England

Mesut Özil zeigt bei Arsenal, wie falsch Uli Hoeneß liegt

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Jörn Meyn
Mesut Özil jubelt über sein Tor für den FC Arsenal, dem nur noch zwei Punkte zru Tabellenspitze fehlen

Mesut Özil jubelt über sein Tor für den FC Arsenal, dem nur noch zwei Punkte zru Tabellenspitze fehlen

Foto: Mike Egerton / dpa

Der frühere Nationalspieler zaubert nach dem WM-Ärger wieder und hat jetzt in England mehr Tore erzielt als einst Klinsmann.

Als Mesut Özil den Platz verließ, brüllte ihm ein Fan unschöne Dinge ins Gesicht. Einer aus dem eigenen Lager sogar. Die Sache wurde so hässlich, dass Özil sich prügeln wollte und zurückgehalten werden musste. Dann verschwand er. Am 27. Juni, nach dem 0:2 der deutschen Nationalelf gegen Südkorea und dem WM-Aus, endete eine große Nationalelfkarriere im Eklat.

Als Mesut Özil am Montagabend den Platz verließ, standen die Fans auf und jubelten ihm zu im Emirates Stadium zu London, wo der FC Arsenal seine Heimspiele austrägt. Sie huldigten einem Spieler, der ihrem Verein gerade einen 3:1-Sieg gegen Leicester City errungen hatte, den siebten Liga-Erfolg und den zehnten in allen Wettbewerben in Serie. Einem Spieler, der an diesem Abend die teuren Eintrittskarten wert war und der nebenbei auch einen Rekord aufstellte. Eine Auferstehung war das.

„Ich denke, wir haben sexy Fußball gespielt“, schrieb Özil bei Twitter, dort, wo er sich noch zu Wort meldet, seit er sich am Ende der Erdogan-Affäre aus der Nationalelf abgemeldet hat. Und es war wirklich ein Genuss, Özil spielen zu sehen. Nach einem 0:1-Rückstand gegen den Sensationsmeister von 2016, Leicester City, drehte der 30-Jährige auf – und das Spiel für die „Gunners“. Er erzielte das 1:1 kurz vor der Pause (45.), nachdem er die Chance dazu durch einen Doppelpass mit Hector Bellerin selbst kreiert hatte und den Ball dann im Getümmel so selbstverständlich ins Toreck tropfen ließ, als pflücke er einen Apfel von einem Baum. In Halbzeit zwei wurde es endgültig ein Auftritt zum Ausstellen. Arsenal zeigte sich so spielfreudig wie in alten Zeit mit Thierry Henry und Dennis Bergkamp. Özil leitete das 2:1 vom ehemaligen Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang (63.) mit einem Pass ein, der die Leicester-Abwehr zerteilte. Das 3:1 erneut durch Aubameyang (66.) legte er nach dem wohl besten Angriff der aktuellen Premier-League-Saison auf. Mit einem Hackentrick Özils an der Mittellinie ging es los. Dann zeigte Özil, dass er den Ball auch gefährlich passen kann, ohne ihn zu berühren. Ein Zuspiel ließ er durch die Beine laufen, bekam das Spielgerät zurück und legte ab auf Aubameyang. Ein Weltklassetor. „Özil orchestriert Arsenals Lauf, um Leicester Feuer zu löschen“, schrieb der „Guardian“. Es gab stehenden Applaus bei Özils Auswechslung in der 80. Minute. Arsenal rauscht auf Platz vier und hat nur noch zwei Punkte Rückstand auf die Spitze.

Kein Spieler in den Topligen gab mehr Torschussvorlagen

Zum ersten Mal im Arsenal-Trikot trug Özil von Beginn an in einem Pflichtspiel die Kapitänsbinde. Es schien ihn zu inspirieren. Er sei ein „stolzer Kapitän des Teams und des Klubs“, schrieb Özil.

Und er hat sich nun endgültig in die Historie des englischen Fußballs gespielt: Sein Treffer zum 1:1 war sein 30. Tor in der Premier League. Damit ist er der treffsicherste Deutsche in der englischen Liga-Geschichte vor Jürgen Klinsmann (Tottenham) und Uwe Rösler (Manchester City) mit je 29 Toren.

Ob Uli Hoeneß das Spiel gesehen hat, ist nicht überliefert. Aber es hat den Bayern-Präsidenten der Verbreitung von Unsinn überführt. Hoeneß hatte nach Özils Nationalelf-Rücktritt Ende Juli behauptet, dieser spiele „seit Jahren einen Scheißdreck“. Dabei war Özil schon vor der Partie der Spieler, der seit Beginn der detaillierten Datenerfassung in den Top-Fünf-Ligen Europas 2006 die meisten Torschussvorlagen gegeben hat (1033). Damit liegt er deutlich vor Lionel Messi (861) und Cristiano Ronaldo (695). Gegen Leicester zeigte Özil erneut, wie falsch Hoeneß liegt. Die Wahrheit ist: In der aktuellen Form könnte ihn nicht nur die strauchelnde deutsche Nationalelf gut gebrauchen, sondern auch Hoeneß’ FC Bayern.

( Jörn Meyn )