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Alcacer macht den Wahnsinn perfekt

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Sebastian Wessling
Paco Alcacer (l) von Dortmund erzielt das 3:2 gegen Javi Martinez (M) und Torwart Manuel Neuer (r) von München.

Paco Alcacer (l) von Dortmund erzielt das 3:2 gegen Javi Martinez (M) und Torwart Manuel Neuer (r) von München.

Foto: Ina Fassbender / dpa

Dank des Spaniers und einer starken zweiten Halbzeit gewinnt Dortmund das Topspiel gegen den FC Bayern 3:2.

Dortmund.  Noch einmal sprangen sie alle auf von der Bank des FC Bayern, sprinteten jubelnd aufs Spielfeld – und mussten doch enttäuscht wieder abdrehen: Denn Robert Lewandowskis vermeintlicher Ausgleichstreffer spät in der Nachspielzeit zählte nicht mehr, es blieb beim 3:2 (0:1) von Borussia Dortmund in einem packenden Bundesligatopspiel. Nicht zum ersten Mal in dieser Saison sangen die meisten der 81.365 Zuschauer im Anschluss von der Deutschen Meisterschaft, aber noch nie war es so berechtigt wie an diesem Sonnabend.

Sieben Punkte beträgt nun der Vorsprung des BVB auf den Rekordmeister. Und wenn man sah, wie ermattet und streckenweise hilflos die Münchner dem Dortmunder Angriffswirbel in Halbzeit zwei begegneten, fehlt der Glaube an die Aufholjagd.

„Heute haben wir nicht viel zu meckern“, sagte Dortmunds Kapitän Marco Reus, der mit zwei Toren (49. Minute/Foulelfmeter, 67.) dazu beigetragen hatte, dass nach einer ersten Halbzeit, die der FC Bayern dominierte, die Borussia in Halbzeit zwei zurückschlug. Dass sich die Partie vor allem in den zweiten 45 Minuten zu einem echten Fußballfest entwickelte, begeisterte auch Reus: „Es war echt ein geiles Spiel. Es hat riesig Spaß gemacht, auf dem Platz zu stehen“, sagte er. Den dritten und entscheidenden Treffer für den BVB erzielte der eingewechselte Paco Alcacer (73.). Es war das achte Saisontor des Spaniers, der im Sommer vom FC Barcelona gekommen war.

Für die Bayern wäre die Partie eine Gelegenheit gewesen, die Verhältnisse in Fußball-Deutschland wieder etwas gerade zu rücken, und so gingen sie auch ins Spiel: Aggressiv liefen sie die Dortmunder an. BVB-Trainer Lucien Favre hatte sich im Zentrum für Julian Weigl anstelle des zweikampfstarken Thomas Delaney entschieden – was dazu führte, dass die Münchner das Zentrum komplett dominierten.

„Das Problem war, dass wir Fehler in der zweiten Halbzeit gemacht haben. Wir haben leider zu viele Konter des BVB zugelassen, obwohl wir wissen, dass es ihre Stärke ist“, analysierte Münchens Kapitän Manuel Neuer. An einer Schlüsselszene des Spiels war der deutsche Nationaltorwart beteiligt. Nachdem Lewandowski in Halbzeit eins zur verdienten Münchner Führung getroffen hatte (Serge Gnabry hatte geflankt, 26.), kamen die Dortmunder mit Wucht aus der Pause. Reus sprintete einem Pass in den Strafraum hinterher. Neuer kam heraus und rutschte in den 29-Jährigen hinein. Schiedsrichter Manuel Gräfe entschied auf Strafstoß. Eine knifflige Entscheidung: „Ich ziehe die Hände weg. Marco sucht natürlich den Kontakt, da kann man dann pfeifen. Aber eigentlich tritt er mir in den Bauch“, ärgerte sich Neuer. Reus verwandelte zum 1:1-Ausgleich (49.).

Der BVB hat nun sieben Punkte Vorsprung auf Bayern

Zur Pause hatte Favre seine Aufstellung korrigiert, brachte Mahmoud Dahoud für den inzwischen auch verwarnten Weigl. Die Bayern schienen nach dem 1:1 angeschlagen, Dortmund drängte aufs zweite Tor und lag plötzlich doch wieder hinten: Gnabry legte per Hacke ab auf Joshua Kimmich, der präzise auf Lewandowski flankte, der wiederum vollkommen frei aus kürzester Distanz einköpfte (52.). Dortmund zeigte sich unbeeindruckt – vergab aber zunächst allerbeste Chancen auf den Ausgleich: Erst wuselte sich der junge Jadon Sancho in den Strafraum und bediente den freistehenden Reus, dessen Schuss Kimmich jedoch von der Linie kratzte (59.). Dann bediente Sancho den eingewechselten Alcacer im Zentrum. Der Spanier wollte noch einen Haken schlagen, blieb aber an Jerome Boateng hängen (62.). Und wenig später war es erneut Reus, der auf Vorlage von Achraf Hakimi das Tor vom Elfmeterpunkt deutlich verfehlte (65.).

Doch Reus sollte es wenig später besser machen: Lukasz Piszczek flankte scharf nach innen und Reus jagte den Ball aus der Drehung direkt ins Tor – ein spektakulärer Treffer zum 2:2 (67.). Nun war Dortmund endgültig die spielbestimmende Mannschaft, die Bayern hatten dem Tempo der Hausherren kaum noch etwas entgegen zu setzen. Und so kam es zu Axel Witsels herrlichem Steilpass und Alcacers nicht minder feinem Tor zum 3:2 (73.).

Die Bayern warfen noch einmal alles nach vorne, doch es fehlte ihnen weiter an Tempo, es fehlte ihnen zudem an Ideen – und so endete der Abend in einem Schwarz-Gelben Jubelorkan. „Wir haben heute ein fantastisches Spiel gesehen von beiden Teams. Wir lassen uns aber zweimal im gegnerischen Stadion auskontern. Das darf uns nicht passieren“, sagte Bayerns Trainer Niko Kovac. Dass der BVB nun auf sieben Punkte enteilt ist, kommentierte er so: „Wir haben jetzt einiges zu tun. Sieben Punkte sehen viel aus. Fühlen sich auch so an. Aber im Fußball ist alles möglich.“ Fakt ist: Die Bundesliga bekommt nach sechs Jahren Bayern-Dominanz endlich wieder ein echtes Titelrennen.