Fechten

„Weißer Bär“: Das besondere Fechtturnier

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Philip Häfner
Motiv für zahlreiche Selfies: Der Kuppelsaal im Berliner Olympiapark, in dem am Sonntag die Finalkämpfe des Fechtturniers „Weißer Bär“ stattfinden.

Motiv für zahlreiche Selfies: Der Kuppelsaal im Berliner Olympiapark, in dem am Sonntag die Finalkämpfe des Fechtturniers „Weißer Bär“ stattfinden.

Foto: nordphoto / Engler / imago/Nordphoto

Zum 60. Mal findet am Wochenende in Berlin das Turnier um den „Weißen Bären“ statt. Dort fechten auch Amateure gegen Profis.

Berlin. Am Montag werden die sozialen Medien heißlaufen. Dann werden auf den Instagram-, Twitter- und Facebook-Profilen der Fechtszene wieder unzählige Fotos des historischen Kuppelsaals im Berliner Olympiapark auftauchen. „Man kann damit ganz gut angeben“, sagt Dieter Bergmann über die beeindruckende Kulisse, vor der 1936 schon die olympischen Fechtwettkämpfe ausgetragen wurden.

Bergmann kennt das Fechtturnier besser als die meisten anderen. Schon 1971 war er das erste Mal als Aktiver dabei, später organisierte er im Namen des Fecht-Clubs Grunewald jahrelang mit. Längst hat er sich an das Schauspiel gewöhnt, wenn die Teilnehmer des „Weißen Bären“ im Kuppelsaal massenhaft ihre Selfies schießen. Es ist der passende Ort für ein Turnier mit dieser Vergangenheit, das in diesem Jahr bereits zum 60. Mal ausgetragen wird (Sonnabend ab 9 Uhr, Sonntag ab 9.30 Uhr, Haus des Deutschen Sports). Mit einer solchen Historie können in der Stadt sonst nur noch das Istaf und das Sechstagerennen aufwarten. „Die lange Tradition ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können“, sagt Mario Freund, Präsident des Berliner Fechterbunds. „Aber es darf auch nicht angestaubt wirken.“

Der „Weiße Bär“ stand vor ein paar Jahren vor dem Aus

Vor fünf, sechs Jahren war genau das der Fall. „Der Weiße Bär war auch damals ein schönes Turnier, aber für Außenstehende doch ziemlich langweilig“, meint Dieter Bergmann. Alles war eine Nummer kleiner als heute. Der Etat betrug sparsame 25.000 Euro, im Vergleich zu 66.000 Euro in diesem Jahr; Kaffeemaschinen und Monitore brachten die Organisatoren von zu Hause mit.

Fast zeitgleich brach das Horst-Korber-Sportzentrum als Wettkampfstätte für die Vorkämpfe weg, weil dort Flüchtlinge untergebracht wurden. „Die ganze Veranstaltung stand auf der Kippe“, sagt Bergmann, bis der Landesverband einstieg und gemeinsam mit dem FC Grunewald eine schrittweise Modernisierung des „Weißen Bären“ in Gang setzte.

Inzwischen werden die Eintrittspreise erhöht

Als „sanfte Veränderung“ bezeichnet Mario Freund diesen Prozess – immer mit Blick auf die Tradition, aber doch mit deutlichen Innovationen. So wird das Turnier in diesem Jahr erstmals per Livestream im Internet übertragen, es gibt einen Videobeweis für strittige Situationen, und zur Feier des Jubiläums gab es bereits am Freitag einen Senatsempfang. Ausdruck des neuen Selbstbewusstseins sind gestiegene Eintrittspreise für das Galafinale am Sonntag ab 14 Uhr. „Wir bieten eine hochwertige Sportveranstaltung, die ihren Preis wert ist“, betont Freund.

Auch das Preisgeld hat sich verdoppelt, der Gewinner bekommt jetzt 2000 Euro. Im Fechtsport ist das auch im internationalen Vergleich eine ordentliche Stange Geld. 223 Degenfechter aus 27 Nationen kämpfen in diesem Jahr um den Sieg – als Favoriten werden Vorjahressieger Tristan Tulen (Niederlande), der Däne Patrick Jorgensen sowie Richard Schmidt gehandelt, WM-Dritter von 2017 und EM-Dritter im Jahr darauf. Die weiteren deutschen Starter sind bloß Außenseiter.

Das Fechtturnier verzichtet bewusst auf Weltcup-Status

Zwar schafften es im vergangenen Jahr gleich drei von ihnen ins Halbfinale, doch da profitierten sie davon, dass einige stärker eingeschätzte Teilnehmer schon vorzeitig ausgeschieden waren. Anders als im Weltcup, wo sie meist erst in der Runde der besten 64 einsteigen, müssen sich auch die Topleute beim „Weißen Bären“ von Anfang an beweisen. Das Turnier unterscheidet nicht zwischen Amateuren und Profis.

„Jeder, der eine Fechtlizenz besitzt, kann mitmachen. Es kann passieren, dass man als blutiger Anfänger auf den Olympiasieger trifft. Genau das macht den Reiz aus“, sagt Dieter Bergmann. Überlegungen, das Berliner Turnier zu einem Weltcup aufzuwerten, wurden deshalb verworfen. „In dem Moment, wo es zum Weltcup gehört, würde der besondere Charakter des Turniers verloren gehen, der ein ganz wesentlicher Faktor für den Erfolg ist“, so Bergmann.