Dass ein Nachgeschmack bei der Betrachtung des Zweitliga-Spiels zwischen dem 1. FC Union und dem FC Ingolstadt bleiben würde, war vorherzusehen. Schließlich ist eine verspielte Führung wie beim 2:2 am Sonntag immer ärgerlich, selbst wenn es gegen den souveränen Spitzenreiter und designierten Aufsteiger in die Bundesliga geht. Dass der Nachgeschmack allerdings derart bitter sein würde, war nicht abzusehen. Zumal er mit dem sportlichen Geschehen auf dem Rasen der Alten Försterei gar nichts zu tun hatte. Es geht um das Eingreifen der Berliner Polizei und das Abhängen einer israelischen Fahne vor dem Spiel. Das wirft Fragen auf.
Was war der Auslöser für das Entfernen der israelischen Flagge im Fan-Block der Ingolstädter? Die Einsatzleitung im Stadion hatte kurz vor dem Anpfiff dem Fan-Beauftragten der Gäste mitgeteilt, dass die Fahne wieder vom Zaun entfernt werden müsste. Die Fahne Israels hängt bei jedem Spiel des Spitzenreiters zur Unterstützung des Spielers Almog Cohen, der im Spiel gegen Union jedoch nicht zum Einsatz kam. Dessen Statements im sozialen Netzwerk Twitter sorgten für helle Aufregung: „Ich fragte den Ordner, ob auch andere Fahnen im Stadion verboten sind. Er sagte ‚No, only Jewish flag’.“ Nur jüdische Fahnen. Und weiter: „Ich war schockiert. Aber: Das passiert zum ersten Mal. Die Fans in Deutschland sind toll!“
Henkel verurteilt die Entscheidung
Welchen Grund hatte die Polizei für diese Aktion? Dem FC Ingolstadt wurde das Vorgehen mit der großen palästinensischen Gemeinde in der Stadt begründet, welche keine politischen Aussagen im Stadion wünsche. Dies wurde von der Polizei gestern via Twitter offiziell jedoch dementiert. In einer Pressemitteilung wurde das Auftreten der Beamten vor dem Spiel sogar als falsch bewertet. „Es ist Aufgabe der Polizei, die Meinungsfreiheit zu schützen. Die Aufforderung zum Einrollen der Flagge war eine Fehlentscheidung, für die ich bei den Betroffenen um Entschuldigung bitte“, ließ Polizeipräsident Klaus Kandt mitteilen.
Auch Innensenator Frank Henkel, derzeit auf Besuch in Israel und am Montag Besucher der dortigen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, verurteilte die Aktion. „Ich unterstelle keine böse Absicht. Dennoch halte ich das für die falsche Entscheidung. Die Polizei wird das zügig auswerten“, sagte der Dienstherr der Polizei in „Bild“.
Hätte Union das Abhängen der Flagge verhindern können? Der Köpenicker Zweitligist geriet in den sozialen Netzwerken sogleich unter Beschuss, verwies jedoch immer auf die Polizei. „Die Fahne wurde auf Anweisung der Einsatzleitung der Polizei Berlin abgenommen“, twitterte der Klub sofort. Ein Gespräch mit den Beamten mit dem Ziel, die Fahne am Zaun hängen zu lassen, wurde mit dem Argument der Gefahrenabwehr von der Polizei schnell beendet.
Dem Klub blieb nun die Möglichkeit, vom Hausrecht Gebrauch zu machen. Wäre allerdings irgendetwas passiert, das sich auf das Aufhängen der Fahne zurückführen lässt, hätte Union die Folgen zu tragen gehabt. Insofern war das Vorgehen des Köpenicker Klubs nicht nur nachvollziehbar, sondern auch richtig.
Bleibt die Frage, ob es tatsächlich ein Union-Ordner gewesen ist, der Cohen mit den Worten „nur jüdische Fahnen“ geantwortet hat. Sollte sich dies bewahrheiten und ließen sich darin antisemitische Tendenzen erkennen, muss Union handeln. Bis dahin bleibt der bittere Nachgeschmack eines Fußballspiels.