Laufsport

Schwere Zeiten für den Volkssport Marathon

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Erstmals seit 1974 wird es in diesem Jahr keinen Berlin Marathon geben..

Erstmals seit 1974 wird es in diesem Jahr keinen Berlin Marathon geben..

Foto: Christoph Soeder / dpa

Nach der Absage in Berlin droht der deutschen Marathon-Saison als Corona-Folge der Totalausfall.

Berlin. Der Weg ist beim Marathon das Ziel – doch für mehr als 100.000 Laufbegeisterte fällt in Corona-Zeiten Weg wie Ziel weg: In kaum einer Sportart ist die Zahl der von den Pandemie-Auswirkungen betroffenen Athleten so groß wie beim gemeinschaftlichen Rennen auf langer Strecke. Nach der Absage des wichtigsten deutschen Klassikers in Berlin droht der Szene im Jahr 2020 eine komplette Nullrunde – als letztes Gallisches Dorf hofft Hamburg noch auf ein kleines Marathon-Wunder.

„Ich bin optimistisch, dass dies unter Maßgabe des aufwendigen Hygienekonzepts ein erster Schritt zurück in unsere sportliche Normalität sein kann“, sagt der deutsche Topläufer Philipp Pflieger, der sein Heimatrennen an der Alster als Herzensangelegenheit sieht. „Ich ziehe meinen Hut vor dem Orga-Team, sich dieser Mammutaufgabe zu stellen und nicht wegzuducken. Das wäre der einfache, der bequeme Weg.“

Kleinere Rennen sind nicht zu finanzieren

Noch ist der Nachholtermin des gemessen an Finishern drittgrößten deutschen Marathons nach Berlin und Frankfurt für den 13. September angesetzt. Selbst wenn dieser Termin zu halten ist: Für die Veranstalter, die sich zu einem großen Teil über Startgelder finanzieren, wäre es ein finanzieller Kraftakt. „Einer etwa halbierten Teilnehmerzahl stehen signifikante Sonderausgaben für die umfassenden Hygienemaßnahmen gegenüber“, weiß Pflieger. Doch selbst wenn die Starterzahl halbiert würde: Dass 5000 Menschen gemeinsam laufen könnten, scheint Mitte September kaum vorstellbar.

Berlin, mit über 40.000 Marathon-Finishern klare deutsche Nummer eins, schwenkte deshalb die weiße Fahne und brach die Suche nach einem Nachholtermin für die hinfällig gewordene Austragung am 27. September ab. „Schon allein aufgrund der Witterungsbedingungen und der immer kürzer werdenden Tage“, sei dies schwierig gewesen, hieß es: „Hinzu kommt die Unsicherheit, welche Auflagen zu einem späteren Zeitpunkt noch gelten werden.“

In Frankfurt ist die Absage wohl nur noch Formsache: „Aufgrund dieser neuesten Entwicklungen ist die Durchführung sehr unwahrscheinlich geworden“, teilten die Organisatoren mit. Das derzeitige Dilemma der Marathon-Veranstalter ist offensichtlich: Sind Rennen mit (zig-)tausenden Teilnehmern unmöglich, fallen Startgelder weg, wodurch die Gagen für Topläufer kaum zu bezahlen sind – wenn diese überhaupt verfügbar wären. „Die Frage, ob Athleten bis dahin wieder international reisen können, können wir jetzt nicht beantworten“, hieß es aus Berlin.

Der Laufboom wird in den nächsten Jahre eher zunehmen

Ein Konzept wie in Tokio, wo im Februar nur ein paar Dutzend Profis an den Start gehen durften, ist in Deutschland nicht anwendbar. Marathon ist hierzulande ein Sport der Massen, im Vorjahr absolvierten mehr als 100.000 Menschen 42,195 Kilometer im Wettkampf.

Corona wird den Laufboom aber nicht abschwächen, eher im Gegenteil: Seit Beginn der Krise haben wohl mehr Deutsche denn je die Schuhe geschnürt. Große Sorgen um ihre Zukunft machen sich die Veranstalter daher nicht. „Spätestens 2021 sind wir wieder am Start“, sagte die frühere Weltklasse-Läuferin Sonja Oberem, Renndirektorin in Düsseldorf. Die Düsseldorfer teilten am Donnerstag mit, als erstes großes City-Rennen am 11. April das Marathonjahr 2021 eröffnen zu wollen. Nur: Ohne Impfstoff werden die neuen Dimension über 42,195 Kilometer noch nicht die alten sein können.

( sid )