Offenburg. Profiboxkämpfe haben, und genau das macht sie spannend, bisweilen die Eigenschaft, Fragen aufzuwerfen, obwohl die Antwort für jeden offensichtlich ist. In der Nacht zu Sonntag war genau dieses Phänomen in der Baden-Arena in Offenburg zu beobachten. Der Berliner Arthur Abraham war dort angetreten, um gegen den Dänen Patrick Nielsen (27) eine letzte Rückkehr auf den Thron einzuleiten. Als „Alles oder nichts“-Kampf war das Duell vermarktet worden, weil nur der Sieger eine letzte Chance auf einen WM-Kampf erhält.
Nach zwölf Runden, die nur deshalb spannend waren, weil Nielsen nach der Hälfte der Distanz die Kraft ausging, um den wie üblich träge in den Kampf gestarteten Abraham weiter unter Druck zu setzen, konnte man auf die Frage nach der WM-Reife nur eine Antwort geben: Keiner der beiden Boxer sollte zur erweiterten Weltspitze im Supermittelgewicht gezählt werden. Dass der gebürtige Armenier den Kampf gewann, weil die Punktrichter Pawel Kardyni (Polen) und Matteo Montella (Italien) mit unverständlichen 116:111-Wertungen das korrekte 114:113-Urteil zugunsten von Nielsen ihres spanischen Kollegen Agapito Gomez überstimmten, spielte für die Bewertung der Leistung keine Rolle.
Die große Frage lautete: Warum sollte Arthur Abraham für einen solchen Kampf noch einmal mit einer WM-Chance belohnt werden? Schlüssig beantworten konnte diese Frage niemand. Ex-Weltmeister Graciano „Rocky“ Rocchigiani fand deutliche Worte: „Es ist ja nicht schlimm, wenn nach so vielen Jahren der Tank leer ist. Aber man sollte aufhören, die Leute zu verarschen und vom WM-Titel zu quatschen“, sagte der 54-Jährige. Ulli Wegner musste durchatmen und überlegen, ehe auch er zum Rundumschlag ausholte. „Wir müssen ehrlich sein“, sagte Abrahams Trainer, „Arthur hat viele Qualitäten, aber gegen so einen Gegner muss er klarer gewinnen. Für einen WM-Kampf haben wir noch wahnsinnig viel zu tun.“
Hoffnung auf eine aussichtsreiche Zukunft des deutschen Boxens machte in Offenburg Abass Baraou (23) bei seinem Profidebüt. Der Berliner besiegte seinen bis dahin ungeschlagenen Landsmann Artur Müller (27) durch technischen K.o. in Runde vier.