Champions League

Lionel Messis einsamer Weg auf Europas Fußball-Thron

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Florian Haupt
Artist am Ball: Lionel Messi führte den FC Barcelona am Dienstagabend ins Halbfinale der Champions League.

Artist am Ball: Lionel Messi führte den FC Barcelona am Dienstagabend ins Halbfinale der Champions League.

Foto: Matthias Hangst / Getty Images

Der Argentinier führt den FC Barcelona ins Halbfinale der Königsklasse und sendet ein Zeichen an die ausgeschiedene Konkurrenz.

Barcelona. Es gibt diese Abende, an denen Lionel Messi nicht nur alle Gegner narrt. Sondern diese Kunst auch als Komödie inszeniert. An denen er wie ein Kobold wirkt, der in sich hinein zu grinsen scheint, während er Verteidiger zur Weißglut bringt und selbst ihren übelsten Fouls entwischt.

Im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League seines FC Barcelona gegen Manchester United stachen dabei besonders die Duelle mit Phil Jones hervor. Kein Maskenbildner hätte es besser arrangieren können: der kantige Brite, der zu seinen kurzen Haaren ein Stirnband trug und damit aussah wie ein Rugbyspieler, war perfekt für die Rolle des gelackmeierten Tollpatsch.

Lionel Messis grandiose Aura im Camp Nou

Als sich Messi in der letzten Minute der ersten Halbzeit bei einer Annahme mit dem Rücken zu Jones trotz allem Drücken, Stoßen und Reißen erfolgreich um die eigene Achse drehte und den Ball dem schnaufenden Abwehrmann im folgenden Spurt gleich noch mal durch die Beine schob, verhinderte Torwart David De Gea am Ende des Spielzugs zwar den sicher scheinenden Treffer durch Sergi Roberto. Die Partie war trotzdem längst entschieden.

Durch Messi, natürlich. In der 16. Minute hatte er bei einem Pressschlag den Ball erobert, Fred getunnelt und in seinem Lieblingssketch von der Strafraumgrenze mit links unten links eingeschossen. Mit rechts kann selbst er das nicht ganz so gut. Allerdings half ihm in einer ähnlichen, nur spiegelverkehrten Szene vier Minuten später De Gea durch einen panikgeleiteten Fehlgriff. Messis Aura im Camp Nou ist so grandios, dass sich die Gegner den Ball sogar selbst ins Tor befördern.

Spannung kommt im Duell Barcelona-ManU kaum auf

Zweimal Messi, Game Over. In der zweiten Halbzeit folgte noch ein Treffer durch Philippe Coutinho, und die Addition aus diesem 3:0 mit dem 1:0 des Hinspiels bedeutete das klarste Europapokal-Ausscheiden in der Geschichte des englischen Rekordmeisters. Im Prinzip war es in 180 Minuten nur während der ersten fünf Minuten des Rückspiels spannend.

Da überraschte United die Gastgeber mit hohem Pressing und schnellen Pässen, es traf durch Marcus Rashford nach gerade mal 35 Spielsekunden sogar die Latte. Mit der ersten längeren Ballbesitzsequenz Barcas war die Rebellion aber schon niedergeworfen. Fortan vermengte die routinierte Heimmannschaft ihre brillante und ihre pragmatische Version zu einem überlegenen Gesamtkonzept.

Lionel Messi: „Wir haben ein spektakuläres Bild abgegeben“

„Mehrere Level“ Klassenunterschied musste United-Trainer Ole Gunnar Solksjaer anerkennen. „Wir haben ein spektakuläres Bild abgegeben“, jubilierte derweil Messi: „Wir haben gezeigt, wer wir sind.“ Wer er ist, vor allem. Seit er bei der sommerlichen Kapitänsansprache an die Fans den „schönen und so ersehnten Pokal“ als Saisonziel auslobte, motiviert er sich in der Champions League noch ein bisschen mehr.

Im Hinspiel ackerte er trotz blutig geschlagener Nase, im Rückspiel beendete er nach zwölf Viertelfinal-Partien ohne Treffer seinen seltsamen Fluch in dieser Runde – und den der Mannschaft gleich mit. In den vergangenen drei Saisons und in vier der letzten fünf waren die Dauerfavoriten aus Katalonien im Viertelfinale ausgeschieden. Als sie es einmal überstanden, 2015, gewannen sie dann auch gleich das Endspiel in Berlin.

Auszeichnung als Weltfußballer scheint für Messi nur noch Formsache

Geht es jetzt wieder so weit? „Ich würde nicht gegen Barcelona wetten“, sagte Solksjaer. Mehr denn je ist es das Barca Messis, und mehr denn je scheint es entschlossen, den Rhythmus seines Anführers mitzugehen. Der argentinische Fußball-Auserwählte ist auf dem Weg zu seinem sechsten Goldenen Schuh für den besten Torjäger aller europäischen Ligen (33 Saisontore in der Primera División bisher) und der sechsten Krone als bester Torschütze der Champions League (zehn). Wie auch zu seiner zehnten Meisterschaft, dem siebten spanischen Pokal, der fünften Champions League und dem dritten Tripel.

Sowie zumal nach dem Ausscheiden von Cristiano Ronaldo wie bereits zuvor dem von Neymar, Mbappé und Griezmann zu seiner sechsten Auszeichnung als Weltfußballer des Jahres. Aber manchmal ist Messi selbst das alles nicht genug. Manchmal gibt es dazu noch eine göttliche Komödie.