Eishockey

Warum Uwe Krupp kein Eisbär mehr sein will

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Marcel Stein
Uwe Krupp hat die Eisbären wieder auf einen erfolgreichen Weg gebracht, auf den ersten Titel als Trainer wartet der frühere NHL-Star weiterhin

Uwe Krupp hat die Eisbären wieder auf einen erfolgreichen Weg gebracht, auf den ersten Titel als Trainer wartet der frühere NHL-Star weiterhin

Foto: Fotostand / Jakob / picture alliance / Fotostand

Der Trainer steht vor dem Absprung nach Prag, das Verhältnis zu Sportdirektor Richer ist nicht gut. Auch einige Topstars wollen weg.

Der Kapitän lehnte an einer Wand in der Münchner Olympiaeishalle, die Augen glasig, die Stimme schwach. Über den Gefühlszustand von André Rankel musste niemand rätseln, arg mitgenommen hatte ihn die Niederlage im entscheidenden siebten Finalspiel (3:6) der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Seine Kollegen schlurften mit starrem Blick vorbei zum Ausgang. Selbst der große Auflauf vorm Mannschaft-Bus, wo die Fans die Profis wie Sieger verabschiedeten, zauberte nur ein kurzes Lächeln auf die Gesichter der Spieler. Im Bus sitzend beschäftigte sie ganz schnell wieder allein ihre Enttäuschung.

Nur einer stach heraus aus dieser traurigen Masse. Uwe Krupp liegt das Verlieren nicht, das weiß man, doch der Trainer lief nach dem 3:4 in der „Best of seven“-Serie gegen Red Bull München mit auffallend guter Laune durch die Hallengänge, strahlte Offenheit aus. „Ich war schon mal in einer ähnlichen Situation und war niedergeschlagen“, sagte der 52-Jährige: „Diesmal fühlt es sich komplett anders an.“ Zum dritten Mal unterlag der Coach nach 2013 und 2014 mit Köln in einem Finale, doch von Trauer um eine verpasste Chance war keine Spur. „Die Jungs haben super gekämpft, sie haben so viel Charakter gezeigt“, sagte Krupp und räumte eine gewisse Ernüchterung im Augenblick der Niederlage ein. Die hatte er aber schnell abgeschüttelt.

Vielmehr ging es dem Trainer offenbar um ein positives Fazit. Der Saison zum einen: „Es gibt viele gute Mannschaften in der DEL. Wir haben einen Weg gefunden, uns von denen abzusetzen und eine sehr gute Münchner Mannschaft bis zum siebten Spiel zu zwingen.“ Es tue ihm leid, dass man es nicht geschafft habe, den Titel zu gewinnen, „aber mit ein bisschen Abstand werden alle sehen, dass es eine gute Saison war“. Und auch ein guter Abschluss seiner Zeit bei den Eisbären. Als er im Dezember 2014 zum Klub kam, waren die Berliner damit beschäftigt, nach der Ära von Don Jackson alles neu zu sortieren. Die Eisbären rutschten in eine schwierige Phase, durchlebten keinen geräuschlosen Umbruch. „Da sind einige Schritte gemacht worden. Das hat ein bisschen gedauert, aber das ist jetzt eine gute Truppe. Die Eisbären sind gut aufgestellt“, sagte Krupp und klang dabei, als würde er das schon mit einer gewissen Distanz festhalten.

Dieser Eindruck verfestigte sich mit jedem Wort. Es bräuchten nur ein paar kleine Stellschrauben gedreht zu werden, „dann kannst du mit der Mannschaft die nächsten Jahre gut spielen“. Wer kann das? „Keine Ahnung wer.“ Seine Vertragssituation bezeichnete der Trainer als „ungelöst“, der Kontrakt läuft aus. Bis zu einer Entscheidung sei es aber nicht mehr weit. „Ich denke, das geht relativ schnell. In den nächsten zwei Tagen, da brauchen wir nicht lange zu fackeln. Ursprünglich wollte ich in Berlin bleiben, aber das ist eine lange Saison gewesen“, so Krupp. So spricht wohl niemand, der ansatzweise davon ausgeht, den Posten in der nächsten Saison zu bekleiden.

Torwart Vehanen hört auf, Aubry hat tolleAngebote

Geschäftsführer Peter John Lee schien etwas überrascht. „Ich hatte gehofft, dass wir uns einig werden“, so der Klub-Chef. Verhandelt habe man, eine Entscheidung aber an das Saisonende vertagt. Lee geht davon aus, dass Krupp mehrere Optionen hat. Welche, das werde er im nächsten Gespräch erfahren, das zeitnah stattfinden wird gemeinsam mit Sportdirektor Stephané Richer. Dessen Verhältnis zu Krupp soll kein ausgeprägt gutes sein. Vielleicht auch deshalb hat der Trainer wohl schon länger die Weichen in eine andere Richtung gestellt. Die Spur soll nach Prag führen, wo er bei Sparta den Trainerposten übernehmen könnte.

Einen Coach zu verlieren, der die Mannschaft in jeder Saison ein Stück weiter nach oben begleitet hat, wäre nicht unbedingt leicht zu vermitteln. Dass auch der Verbleib der Play-off-Top-Scorer Nicholas Petersen und Louis-Marc Aubry nicht geklärt ist, lässt erahnen, dass die Berliner ein paar dringende Fragen beantworten müssen in den nächsten Tagen. „Beide zu halten, wird schwierig. Aber einen schaffen wir bestimmt“, so Lee. Insgesamt geht es weniger um eine große Fülle an Personalien, sondern um Spitzenkräfte. Schließlich hat Torhüter Petri Vehanen mit 40 Jahren nach dem letzten Finalspiel seine Karriere beendet.

Mit einigen der Profis, deren Kontrakte nach der Spielzeit auslaufen, verständigten sich die Eisbären bereits auf eine weitere Zusammenarbeit. „Ich glaube nicht, dass so viel Handlungsfreiraum besteht“, sagte Krupp und deutete an, dass die Zahl der Wechsel moderat bleiben wird. Bei Mark Olver und James Sheppard sollte großes Interesse bestehen, sie zu binden. Offen ist die Lage zudem bei Daniel Fischbuch, Jens Baxmann und Rihards Bukarts. Der Lette allerdings hat sich nachdrücklich für ein weiteres Engagement empfohlen. Sven Ziegler wird den Verein sicher wechseln.

Für ihn wird die Saisonabschlussveranstaltung der Eisbären in der Mercedes-Benz Arena am Sonnabend (16 Uhr) also zu einem Abschied. Für Krupp wohl auch. „Wir müssen das Positive mitnehmen in die neue Saison. Ich habe ein gutes Gefühl, ich hoffe, dass nächstes Jahr der nächste Schritt kommt und wir gewinnen“, sagte Stürmer Marcel Noebels, während Kapitän Rankel ein letztes Mal zurückblickte: „Wir wollten unbedingt zeigen, wie gut wir sind. Das hat Riesenspaß gemacht. Viele Erinnerungen werden hängenbleiben.“