Aufbruch in Westend

So planen Hertha und Investor 777 die Zukunft

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Inga Böddeling

Foto: Andreas Gora / dpa

Die Ära Windhorst ist bei Hertha BSC beendet, mit Investor 777 will der Klub in eine erfolgreiche Zukunft starten.

Berlin.  Josh Wander trug eine blaue Krawatte mit Punkten. Viele weiße, bei Weitem mehr, als Hertha BSC sie in dieser Saison gesammelt hat. Damit sich das in Zukunft ändert, ist Wander mit seinem Unternehmen 777Partners beim Berliner Fußball-Bundesligisten eingestiegen.

Am Montag wurde der neue Investor in Westend vorgestellt. Rechts von ihm saß Kay Bernstein. Links Tom Herrich. Eine gute Zusammenarbeit sei das mit dem Präsidenten und dem Finanz-Geschäftsführer während der Verhandlungen in den vergangenen Monaten gewesen, sagte Wander und klopfte seinen Nebenmännern freundschaftlich auf die Schulter.

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Hertha BSC beerdigt das „Big City Club“-Label

„Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um dieses Investment zum Erfolg zu führen“, erklärte Wander, der seine dunkelblaue Kappe tief in die Stirn gezogen hatte und dem Simultanübersetzer lauschte, als auch Bernstein und Herrich zufrieden über den Deal referierten.

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„Es ist ein guter Tag für Hertha BSC. Ein guter Tag, um den Größenwahn der vergangenen Jahre abzustreifen, um das Label Big City Club zu beerdigen“, sagte Präsident Bernstein, der allerdings nicht den Eindruck machte, auf einer Trauerfeier zu sein. „Wir haben die große Hoffnung, dass wir mit dem heutigen Tag in Ruhe weiterarbeiten können.“

So zuversichtlich blickten sie bei Hertha schon im Sommer 2019 in die Zukunft. Damals mit Präsident Werner Gegenbauer, der stolz Investor Lars Windhorst präsentierte. Der Rest ist ein Kapitel schmachvolle Vereinsgeschichte. Die 374 Millionen waren schneller weg, als manch einer schauen konnte. Der Erfolg blieb aus.

100 Millionen Euro werden insgesamt überwiesen

Nun gehören die 64,7 Prozent der Anteile an Herthas KGaA nicht mehr dem windigen Geldgeber der Tennor Group. Sie sind jetzt im Besitz von 777, dem Private-Equity-Unternehmen aus Miami. Wie viel CEO Wander und Co. dafür an Windhorst überweisen mussten, unterliegt einer Verschwiegenheitsklausel. Es wird aber mit Sicherheit deutlich weniger als 374 Millionen Euro gewesen sein.

Windhorst ist Geschichte, 777 Gegenwart und Zukunft. 100 Millionen Euro sollen in mehreren Tranchen fließen, um den Hauptstadtklub langfristig wieder in bessere Zeiten zu führen. Kurzfristig hilft das frische Kapital aber vor allem beim Lizenzierungsprozess. Bis Mittwoch muss Hertha die entsprechenden Unterlagen für Erste und Zweite Liga bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) einreichen.

„Liquidität ist das eine, wir müssen aber die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit für die gesamte Saison nachweisen“, erklärte Finanz-Geschäftsführer Herrich. „Das Investment von 777 hilft uns extrem, diesen Nachweis zu erbringen.“ Das jüngste Minus in der Kasse ist mit 44,6 Millionen Euro eben nicht unerheblich.

Präsident Bernstein will Dialog mit den Ultras suchen

Die finanzielle Entlastung ist also da. Aber für welchen Preis? Über die Einzelheiten des neuen Deals wollten alle Beteiligten wenig bis gar nichts verraten. Fest aber steht: 777 erhält im verkleinerten Aufsichtsrat zwei von fünf Plätzen und übernimmt auch im Beirat zwei Sitze. Die 50+1-Regel bleibt aber gewahrt, dazu steht Hertha auch eng im Austausch mit der DFL.

Noch am Wochenende, beim 1:1 gegen Mainz hatten die Ultras in der Ostkurve den Deal mit dem neuen Investor kritisiert. Präsident Bernstein, selbst ein Kind der Kurve, kann die Sorgen verstehen, weiß aber auch um die Verantwortung, die er dem Hauptstadtklub gegenüber hat. Der 42-Jährige will den Dialog mit den Fans suchen, um Ängste abzubauen.

Dass in Deutschland andere Regularien bei Klubbeteiligungen gelten als in den Ländern, in denen 777 bisher investiert hat, war für Wander kein Hindernis. „Wir haben vollen Respekt davor, wie Fußball in Deutschland organisiert ist. Das ist eine Partnerschaft“, sagte der US-Amerikaner, der mit Vereinen in Italien, Frankreich, Spanien, Brasilien, Belgien und Australien ein globales Fußball-Netzwerk aufgebaut hat.

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Hertha BSC soll von internationalen Synergien profitieren

Von diesen Synergien soll Hertha profitieren. „Wir statten unsere Vereine mit allem aus, was sie brauchen, um die Besten zu werden“, fasst es Wander zusammen. Bindeglied dabei ist Johannes Spors. Der 40-Jährige ist Global Sports Director im 777-Kosmos und kennt die Bundesliga aus Anstellungen beim Hamburger SV, bei RB Leipzig und Hoffenheim.

„Er ist das Puzzleteil, was den Austausch mit den anderen Ländern und Märkten möglich macht“, wusste Bernstein. Herthas Sportdirektor Benjamin Weber arbeitet schon jetzt eng mit Spors zusammen, stellt die Weichen für den Sommer. „Benny hat viel Zugriff auf Expertise, was die Planung der neuen Saison angeht“, so der Präsident.

Weitere Millionen sind nicht ausgeschlossen

In welcher Liga Hertha dann spielen wird, bleibt abzuwarten. Noch stecken die Berliner tief drin im Abstiegskampf. Das sportliche Abschneiden hat keinen Einfluss auf das Engagement von 777, das machte Wander am Montag extra deutlich. Sein Unternehmen ist sogar nicht abgeneigt, weitere Millionen in den Hauptstadtklub zu pumpen.

„Alles ist möglich. Wir sind für ein langfristiges Investment hier“, so Wander. „Wenn wir glauben, dass es Sinn macht, mehr Kapital zu investieren, werden wir mehr investieren. Wir werden Hertha alle Ressourcen zur Verfügung stellen, um den Klub zum Erfolg zu führen.“ Blau-weiß gehört jetzt fest zum Portfolio von 777. Und hat auch schon Einzug in Wanders Kleiderschrank gehalten.

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