Paris. Im letzten Jahr hatte Maximilian Marterer irgendwann genug von der etwas größeren Welt des Tennis. Als er bei den US Open zum 14. Mal hintereinander ein Erstrundenmatch auf der ATP-Tour und bei Grand Slams verloren hatte, beschloss der Franke einen vorübergehenden Rückzug. Fortan versuchte er wieder sein Glück auf überschaubaren Bühnen, bei den Challenger-Wettbewerben. Er wollte einfach wieder öfter das Gefühl des Gewinnens spüren und nicht mit den Meldungen über das werweißwievielte Scheitern konfrontiert werden. Und tatsächlich gelang das Experiment des kontrollierten Abstiegs, Marterer siegte wieder regelmäßiger, tankte Selbstbewusstsein. „Manchmal“, sagt Marterer, „muss man einen Schritt zurückgehen, um voran zu kommen.“
Inzwischen ist 22-jährige Nürnberger der Aufsteiger der Saison im Herrentennis. Nach dem Zweitrundenerfolg gegen den hochgehandelten kanadischen Teenager Denis Shapavalov (19) schaltete Marterer bei den French Open am Samstag auch den Außenseiter Jürgen Zopp aus Estland aus, der als Lucky Loser nach verpasster Qualifikation nachträglich ins Hauptfeld gekommen war. Nach dem 6:2, 6:1, 6:4 gegen Zopp trifft Marterer in Paris am Montag auf Rekordsieger und Titelverteidiger Rafael Nadal aus Spanien. „Ich hab’ ein echt gutes Match gemacht. Das ist jetzt schon ein unglaubliches Turnier für mich“, sagte Marterer bei Eurosport. „Gegen Rafa zu spielen, war schon immer ein großer Traum für mich.“ Und nebenher hat er bereits 222.000 Euro Prämie sicher.
Erfolgreiche Erziehungsarbeit
Angst vorm Scheitern scheint Marterer nicht zu haben. „Maxi hat einen kräftigen Schritt nach vorne gemacht“, sagt der deutsche Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann, der auch Marterers persönlicher Coach ist. Kohlmanns unaufgeregte, stets fachlich fundierte Erziehungsarbeit hinterlässt mehr als gedeihliche Spuren. In der Weltrangliste rückte Marterer inzwischen bis unter die Top 70 vor.
Schon bei den Australian Open zu Jahresbeginn hatte Marterer für Aufsehen gesorgt. Denn nach den monatelangen Enttäuschungen der Saison 2017 landete der junge Deutsche einen Coup in Melbourne, als er den ausgebufften Spanier Fernando Verdasco bezwang und erst in der dritten Runde scheiterte. „Er ist ein Spieler, der uns noch viel Freude bereiten wird“, sagte damals schon Boris Becker, der ihn als Herren-Abteilungsleiter des DTB zum Davis Cup-Match nach Spanien mitnahm. Dort sah er Nadal nur zu, nun darf er endlich auch selbst gegen ihn spielen.