihren Gegner am Sonntag zu: die Nürnberg Ice Tigers (19 Uhr, Mercedes-Benz Arena). Die Vorzeichen, unter denen beide Mannschaften antreten, haben sich damit stark verändert. Im Frühjahr standen sich Berliner und Franken im Halbfinale gegenüber, lieferten sich in sechs Spielen eine große Schlacht. Nun rennen sie ihren Erwartungen hinterher, und die Nürnberger scheinen dabei den Anschluss zu verpassen als Zwölfter.
Vier Niederlagen in Folge für Nürnberg
In den vergangenen Tagen versuchte Trainer Clément Jodoin in Berlin, dem Spiel des Vizemeisters mehr Aggressivität zu verordnen. Hungriger sollen die Eisbären agieren, die Gegenspieler schneller attackieren. „Wir müssen druckvoller sein, konsequenter am Mann und schneller die Scheibe erobern“, sagt Kapitän André Rankel. Am Freitag in Bremerhaven wirkte sich das schon positiv aus, die Eisbären gewannen 3:2 und schoben sich auf Platz sechs. Durch viele Verletzungen fiel es ihnen zuvor schwer, die spielerische Linie des neuen Cheftrainers umzusetzen. Obwohl das Team weitgehend eingespielt ist und die Kaderveränderungen zum Vorjahr moderat blieben.
Weit mehr neue Gesichter finden sich in der Mannschaft der Franken. Sie verloren viele Leistungsträger. Ebenso schwer wiegt aber offenbar der Verlust von Trainer Rob Wilson, der die Nürnberger mit drei Halbfinal-Teilnahmen in Serie zur erfolgreichsten Periode ihrer DEL-Zeit führte. Den Kanadier zog es in die Heimat, weil er näher bei der Familie sein wollte. Mit Kevin Gaudet als Nachfolger setzten die Ice Tigers auf den falschen Mann, nach nur vier Spieltagen wurde er entlassen. Weil „Philosophie und die taktischen Gedankenspiele einfach nicht zusammengepasst haben“, wie Sportdirektor Martin Jiranek sagt. Er bekleidet nun beide Ämter, konnte bislang aber auch wegen zahlreicher Verletzungen nur wenig reparieren. Das 1:4 gegen Mannheim am Freitag war die vierte Niederlage in Folge.
Rob Zepp spielt mit den Eisbären-Allstars
Stattdessen wächst der Frust, was in Nürnberg am Klubchef immer am augenscheinlichsten wird. Eishockey-Enthusiast Thomas Sabo lebt seine Emotionen wie kaum ein anderer und äußert seinen Unmut oft drastisch. Darunter kann selbst das Klima in der Kabine leiden. Für Jiranek ist mit der Doppelbelastung das Aufgabenfeld ohnehin schon groß genug, um hier immer moderierend eingreifen zu können. Er muss die Mannschaft auf den richtigen Weg bekommen, sich gleichzeitig um die Zukunft kümmern. Im Fall von Leonhard Pföderl (25) funktionierte das wohl nicht. Der Nationalspieler, eine Stütze im Angriff der Franken, soll nächste Saison nach Berlin wechseln.
Vorher aber kämpft er aber mit den Ice Tigers verzweifelt darum, nicht schon frühzeitig die Hoffnung auf das Play-off aufgeben zu müssen. Deshalb wird das Wiedersehen der Halbfinalisten, vor dem noch das Allstar-Spiel der Eisbären mit Rob Zepp im Tor gegen die russische Gazprom-Auswahl stattfindet (13 Uhr), so kurz vor der Länderspielpause ein sehr intensives Duell werden.